Unter der Führung von Marcus Diekmann (Director Digital, E-Commerce und Omnichannel) ist der Discounter Matratzen Concord 2016 mit einem professionellen Onlineshop gestartet. Seither hat das Onlineangebot schon mehrere Auszeichnungen erhalten.
Diekmann ist sich sicher, dass Händler die Digitalisierung auch als Kulturwandel begreifen müssen, um mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten. Seine Tipps hierzu verrät er uns im Interview.
Viele Möbelhändler sind spät in den E-Commerce eingestiegen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Die Möbelbranche in Deutschland wird durch einige große Regionalfürsten beherrscht, die mit ein paar gigantischen Möbelhäusern fast eine Monopol-Stellung innehaben. Deswegen haben sie sich lange nicht um den Onlinehandel gekümmert. Aber der kluge Möbelhändler investiert massiv in online, denn online gibt es keinen Gebietsschutz.
Welche Entwicklung erwarten Sie für die Branche in den nächsten Jahren?
Jede Marktbranche entwickelt sich ziemlich ähnlich: Die Großen wachsen und verdrängen den Mittelstand. Kleinere Spezialisten müssen hochgradig kuratiert sein, um zu überleben.
Außerdem wird durch den E-Commerce die Preistransparenz auch im Möbelhandel größer und somit zu einem Umdenken in der Preispolitik führen. Die schönen Zeiten im Möbelhandel, wo man noch unglaublich viel Geld verdienen konnte, sind in den nächsten fünf Jahren vorbei.
Ein großer Faktor für die Veränderung der Handelslandschaft ist sicherlich auch die Digitalisierung.
Und da gibt es doch noch viel dazuzulernen. Die Digitalisierung wird immer als etwas Technisch-Prozessuales gesehen. Das stimmt auch, aber das ist nur die eine Hälfte. Die andere Hälfte ist Kulturwandel. Wenn du im Handel wirklich erfolgreich und online wettbewerbsfähig sein willst, musst du neben der Technik und den Prozessen auch das Geschäftsmodell weiterentwickeln.
Wie sollten sich Unternehmer konkret an diesen Kulturwandel anpassen?
Da gibt es einige Regeln, die ich gerne weitergeben möchte:
Diskutiere nicht, ob dir das Design so gefällt, ob das Element zu rot oder zu groß ist. Testen und Lernen ist der richtige Weg, du brauchst datengesteuerte Entscheidungen. Lass den Kunden bestimmen.
Schaff eine „open-minded culture“. Das heißt, jeder darf testen, lernen und Fehler machen. Du musst eine Umgebung schaffen, in der deine Leute kreativ nach Lösungen suchen können.
Culture bedeutet aber auch: Schafft die Stempeluhr ab! Zwingt die Leute nicht, acht Stunden im Büro zu sitzen. Die ganze Welt funktioniert nicht mehr nach Ladenöffnungszeiten. Schafft Arbeitsbedingungen, unter denen eure Mitarbeiter flexibel und gemäß dem neuen Kundenrhythmus agieren können.
Und ganz wichtig ist Networking und Erfahrungsaustausch. Reine Wiederholungsaufgaben werden zukünftig automatisiert. Das heißt, in deinem Unternehmen brauchst du bald nur noch Spezialisten. Und diese Spezialisten müssen sich mit Wettbewerbern austauschen, sich mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen auseinandersetzen. Deine Mitarbeiter müssen wirklich einen Tag pro Woche nur lernen, sonst wirst du in dem dynamischen Wandel nicht schnell genug die richtigen Entscheidungen treffen können.
„Kein Händler sollte mehr ein Jahr lang an seinem Shop basteln, um auf dem Papier den Siegesshop zu skizzieren, weil in Wirklichkeit keiner weiß, wie der Kunde von morgen sich wirklich verhalten oder wie der Wettbewerb sich entwickeln wird. Klein starten, testen, lernen, ausbauen!“ (Marcus Diekmann, Matratzen Concord)
Sie plädieren also für ein Ende der Wettbewerbskultur, in der jeder versucht, sein Erfolgsgeheimnis zu hüten?
Ehrlich gesagt haben wir alle zusammen ein paar wenige große Mitbewerber und das sind Amazon, Alibaba und Co. Die sind so aggressiv, so stark; während wir uns untereinander bekämpfen, überrollen die uns. Also lasst uns voneinander lernen. Außerdem gilt: Nur weil du zeigst, was bei dir erfolgreich ist, heißt das nicht, dass andere das morgen kopieren können.
Sie waren mit Matratzen Concord in sehr kurzer Zeit erfolgreich: Wie kommt man zu einer guten Digitalisierungsstrategie?
Matratzen Concord war bereit, viel in Personal zu investieren, um wirklich sehr gute Mitarbeiter zu holen. Man braucht einerseits Leute mit viel Erfahrung und andererseits Spezialisten für gewisse Themen.
Ein großer Fehler, den ich bei vielen Onlineshops sehe, ist, den E-Commerce technisch und nicht vertrieblich zu steuern. Oftmals, wenn Webshops nicht gut laufen, werden immer mehr Features eingebaut. Dabei sind die Hauptfaktoren eines erfolgreichen Onlineshops das Sortiment, der Preis und die Frequenz.
Was haben Sie bei dem Prozess dazugelernt?
Macht keine Jahrespläne! Jeder Mitarbeiter sollte sich eigene Ziele für den nächsten Monat setzen. Am Ende des Monats prüfen sie selbst, warum sie ihre Ziele nicht erreicht oder sogar übertroffen haben und was sie daraus lernen können. So kann man in kleinen Schritten immer besser werden, Eigenverantwortung schaffen und Lerneffekte erzielen.