Bericht • 30.09.2010
Mannequins machen eine gute Figur
Schaufensterfiguren setzen die Ware dreidimensional in Szene. Die Ware – das sind nicht nur Textilien. Figuren, Torsen und Büsten sind auch für viele andere Händler interessant. Und dabei zeigt sich, dass die Kunstsoff-Models nicht nur schön sein sollen, auch abstrakte Formen sind gefragt.
Mannequins – so heißen die Schaufensterfiguren im Ausland. Und wie lebende Mannequins tragen sie die Ware am Leib. Domäne der Mannequins ist nach wie vor der Textilhandel, von der Boutique bis zum Kaufhaus. Büsten dienen aber auch bei Friseuren, Optikern oder Juwelieren als Blickfang. Wenige Sportgeschäfte setzen die Figuren ein, etwa für Radtrikots oder die neuesten Bikes, die ohne Radler kaum lebendig wirken.
Sahen die Figuren früher aus wie Puppen, so dienen heute Models vom Laufsteg als Vorbild. Bei der Wahl der Figuren orientiert sich der Handel immer stärker am eigenen Marktsegment; die Hersteller kommen nicht mehr mit wenigen Standardfiguren aus. Es gibt realistische Figuren, abstrakte Mannequins mit Gesichtszügen oder ohne jedes Profil. Der Handel kann hautfarbene, weiße, schwarze bunte, hochglanzlackierte oder matte
Modelle wählen. Abstraktion wird bevorzugt, wenn die Ware im Vordergrund stehen oder ein nüchternes Image transportiert werden soll, natürliche Mannequins können Sympathie und Wünsche wecken.
Besonders natürlich wirken Perücken, sie behindern aber das An- und Ausziehen. Und nicht zu vergessen: Kommt ein neuer Frisurentrend, ist die Perücke schnell gewechselt. Modelliertes Haar muss das ganze Mannequin-Leben über aktuell sein, es sei denn man wechselt den Kopf aus.
Figuren machen Läden zur Marke
Händler sollten eher auf jüngere Figuren setzen, raten Experten. Die Kunden wollen so aussehen wie die Figur und ihr Outfit tragen. Dabei wird allerdings nicht mehr so stark idealisiert wie früher. Das dargestellte Alter ist näher an der Zielgruppe als früher, aber eben nicht ganz. Natürlich wissen die Kunden das, doch sie geben sich gern der Illusion hin, etwas schöner, etwas jünger zu sein. Die Hersteller haben aber auch weniger schlanke Figuren im Angebot. Die gängigen Konfektionsgrößen beginnen mit 38 bei Frauen und 50 bei Männern.
Kinder sind eine wichtige Zielgrppe. So hat EuroDisplay aus Rinteln (Niedersachsen), nach eigenen Angaben Weltmarktführer bei Mannequins, seine Serie „Retro“ gerade um 14 Figuren mit Jungs und Mädchen im Alter zwischen 2 und 14 Jahren erweitert. Mit ihren lässigen, selbstbewussten, coolen Posen eignen sie sich besonders für die Präsentation von aktueller Streetwear oder sportlicher Kleidung. Die Posen sind aufeinander abgestimmt, sodass sich die verschiedenen Figuren gruppieren lassen. Die Kids sind erhältlich mit vier verschiedenen Köpfen – von semiabstrakt bis abstrakt.
Zum Sortiment gehören bei vielen Anbietern sowohl Standardkollektionen als auch speziell auf Kundenwunsch gefertigte Figuren. Der Hersteller IDW hat für Nike den Basketball-Star Dirk Nowitzki modelliert. Immer mehr Geschäfte und Filialisten wollen durch exklusiv für sie gemachte Kunststoff-Models ihr eigenes Image prägen, sich selbst als Marke zeigen. Bei C&A gibt es solche exklusiven Mannequins bereits seit den neunziger Jahren. S.Oliver testet gerade eigens entwickelte Figuren in seiner Münchner Filiale. Diese sind hinsichtlich Farbe und Oberfläche für die drei Lifestyle-Welten für Business-Look, junge Mode und Freizeit unterschiedlich und sollen so den Kunden die Orientierung erleichtern.
Natürliche Körperhaltung und sogar Bewegung
Die stummen Verkäufer können sitzen oder stehen, aber die Haltung von Armen, Beinen und Körper soll natürlich wirken. „Der Trend geht weg von zinnsoldatenhafter Inszenierung“, betont Jörg Döring, Deutschland-Geschäftsführer von IDW. Die Preise liegen zwischen 250 und 800 Euro. Das einfache Handling von Figuren sei für Fachgeschäfte sehr wichtig, da sie kaum noch Dekorateure einsetzen. Wichtig sei auch der spätere Kundendienst bei Umarbeitungen oder Reparaturen. Bei der immer stärkeren Differenzierung der Figuren kommt es für den Handel auch auf die Logistik an. Je ausgefallener die Pose, desto öfter muss die Figur ausgetauscht werden. Die Hersteller und ihre Vertriebspartner bieten daher neben dem Verkauf auch Mietlösungen.
Verschiedene Anbieter offerieren spezielle Sportfiguren. Deren dynamische Bewegungen verhindern jedoch, dass man sie für andere Sportarten nutzen kann. ADM aus Cardiff in Großbritannien hat bewegliche Sportfiguren in Lebensgröße im Programm.„Cybercycle“ heißt der künstliche Radler, dessen Halterung laut Hersteller für alle Mountainbikes geeignet ist. Der Mechanismus im Boden treibt die Pedale an, welche dann die Beine der Figur bewegen. Auch die Räder werden angetrieben. „Cyberquins“ heißen die künstliche Läufer, die zum Beispiel bei Herrods in London für Aufsehen sorgen.
Blickfang nicht nur fürs Schaufenster
Das Schaufenster verführt die Interessenten zu einem zweiten Blick. Dies gelingt, wenn es eine Geschichte erzählt, welche im Gehirn weitere Assoziationen auslöst werden. Figuren sollte man daher nicht einzeln nebeneinader stellen sonder in Gruppen. Das Schaufenster reißt die Geschichte an, die Fortsetzung erfährt man im Laden, wo man die Ware nicht nur durchs Glas sehen, sonder wortwörtlich be-greifen kann. Dies setzt natürlich voraus, dass die Schaufensterpräsentation mit der Warenpräsentation auf der Verkaufsfläche fortgeführt wird.
René Schellbach, euroshop.de
Themenkanäle: Schaufensterfiguren, Schaufensterpuppen