Geschnuppert – assoziiert – gekauft?
Wie Düfte Ihre Kunden beeinflussen
PantherMedia / Bassem Adel
Wahrscheinlich haben Sie schon oft einen Verkaufsraum betreten und gleich einen typischen Duft wahrgenommen. Der gezielte Einsatz von Düften ist schon längst kein Ausnahmefall mehr.
Unternehmen wie Abercrombie & Fitch, Motel One oder Singapore Airlines setzen schon seit langem routinemäßig Raumdüfte ein, um eine angenehme Atmosphäre und einen hohen Wiedererkennungswert zu schaffen.
Unterschiedliche Düfte, unterschiedliche Verkaufsumgebungen
Die Duftforschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. So zeigt eine aktuelle Studie um die Wissenschaftler Mark Leenders von der RMIT Universität in Melbourne, dass der Einsatz von Melonenduft einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung und das Verhalten von Supermarktkunden hat. Kunden, die diesem Duft ausgesetzt waren, gaben an, besser gelaunt zu sein und zeigten positivere Einstellungen gegenüber der Verkaufsumgebung und den Produkten. Gleichzeitig stieg die Verweildauer gegenüber Kunden, die keinem Duft ausgesetzt waren, um durchschnittlich rund 30 Prozent. Allerdings entfalten Düfte je nach Verkaufsumgebung eine unterschiedliche Wirkung. Während in Kaufhäusern vor allem Grapefruit, Ingwer und Orange dafür sorgen, dass Kunden die Verkaufsumgebung positiver wahrnehmen, wirken sich in Modegeschäften insbesondere Minze und Zitrone positiv aus. Gelingt es, einen passenden und angenehmen Duft einzusetzen, so steigt die Ausgabebereitschaft von Kunden um bis zu 23 Prozent, so eine aktuelle Analyse, welche von den Forschern Holger Roschk und Masoumeh Hosseinpour veröffentlicht wurde.
Kalt und warm
Ein anderes Forschungsfeld setzt sich mit Unterschieden zwischen kalten und warmen Düften auseinander. Kalte Düfte wie Minze oder Eukalyptus sorgen dafür, dass Kunden die Verkaufsumgebung kälter wahrnehmen als sie tatsächlich ist. Dieses körperliche Empfinden von Kälte bedingt, dass sie eher kalorienhaltige, ungesündere Lebensmittel einkaufen und konsumieren. Warme Düfte wie beispielsweise Zimt oder Karamell haben hingegen den gegenteiligen Effekt. Kunden greifen dann lieber zu einem gesunden Salat oder der kalten Coke. Eine U.S.-amerikanische Forschergruppe um Dipayan Biswas erklärt dieses Phänomen über das biologische Motiv, die eigene Körpertemperatur in Balance zu halten.
Die Effekte von warmen und kalten Düften schlagen sich aber nicht nur im Konsum von Lebensmitteln wieder. Warme Düfte vermitteln Kunden ein Gefühl von Enge, ähnlich wie in einer großen Menschenmenge. Dieses Gefühl wird häufig als unangenehm beschrieben – da wir uns in Mitten von Menschenmassen oft so fühlen, als ob wir dem Einfluss von Anderen hilflos ausgesetzt sind. Diese Assoziation weckt das Verlangen, sich von der Menge abzusetzen beziehungsweise wieder Herr der Lage zu werden. In der Folge greifen Kunden eher zu Luxusprodukten, da diese versprechen, dass man sich von der Masse absetzt beziehungsweise einen erhabenen Status signalisieren.
Besondere Assoziationen
Manche Düfte wecken auch besondere Assoziationen. So kennen wir alle das Gefühl, wenn wir einen Duft aus der Kindheit wahrnehmen. Plötzlich laufen bestimmte Episoden vor unserem geistigen Auge ab. Genauso verhält es sich mit saisonalen Düften, die typisch sind für die Weihnachtszeit wie beispielsweise Zimt oder Schokolade. Solche spezifischen Düfte funktionieren allerdings nicht nur zu Weihnachten. So haben belgische Forscher um Lieve Doucé gezeigt, dass Besucher eines Buchladens mehr Bücher rund um Backen und andere verwandte Themen, die sich auf Schokolade beziehen, kaufen, wenn sie einem Schokoladenduft ausgesetzt sind – und das auch im Sommer. Hierbei ist es den Kunden nicht gelungen, ihr Verhalten kausal mit dem Duft in Verbindung zu bringen.
Düfte wirken auch langfristig
Neben verschiedenen Dufttypen haben Forscher zuletzt untersucht, wie sich Umgebungsdüfte langfristig auf das Konsumentenverhalten auswirken. In diesem Bereich bewegt sich auch unsere aktuelle Forschung. In einer Reihe von Feldstudien mit über 700 Zugreisenden haben wir beispielsweise nachgewiesen, dass die gezielte Beduftung von Zugabteilen bei den Reisenden dazu führt, die Serviceleistungen des Unternehmens positiver zu bewerten. Die Einschätzung der Unternehmensmarke wurde hingegen nicht positiv beeinflusst. Besonders spannend hierbei ist, dass die Passagiere den Duft nicht bewusst wahrgenommen haben, er aber dennoch ihre Einschätzungen beeinflusste. Die verbesserte Servicewahrnehmung war nachhaltig, denn auch zwei Wochen nach der Absetzung des Duftes führte seine Wirkung noch eine positivere Bewertung der Zugfahrten nach sich.
Ethische Fragen
Düfte können nicht nur dazu beitragen, dass Kunden Dienstleistungen positiver wahrnehmen, sich länger in Verkaufsräumen aufhalten und mehr kaufen. Vielmehr sind Düfte gerade in Situationen relevant, die bei genauerer Betrachtung alles andere als angenehm sind. Hierzu gehört beispielsweise die Vorstellung, sich gemeinsam mit mehreren hundert Passagieren in eine Metallröhre zu begeben und sich mit 1000 km/h auf 10.000 Metern fortzubewegen. Der gezielte Einsatz von Düften auf Flugreisen sorgt dafür, dass sich Passagiere entspannen und die Zeit subjektiv schneller vergeht.
Gleichzeitig wirft der Einsatz von Umgebungsdüften aber auch gesundheitliche und ethische Fragestellungen auf. So ist gerade für Hyperallergiker eine Kennzeichnungspflicht von Umgebungsdüften von hoher Relevanz. Mit Blick auf die Wirkung unbewusst wahrgenommener Düfte stellt sich zudem die generelle Frage, ob deren Einsatz ethisch vertretbar ist. Die aktuelle Forschung hilft, diese Fragestellungen in den Vordergrund zu rücken.