Sie sind nicht nur jung und kauffreudig, sondern auch besonders online-affin: die Millennials. Da sie mit dem Internet aufgewachsen sind, kennen sie sich gut aus und haben bereits Erfahrungen mit Online-Händlern gemacht. Inwiefern diese Generation beim Online-Einkauf anspruchsvoll ist und warum der Lieferprozess bei ihnen eine große Rolle für das Einkaufserlebnis spielt, erklärt Arjan Kerkhoff im iXtenso-Interview.
Herr Kerkhoff, warum haben die Millennials eine solche geringe Toleranz für schlechte Service-Leistungen?
Millennials sind in einer digitalen Welt aufgewachsen. Verglichen mit der eher analogen Welt, die ältere Menschen noch kennen, zeichnet sich diese Welt besonders dadurch aus, dass digitale Technik und Angebote nahtlos in den Alltag integriert sind. Daher erwarten Millennials auch bei einer Bestellung im eCommerce eine schnelle und nahtlose Erfahrung. Da sie dies bereits ihr ganzes Leben gewöhnt sind, haben sie eben auch eine geringere Toleranz für Fehler und schlechte Serviceerfahrungen, die nicht so funktionieren, wie sie sollen.
Warum spielt gerade die Lieferung für sie eine große Rolle?
Die Lieferung ist der Abschluss jedes Kaufprozesses und daher entscheidend für die gesamte Erfahrung, die der Kunde in diesem Prozess macht. Außerdem dient der Kauf an sich ja immer einer Bedürfnisbefriedigung und die Lieferung ist eben auch ausschlaggebend dafür, wie schnell das Bedürfnis bei einem Online-Einkauf tatsächlich befriedigt werden kann. Und Geschwindigkeit ist für Millennials einer der wichtigsten Faktoren.
Welche speziellen Services rund um die Lieferung online gekaufter Produkte sind den Millennials wichtig?
Millennials zeichnen sich durch eine große persönliche Mobilität aus. Im Gegensatz zu älteren Semestern sind sie seltener zuhause und könne daher die Pakete oft nicht dort annehmen. Daher ist auch die Art der Lieferung für sie von großer Bedeutung. Sie wollen flexibel entscheiden können, ob das Paket nach Hause oder an den Arbeitsplatz geliefert werden soll, oder ob sie es an einer Packstation oder einem Ladengeschäft selbst einsammeln. Auch Click & Collect-Modelle spielen hier eine große Rolle, da Millennials auch bereit sind, die online bestellten Produkte selbst in der Filiale abzuholen, wenn sie vorher schon den Auswahlprozess und den Kauf online durchgeführt haben.
In dieser Altersgruppe wird auch gern ein Same Day Delivery-Angebot genutzt, wenn der Händler dies anbietet. Ein weiterer Unterschied zu älteren Kunden: Millennials lassen sich zusätzliche Services auch gern etwas kosten, wohingegen ältere Kunden oft nur auf den Preis achten. Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel Amazon Prime, dass den Kunden besondere Angebote und eine schnellere Lieferung gegen Gebühr verspricht. Millennials sind sich der Tatsache bewusst, dass eine besondere Behandlung durch den Händler in den meisten Fällen nicht umsonst ist.
Auch die schnelle und möglichst komfortable Abwicklung von Retouren ist für Millennials sehr wichtig. Sie möchten jederzeit wissen, wie eine Rücksendung bei dem entsprechenden Händler funktioniert: Wird das Paket bei Ihnen zuhause oder im Büro abgeholt, oder müssen sie es selbst in einem Paketshop abgeben? Sollte etwas mit einem Artikel nicht in Ordnung sein, oder zum Beispiel ein Kleidungsstück nicht passen, ist das für den Kunden schon ärgerlich genug. Wenn dann auch noch der Retourprozess zu kompliziert und undurchsichtig – oder sogar kostenpflichtig – ist, ist das eine negative Erfahrung, die sich auf das gesamte Einkaufserlebnis niederschlägt. Hier müssen Händler also ebenfalls den Servicegedanken und die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt stellen.
Welche neuen Services wünschen sich die Millennials in Bezug auf die Lieferung in Zukunft?
Die Millennials zeichnen sich durch eine hohe Affinität zu neuen Technologien aus, und sind auch hier gern bereit, neue kostenpflichtige Services auszuprobieren, wenn sie sich davon einen Vorteil versprechen. So können sich zum Beispiel 30 Prozent vorstellen, eine Lieferung per Drohne zu erhalten. Ein solches System hat zum Beispiel Amazon bereits getestet.
Millennials legen generell großen Wert auf Komfort. Im Zusammenhang mit einer Online-Bestellung bedeutet das für sie auch eine größtmögliche Transparenz des gesamten Vorgangs. Sie wollen jederzeit per SMS, E-Mail oder auf einer Website abfragen können, wo sich ihr Paket gerade befindet und wie lange es noch bis zur Zustellung braucht. Das ist ein zum Beispiel ein Service, den viele Händler heute noch gar nicht anbieten, der aber von den Kunden aus der Altersgruppe der Millennials schon fast vorausgesetzt wird.
Mit welchen Konsequenzen müssen Händler rechnen, die diesen Ansprüchen nicht gerecht werden?
Generell kann man die Millennials als besonders mündige und selbstbewusste Kunden beschreiben, die sich auch nicht scheuen, bei einer negativen Erfahrung mit einem Händler ihrem Ärger zum Beispiel über soziale Netzwerke Luft zu machen, und auch kein Problem damit haben, diesen Händler in Zukunft zu meiden und nie wieder bei ihm zu kaufen. Das führt dazu, dass sich die negative Erfahrung eines Kunden schnell verbreitet und der Händler bei dieser Zielgruppe ein negatives Image bekommt. Und dies ist nur sehr schwer wieder loszuwerden. Daher ist es für Händler auch wichtig, selbst ein Auge auf die sozialen Netzwerke zu haben, damit man bei einer negativen Äußerung über das eigene Unternehmen schnell reagieren kann. Kunden aus der Generation der Millennials sind sich ihrer starken Position als zahlender Kunde des Händlers eher bewusst als ältere Kunden und zögern nicht lange, einem Händler auch eine negative Bewertung auszusprechen oder eben bei der Konkurrenz zu kaufen.