Mehrere Trends bestimmen die Logistik im Handel

Logistik ist mehr als der Transport von A nach B. Logistiker denken längst in Lieferketten – englisch Supply Chains – vom Hersteller über mehrere Zwischenlager, Häfen und Autobahnen bis hin zu dem Ort, wo die Güter gebraucht werden. Supply Chain Manangement (SCM) im Handel bedeutet: Regallücken vermeiden, aber auch nicht zu viel bestellen, denn die Produktzyklen werden immer kürzer. Gleichzeitig ist die Logistik ein Kostenfaktor und Klimaschutz gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Um die Lieferketten in den Griff zu bekommen, unternimmt der Handel vielfältige Anstrengungen. Welche Trends bestimmen in naher Zukunft die Logistik des Handels? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine neue Studie vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI und dem in Dortmund ansässigen Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), die im April vorgestellt wurde. Dazu haben 40 Logistik-Spezialisten aus großen Handelsunternehmen unterschiedlicher Sortimente in Deutschland, Österreich und der Schweiz an einer Online-Befragung teilgenommen.

Handel und Hersteller Hand in Hand

Den Logistikern ist bewusst, dass das Konsumverhalten der Verbraucher äußerst sprunghaft ist, dass die Konjunktur einen großen Einfluss hat. Warenbestände müssen immer rascher umgeschlagen werden, die Logistik muss flexibler werden. Kurze Reaktionszeiten erfordern jedoch bessere Informationen, also mehr Daten. Fast 80 Prozent aller von EHI und IML befragten Händler wollen neue Vorhersage-Software einsetzen oder erproben. Neben aktuellen und historischen Verkaufszahlen werden auch Wetterdaten, Feiertage, Ferienmonate oder Promotion-Aktionen berücksichtigt.

ECR, Efficient Customer Response, ist schon seit Jahren ein wichtiges Thema, und es liegt weiter im Trend. Wenn die Hersteller genauer wissen, was im Laden gerade verkauft wird, können sie gezielter produzieren und liefern. Andererseits wollen die Händler immer genauer Bescheid wissen über Produktionszahlen und Lieferzeiten. Damit jedoch müssen beide Partner sich einander öffnen. Das setzt Vertrauen voraus und macht firmenübergreifende IT-Netzwerke nötig. Dazu müssen einheitliche Datenstandards eingeführt werden.

Einige Händler wie etwa Zara oder H&M im rasch wechselnden Modegeschäft sind dadurch erfolgreich, dass sie als Vertikalisten möglichst viel in Eigenregie machen – von der Textilfabrik in Asien bis in den Laden. Umgekehrt eröffnen Hersteller wie Adidas oder Nike immer mehr eigene Stores – was freilich nicht nur mit der Logistik zu tun hat, sondern auch mit dem Image, denn ohne die Wettbewerber kommt die Marke besser zur Geltung.

Logistik 2020 wird grüner sein

Mehrere Studien sehen den Klimawandel als wichtigste Herausforderung für Supply Chain Manager in den nächsten Jahren. So hat die Deutsche Post gerade unter dem Titel „Delivering Tomorrow – Kundenerwartungen im Jahr 2020 und darüber hinaus" eine große Delphi-Studie vorgestellt. 81 Zukunftsthesen wurden aufgestellt und diskutiert. Über 900 Personen aus aller Welt, darunter Vorstände internationaler Unternehmen, Wissenschaftler aus Ökonomie, Zukunftsforschung und Logistik sowie Experten ausgewählter Kunden unterschiedlicher Branchen wurde der umfassende Fragenkatalog zur Einschätzung vorgelegt. Als einer der größten CO2-Emittenten sehen sie die Transportbranche im Blick einer immer kritischeren Öffentlichkeit.

Die Verbraucher kaufen mehr grüne Produkte, sogar die Discounter haben darauf reagiert. Wenn die Verbraucher auch immer stärker darauf achten, wie diese Produkte in die Läden kommen, wird der Handel reagieren müssen. Bislang ist dies freilich noch kaum der Fall, schließlich haben fast zwei Drittel der von EHI und IML befragten Handels-Logistiker noch keine Lieferfahrzeuge mit alternativen Antrieben für ihre Transportfahrzeuge vorgesehen. Ähnlich zurückhaltend sind sie beim Einsatz regenerativer Energien im Lager.

Dennoch setzen die ersten Anbieter von Logistik-Immobilien auf grüne Argumente. So war im März Spatenstich für ein 48.000 Quadratmeter großes Logistik- und Verarbeitungszentrum in Bergheim bei Köln, das der Off-Price-Retailer TK Maxx im September als Mieter beziehen will. Investor, Entwickler und Vermieter ist Alpha Industrial aus Köln. Für Grundstück und Gebäude investiert AI ca. 19 Mio. Euro. TK Maxx will von hier seine Mode und Wohnaccessoires in ganz Europa ausliefern. Jörg Schröder, Geschäftsführender Gesellschafter von AI hob beim Spatenstich hervor, dass die Immobilie „nach neuesten Green Building Standards zertifiziert“ werde und damit eine besonders attraktive Asset-Klasse darstelle.

Effizienz steigern in kleinen Schritten

Kleine Schritte statt große grüne Revolution – so lautet der Tenor bei der Befragung von EHI und IML. Fast alle Logistiker wollen ihrer Transporte zentralisieren, fast alle setzen Software zur Touren-Optimierung ein. Die Automatisierung im Lager ist weiter ein großer Wunsch, hier ist aber nach wie vor noch viel Handarbeit im Spiel. Weit reichende Scanner, Pick-by-Voice und Software zur Auslastung von Lagerflächen haben die Arbeit jedoch wesentlich erleichtert. Roboter im Hochregallager und bei der Kommissionierung lohnen sich jedoch nur bei großen Stückzahlen einheitlicher Artikel. Die Automobilindustrie hat es hier leichter als der Handel.

René Schellbach,
EuroCIS.com
 

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