Bericht • 01.09.2011
Neue mobile Möglichkeiten im digitalen Marketing
Der Handel kann immer mehr, vor allem jüngere Konsumenten per Handy und Smartphone erreichen. Daher spielten Anwendungen – so genannte Apps – für die neuen mobilen Geräte auf der EuroCIS eine große Rolle. Doch auch im bisherigen Online-Shop und auch in der Filiale lassen sich mit neuer Software viele Prozesse verbessern. Ein Streifzug durch das digitale Marketing.
Mehr als vier Millionen Menschen gehen in Deutschland mittlerweile mobil ins Internet. Jeder Zweite davon nutzt den mobilen Internetzugang sogar täglich oder mehrmals pro Woche. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 40 Prozent. Die Zahl der Vielnutzer, der „Heavy User", hat sich in den vergangenen 12 Monaten sogar nahezu verdoppelt. Dies zeigt die Trendstudie „Mobile Internetnutzung 2011“ des Marktforschers Nordlight Research und der Webfrager GmbH. Sie haben 1.000 Verbraucher ab 16 Jahren befragt.
Das Bezahlen mit dem Handy wird den Handel mehr und mehr beschäftigen. Mehr dazu im Fokus-Thema „Neues aus der Kassenwelt“. Es gibt auch immer mehr Anwendungen, welche das Filialmanagement erleichtern werden. Die Anbieter von mobilen Datenterminals (MDE) sehen die Entwicklung, fürchten sie aber nicht. Ihre Geräte seien viel robuster und ergonomischer. Auch die neuen Tablet-Computer können für den Handel sinnvoll sein – von der Überwachung der Regallayouts über das Bestellwesen bis hin zu Präsentationen im Verkaufsgespräch. Es muss nicht mehr jede Produktvariante auf der Verkaufsfläche vorgehalten werden, wenn man sie den Kunden auch im Bewegtbild zeigen kann.
Direktmarketing wird immer öfter Mobilmarketing
Bereits seit einem halben Jahr bietet der Lebensmittel-Discounter Netto seinen Kunden die Möglichkeit, sich über die wöchentlichen Angebote per Mobiltelefon oder Smartphone zu informieren (https://www.my-netto.de). Dabei werden alle aktuellen Aktionen, die auch per Handzettel bekannt gemacht werden, inklusive Bild und Beschreibung dargestellt. Auf der EuroCIS verkündeten Valuephone und GK Software, dass ihr Kunde Netto jetzt auch ins mobile Couponing einsteigt. Der Discounter übermittelt Coupons in Form von Barcodes, die an der Kasse eingelöst werden können, indem dort das Handy-Display mit dem Code gescannt wird. Netto weiß damit genau, welcher Kunde, wann welchen Coupon einlöst. Für die Umsetzung des Projektes musste Netto nicht in zusätzliche Hardware investieren, weil der gesamte Vorgang über ein kleines Zusatzprogramm, ein so genanntes Plug-in, auf der vorhandenen Kassen-Software läuft.
Gerade die junge Zielgruppe ist für derartige technische Neuerungen besonders offen. SportScheck hat im November eine Mobile-Commerce-Offensive gestartet. Der Online-Shop mit 25.000 Artikeln ist seitdem für alle gängigen Smartphones optimiert. Mit einer Anwendung für das iPad kann man unterwegs durch den Katalog blättern und bestellen. Der „SportScheck Outfitter“ ist eine Anwendung für das wesentlich kleinere iPhone, die das Einkaufen mit einem spielerischen Erlebnis verbinden soll: Dem Nutzer fällt unterwegs ein Outfit auf, er knipst mit seinem Smartphone ein Bild davon und eine integrierte Bilderkennung führt ihn zu seinem persönlichen Wunsch-Outfit im Online-Laden (www.sportscheck.com/mobile) Der Sporfilialist nutzt dafür die Software Lucas-POS des Anbieters Torex mit einem klaren Ziel: die Nummer 1 im mobilen Sportmarkt werden.
Eine weitere Innovation der neuen SportScheck-Applikationen ist die Anbindung an Social Media, Nutzer kön- nen ihre gekauften Artikel bei Facebook ihren Freunden vor- stellen. Damit nutzt man mittels Mobile Commerce auch Social Commerce – Verkaufsförderung über soziale Netz- werke. Experten sehen in dieser Art des Empfehlungsmarketings ein enormes Wachstumspotenzial. Viele der älteren, womöglich kaufkräftigeren Kunden, findet man dort bislang freilich nicht.
Multi Channel erfordert neue Strukturen
Immer mehr Verkaufskanäle bedeuten immer mehr Produktdaten, die unter einen Hut gebracht werden müssen. Dabei hilft Produktinformationsmanagement (PIM). Informationen liegen im Unternehmen häufig nicht zentral gebündelt vor, sondern verstreut bei Mitarbeitern und in Abteilungen, teilweise nur auf Papier oder als Daten, dann jedoch in unterschiedlichen Formaten. PIM sorgt für einheitliche Produktinformationen über alle Kommunikationskanäle hinweg. Dafür gibt es spezielle Software.
Immer mehr Verkaufskanäle bedeuten aber auch immer mehr Analysemöglichkeiten. Experten sehen im Handel einen wachsenden Bedarf an integrierten Analyseverfahren von Website-, Social Media- und Offline-Daten, da Handelsunternehmen Onlineshops und Filialen immer stärker verzahnen. So kann man mehr über Kundengruppen erfahren und dadurch das Marketing und die Sortimentsgestaltung optimieren, um leere Regale ebenso zu vermeiden wie Überhang durch falsche Bestellmengen.
Egal ob E-Mail aufs Handy oder aufs Mobiltelefon – das E-Mail-Marketing punktet durch die Messbarkeit aller Aktionen. So weiß man genau, ob E-Mails geöffnet oder Links angeklickt werden. Doch die verführerische Bildung von Nutzerprofilen unterliegt in Deutschland den gesetzlichen Beschränkungen des Datenschutz- und Wettbewerbsrechts. Dabei gilt: Wenn Daten aus der Analyse des Nutzungsverhaltens mit personenbezogenen Daten wie der E-Mail-Adresse verknüpft werden, ist eine explizite Zustimmung nötig. Das gilt auch für Daten die mit Kundenkarten gewonnen werden. Dabei geht es nicht nur um rechtliche Fallstricke, sondern auch um eine immer kritischere Öffentlichkeit, die vor dem „gläsernen“ Kunden warnt und für Kampagnen auch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter oder das Internet nutzt. Der Handel wird verstärkt auf seine Reputation in der Online-Welt achten müssen.
René Schellbach, Erstveröffentlichung: EuroCIS.com