Die „Stille Stunde“ – Ein Beitrag zur Inklusion im Einzelhandel?

Zur Ruhe kommen in einer lauten Welt: Supermärkte setzen Zeichen

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Quelle: jijieforsythe / Envato

Die Geschäftswelt sucht ständig nach neuen Möglichkeiten, Kund*innen anzuziehen und zu binden. Die „Stille Stunde“ findet immer mehr Anklang, geht jedoch über bloßes Marketing hinaus und zielt darauf ab, das Einkaufserlebnis für alle angenehmer zu gestalten.

Ein Trend, der allen gut tut

In der heutigen reizüberfluteten Welt sind Momente der Ruhe selten. Genau hier setzt das Konzept der „Stillen Stunde“ an. Dabei geht es darum, Kund*innen ein ruhigeres und angenehmeres Einkaufserlebnis zu bieten. In dieser Zeit bleibt die Musik aus, keine Werbung oder Durchsagen stören die Stille. Selbst das Licht wird gedimmt.

Ursprünglich ist die „Stille Stunde“ ein Konzept mit Inklusionsgedanke. Sie wurde ins Leben gerufen, um Menschen mit Reizempfindlichkeiten ein angenehmeres Einkaufserlebnis zu bieten. Insbesondere Personen mit Autismus, ADHS und ähnlichen Diagnosen können besonders sensibel auf die typischen Supermarkt-Reize reagieren. Aber auch viele neurotypische Personen freuen sich über die ruhigen Momente.

Wie kommt man auf diese Idee?

Wir haben Max Stenten befragt, der zwei REWE-Filialen im nordrhein-westfälischen Aachen betreibt. Auch bei ihm gibt es seit einiger Zeit einmal in der Woche von 14 bis 16 Uhr die „Stille Stunde“. Im Interview erzählt er, dass die Idee von einer Kundin kam, die um eine Anpassung der Lautstärke bat. Das wurde innerhalb weniger Wochen umgesetzt. „Es gibt einige Menschen, die mit Musik oder Lärm Probleme haben“, so Stenten. „Das hätte ich vorher nicht gedacht, aber durch den Kundenzuspruch haben wir dadurch auch viele Rückmeldungen bekommen.“

Mehr als nur Zahlen

Stenten äußerte sich offen über den Einfluss der „Stillen Stunde“ auf den Betrieb. Er bestätigte, dass sie keinen merklichen Einfluss auf den Umsatz oder den alltäglichen Betriebsablauf hat. Obwohl er sich wünschen würde, dass mehr Kund*innen von diesem Angebot Gebrauch machen, zeigt er Verständnis dafür, dass letztlich nur eine Minderheit direkt profitiere. Es geht dabei also wirklich primär um Rücksichtnahme und Kundenzufriedenheit.

Fazit: Es läuft!

Stenten empfiehlt anderen Einzelhändler*innen, die über die Einführung einer „Stillen Stunde“ nachdenken, es einfach auszuprobieren. „Es ist keine große Herausforderung dabei und zu verlieren hat man sowieso nichts – ganz im Gegenteil, eher zu gewinnen!" In seinen Filialen fahren Licht, Musik und weitere Einstellungen zur „Stillen Stunde“ mittlerweile automatisch runter. Das Projekt bleibt bei Stenten also weiter in Betrieb.

Die „Stille Stunde“ zeigt, wie wichtig es ist, auf die Bedürfnisse der Kund*innen einzugehen, ein offenes Ohr und nicht nur die Verkaufszahlen im Blick zu haben. Es ist ein Schritt in Richtung eines inklusiveren und kundenorientierteren Einzelhandels, der künftig sicher noch weitere Verbreitung finden wird.

Autorin: Nastassja Lotz

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