Mit Mobile Payment besetzt die EuroCIS, The Leading Trade Fair for Retail Technology, vom 19. bis 21. Februar 2019 in Düsseldorf, eines der Themen, das die Prozesse im Handel revolutionieren wird. Gerade durch die Einführung der „girocard kontaktlos“ im Sommer 2017 haben sich die kartengestützten Bezahlprozesse in vielen Betrieben des Einzelhandels spürbar verändert. Zwar gibt es die Möglichkeit kontaktlosen Bezahlens bereits seit 2007 (Einführung der kontaktlosen Visa-Karte in UK), eine nennenswerte Bedeutung in Deutschland hatte aber das auf dem NFC-Standard basierte kontaktlose Bezahlen nicht erreicht.
Mit einem Umsatzanteil von 6,5 Prozent (Kreditkarten) und 0,9 Prozent (Debitkarten der Kreditkartenorganisation) waren die Möglichkeiten für eine flächendeckende Akzeptanz auf Händler- und Verbraucherseite zu begrenzt, zumal auch nicht alle Kreditkarten NFC-fähig waren.
Ganz anders seit gut einem Jahr:
Aktuell sind rund zwei Drittel aller Karten der Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit einem NFC-Chip ausgestattet. Die Vollausstattung der Karten bei diesen beiden größten Gruppen der Kreditwirtschaft ist absehbar. Die Nutzungsraten kontaktlosen Bezahlens, ohnehin mittlerweile bei fast allen Händlern technisch möglich und auch in 78 Prozent der großen Handelsunternehmen praktisch nutzbar, steigen von Monat zu Monat deutlich an. Aktuell dürften etwa 15 Prozent aller girocard-Bezahlvorgänge kontaktlos abgewickelt werden. Damit ist zur erwarten, dass rund 400 Mio. Bezahlvorgänge im deutschen Handel in 2018 Kontaktlostransaktionen sind. Die Stärke der Karte girocard als zentrale und wichtigste Schnittstelle zum Girokonto hat damit einmal mehr ihre Wirkung nicht verfehlt.
Es gilt aktuell zwar eine Authentifizierungsschwelle von 25 Euro, dennoch wird ein erheblicher Teil der Kontaktloszahlungen auch oberhalb dieser Grenze ohne physischen Kontakt mit dem Zahlungsverkehrsterminal abgewickelt. Diese praktische, schnelle und hardwareschonende Art des Bezahlens ist dabei auch schnell seitens des Kassenpersonals adaptiert worden. Nicht selten übernehmen die Kassiererinnen und Kassierer die Aufgabe des „Tappens“ – und dies auch bei deutlich höheren Einkaufsbeträgen. Der Kunde gibt dann betragsabhängig nur noch die PIN ein oder erhält die Karte bei niedrigen Beträgen direkt zurück.
Der sich abzeichnende große Erfolg des kartengestützten kontaktlosen Bezahlens ermutigt die Anbieter nun, mit dem mobilen Bezahlen die logische Folgetechnologie in den Fokus der Entwicklungen zu nehmen. Dabei ist zwischen Wallet-Lösungen oder Lösungen mit direkter Kontoanbindung zu unterscheiden.
Nach den Pionieren „Netto-App“ und „Payback-Pay“ sind bereits die Wirecard-Lösung „boon“, die ursprünglich aus Österreich stammende Lösung „bluecode“ sowie seit Sommer 2018 auch Google-Pay, die Sparkassen-App und die VR-App der genossenschaftlichen Bankengruppe „live“. Außerdem hat Apple Pay noch für 2018 den Eintritt in den nicht ganz einfachen deutschen Zahlungsmarkt angekündigt. Daneben gibt es in immer mehr Geschäften mit chinesischer Kundschaft auch die in China sehr populären Mobilbezahllösungen Alipay und WeChat-Pay. Hierfür ist zur Zeit allerdings eine Kontoverbindung des Kunden in China Voraussetzung.
Die Vielzahl neuer Bezahl-Apps und der Einsatz neuer Techniken wie NFC oder QR-Code-Scanner stellen erhöhte Anforderungen auch an das Kassenpersonal im Handel. Vorbei sind die Zeiten, in denen es nur die Auswahl zwischen Bargeld, girocard und vielleicht noch Kreditkarte gab. Aber ebenso unklar sind noch für die meisten Handelsmanager die genauen Abläufe im Hintergrund bis hin zur Frage nach dem korrekten Verhandlungspartner für die Transaktionsgebühren und nach der optimalen Technik.
EHI Mobile-Payment-Initiative
Um dieses Defizit zu beheben, hat sich im September 2018 die EHI Mobile-Payment-Initiative konstituiert.
Gründungsmitglieder sind die hinter vielen Bezahl-Apps mit Wallet-Lösungen stehen internationalen Schemes MasterCard und Visa, die Payment-App-Anbieter bluecode, Payback-Pay, Google-Pay und Wirecard, aber auch mit der Buybye-Lösung von Roqqio (höltl, Futura, e-fulfillment) eine ganzheitliche Self-Checkout-App. Darüber hinaus sind GS1 Germany, Ingenico Payment Services als Zahlungsverkehrsdienstleister und CGI Deutschland vertreten sowie nicht zuletzt über die EuroKartensysteme das girocard-System für die Deutsche Kreditwirtschaft mit ihren momentanen Lösungen Sparkassen-App und VR-App.
Die Aufgabenstellung:
- Umfassende und transparente Informationen zum mobilen Bezahlen in Deutschland bereitzustellen.
- Ein grundlegendes Verständnis über diese innovative Technologie bei Verbrauchern und im Einzelhandel zu schaffen.
- Kenntnisse über verschiedene angebotene Verfahren und Systeme bei Verbrauchern und im Einzelhandel deutlich zu erhöhen.
- Den Einzelhandel in die Lage zu versetzen, jederzeit ein für seine Kunden optimales Angebot mobiler Bezahllösungen umzusetzen.
- Den Austausch und Dialog mit Initiativpartnern zum Thema mobiles Bezahlen zu fördern.
Abgeschlossen ist bereits eine mehrstufige, repräsentative Verbraucherbefragung zum Thema mobiles Bezahlen. Hier hat sich gezeigt, dass rund 20 Mio. Kunden hierzulande mobilem Bezahlen gegenüber aufgeschlossen sind. Bei den Skeptikern überwiegt momentan noch die Unsicherheit bzgl. Datenschutz und Datensicherheit. Auch hier möchte die EHI Mobile-Payment-Initiative mehr Transparenz schaffen. Es hat sich im Zuge der Befragung auch gezeigt, dass die Kunden mobiles Bezahlen bevorzugt ohne vorgegebene Betragsobergrenze nutzen möchten. Das bestätigt auch die Praxis beim kontaktlosen Bezahlen. Damit dürfte mobiles Bezahlen nicht nur für Kioske, Gastronomie, Drogeriemärkte und den LEH interessant sein, sondern durchaus auch für den gesamten Textileinzelhandel oder die Baumarktbranche mit deutlich höheren durchschnittlichen Einkaufsbeträgen.
Parallel arbeitet die EHI-Tochter GS1 Germany daran, SEPA-Instant-Payments online und mobil an den Kassen für den Zahlungsverkehr im Handel nutzbar zu machen. Hier ist in naher Zukunft mit ersten Pilotanwendungen zu rechnen. Der Vorteil von Echtzeittransaktionen liegt dabei für den Handel in der uneingeschränkten Zahlungsausfallsicherheit, wie man es ansonsten nur von Bargeld-Transaktionen kennt und in einer spürbaren Erhöhung der Liquidität. Zu den Treibern im Handel zählen die Otto-Group und die Rewe.
Ob mobiles Bezahlen in Deutschland einmal einen ähnlich hohen Stellenwert wie in China erreicht, wo nach Statistiken der Deutschen Bundesbank bereits über die Hälfte der Transaktionen mit Alipay oder WeChat-Pay erfolgen, bleibt abzuwarten. Man sollte sich aber im Handel dafür rüsten, den Kunden alle gewünschten Optionen zu schaffen. Die Nachfrage wird schon in ganz naher Zukunft spürbar steigen. Die EuroCIS 2019 bietet die ideale Plattform, sich umfassend über die marktrelevanten Lösungen zu informieren.