Interview • 22.06.2009

Sind Kundenkarten immer noch der Königsweg der Kundenbindung?

iXtenso-Interview mit Frank Manhillen, Geschäftsführer von Manhillen Drucktechnik

Über 100 Millionen Kundenkarten gibt es in Deutschland – im Schnitt sind das 1,25 Exemplare pro Bundesbürger. Hat man bei diesen Zahlen als Unternehmen überhaupt noch eine Chance, einen der beliebten Plätze im Geldbeutel der Kunden zu ergattern? Und wenn ja: Wie? iXtenso hat nachgefragt – bei Frank Manhillen, Geschäftsführer der Manhillen Drucktechnik GmbH, einem Spezialanbieter für Plastikkarten aller Art.


1993 hat die Lufthansa mit der „Miles & More“-Karte quasi den Startschuss für einen Siegeszug der Kundenkarte gegeben. Bis Ende der 90er Jahre hat die Kundenkarte einen regelrechten Boom erlebt. Heute fragen sich viele Unternehmen: Kann ich aus der Einführung eines neuen Kundenkartenprogramms überhaupt noch Vorteile ziehen?

Eines gleich vorneweg: Bonusprogramme sind kein Selbstläufer! Eine schlechte, nicht an den Kundenbedürfnissen orientierte Unternehmensführung kann man nicht einfach mit einer Kundenkarte wettmachen. Will ein Unternehmen mit seiner Kundenkarte Erfolg haben, muss dahinter ein Kundenbindungskonzept stehen, das den Kunden einen echten und überzeugenden Mehrwert bietet.
 

Was heißt das?

Zunächst sollte das Konzept der Karte für die potenziellen Kunden leicht verständlich sein. Dabei muss man bei der Zusammenstellung der Vorteile vor allem bedenken: Preisvorteile können die Kaufentscheidung zwar kurzfristig positiv beeinflussen. Sie allein reichen aber nicht aus, um die Kunden langfristig zu binden. Es bedarf also kreativerer Ideen als finanzielle Vergünstigungen! Serviceleistungen, die dem Kunden das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein, dürfen bei einem Kundenkartenprogramm heute einfach nicht mehr fehlen. Sonst läuft man Gefahr, dass sich die Kunden dem Unternehmen nicht wirklich verbunden fühlen und ihm bei einem günstigeren Konkurrenz-Angebot ganz schnell und ohne schlechtes Gewissen den Rücken kehren.
 

Können Sie Beispiele nennen, wie dieser Service in der Praxis – zum Beispiel im stationären Einzelhandel – umgesetzt werden kann?

Denkbar wäre, exklusiv für Kundenkarteninhaber an der Kasse immer wieder kleine Werbegeschenke oder Produktproben bereitzuhalten oder die Einkaufstüte im Supermarkt für Bonusclub-Kunden grundsätzlich kostenlos abzugeben. Im Textilhandel könnten Kundenkarten-Inhaber Artikel zur Auswahl nach Hause mitnehmen, um den Partner oder die Freundin vor der Entscheidung um Rat zu fragen. Auch Einladungen zu besonderen Veranstaltungen wie Modenschauen, Autorenlesungen, Kochvorführungen oder Weinverkostungen tragen dazu bei, dass sich die Kunden auch tatsächlich als VIPs fühlen und in der Kundenkarte einen echten Zusatznutzen sehen.
 

Die richtige Konzeption ist also entscheidend, will man profitable Kunden nachhaltig binden. Welche Rolle spielt dabei die Gestaltung der 8,6 cm x 5,4 cm großen Plastikkarten?

Leider wird dieser Aspekt von den herausgebenden Unternehmen oft eher stiefmütterlich behandelt. Dabei verschenkt man dort wertvolle Potenziale. Denn die kleine Karte ist im Idealfall 365 Tage pro Jahr im Geldbeutel präsent und wird damit zum wichtigen Werbeträger. Wer ein hochwertiges Kundenprogramm aufsetzt, sollte dem auch durch die Gestaltung und Produktion der Karte Rechnung tragen. Dann ist ein positiver Image-Effekt sicher.


Wie können Kundenkarten ein wertvolleres Erscheinungsbild bekommen?

Wir bieten unseren Kunden beispielsweise ein neuartiges Produktionsverfahren an, mit dem sogenannte Shadowcards kostengünstig realisiert werden können. Bei der Shadowcard werden einzelne Bereiche einer Plastikkarte – Text oder Bildelemente – optisch und fühlbar hervorgehoben. Dies ermöglicht einen hohen grafischen Gestaltungsspielraum. Durch das wertvollere Erscheinungsbild und den 3D-Effekt heben sich die Shadowcards von den klassischen Kartenprodukten ab. Auch transparente Karten eigenen sich für exklusive Effekte: Eine Glanzlaminierung macht Bereiche transparent wie Fensterglas, während durch eine Mattlaminierung der – im Übrigen weniger kratzempfindliche – Milchglaseffekt erzeugt wird.
 

Ein wichtiger Punkt ist die Erfassung der Kundenkarten an der Kasse. Welche Technik empfehen sie?

In der Regel können moderne Kassensysteme alle drei Varianten lesen, also Magnetstreifen, Barcode und Chip. Dennoch findet man in der Praxis häufiger Magnet- und Barcode-Karten: Denn bei einer Auflage von 1.000 Karten schlagen sie nur mit rund 70 Cent Stückkosten zu Buche, während man für Chipkarten mit mehr als dem Doppelten rechnen muss.
 

Herr Manhillen, Ihr Resümee: Können Sie Unternehmen raten, 2009 mit einem neuen Kundenkartenprogramm an den Markt zu gehen oder ist es heute nicht mehr das richtige Instrument, um die Gewinne zu erhöhen?

Wer seine Hausaufgaben macht und sein Programm für die Zielgruppe begehrenswert gestaltet, der hat zumindest die Weichen schon mal Richtung Erfolg gestellt. Wer dann noch mit Hilfe eines guten CRM-Systems zielgruppengerechte Kommunikations-Maßnahmen einsetzt, dem wird es gelingen, die Kunden vom Mehrwert des Kundenbindungsprogramms zu überzeugen. Und da Besitzer von Kundenkarten erwiesenermaßen mehr Geld in den Geschäften ausgeben, zahlt sich das Programm langfristig auch in Euro und Cent aus. Und wer sich als Einzelunternehmen nicht an das Thema heranwagt, kann sich mit anderen Unternehmen – zum Beispiel aus einem City-Verbund – zusammenschließen und gemeinsam eine Kundenkarte herausgeben. Für diese sogenannten Multipartnerkarten prognostizieren Studien nach wie vor große Wachstumspotenziale.

Interview: René Schellbach, iXtenso
 

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