Interview • 26.09.2011

Wo sind die attraktiven Immobilien für den Handel?

Interview mit Dr. Malte-Maria Münchow, Leiter An- und Verkauf Spezialimmobilien (Einzelhandel, Hotel, Logistik), Deka Immobilien GmbH

Die Aktienmärkte erleben zurzeit heftige Kurssprünge. Immobilien blieben von der Finanzkrise nicht verschont, doch ihr Wert schwankt nicht so heftig. Für Anleger ist der Handel eine Möglichkeit von vielen. Daher fragten wir bei der DekaBank, den Anlage-Experten der Sparkassen, nach den guten Immobilienstandorten für den Handel – in Deutschland und Europa.


Welchen Stellenwert haben Handelsimmobilien im Portfolio Ihrer Investmentfonds?

Einzelhandelsimmobilien spielen für die Immobilienfonds des DekaBank-Konzerns eine wichtige Rolle. Aktuell sind die Fonds der Deka Immobilien in insgesamt 58 Handelsimmobilien investiert. Dies entspricht einem Anteil von rund 18 Prozent am Immobilienvermögen. Damit ist der Einzelhandel nach Büroimmobilien die zweitstärkste Anlageklasse. Die Deka Immobilien plant diesen Anteil mittelfristig weiter auszubauen. Wir können uns gut vorstellen, dass Handelsimmobilien künftig rund 20 bis 25 Prozent unseres Immobilienvermögens ausmachen.


Investoren wollen langfristige, gute Mietverträge. Hat der Handel eine gute Bonität? Welchen Wert haben inhabergeführte Fachgeschäfte?

Als langfristig orientierter Investor bevorzugen wir Mietverträge mit einer langen Laufzeit. Wenn diese Verträge zudem eine marktgerechte Indexierung aufweisen, können wir gute Erträge erzielen und gleichzeitig die Renditen unserer Fonds stabilisieren. Aber die Länge der Mietverträge ist nicht das alleinige Kriterium für ein Investment. Weitere wichtige Punkte sind der Standort der Handelsimmobilie und die Bonität des Mieters. Was hilft uns ein langer Mietvertrag, wenn der Mieter das Potenzial des Standortes nicht ausschöpfen kann und wir Mietverluste fürchten müssen? Dabei sind uns inhabergeführte Fachgeschäfte genauso herzlich willkommen wie die großen Marken oder Ketten. Stimmt die Bonität oder hat der Mieter schon an anderer Stelle bewiesen, dass er sein Geschäft versteht, dann schließen wir gern mit ihm einen langfristigen Mietvertrag ab.


Begehrt im Handel sind die so genannten 1A-Lagen. Sind diese nicht längst zu teuer? Kennen Sie attraktive Standorte „in der zweiten Reihe“?

Natürlich bevorzugen auch wir die sogenannten 1A-Lagen. Denn diese garantieren ja „qua definizione“ die von uns gesuchten langfristig sicheren Mieterträge. Aber wir achten bei unseren Akquisitionen auch sehr genau darauf, dass die einzelnen Mietverträge nicht „over rented“, das heißt höher als die nachhaltig erzielbaren Mieten sind. Denn was hilft uns ein sehr guter Standort, wenn wir bei dem nächsten Mieterwechsel nur noch geringere Mieten erzielen können und somit einen Wertverlust für unsere Immobilie hinnehmen müssen? Die genaue Überprüfung der nachhaltigen Miete ist besonders in den 1A-Lagen sehr wichtig, denn diese weisen in aller Regel höhere Mietpreisschwankungen als gute B-Lagen auf. Dies zeigen die Marktzyklen in den Top-Lagen der großen Metropolen wie London, Paris, München oder Hamburg sehr deutlich. Die Mietpreis-Volatilitäten an B-Standorten wie zum Beispiel Lyon in Frankreich, Glasgow in Großbritannien oder Nürnberg, Hannover und Münster in Deutschland sind demgegenüber deutlich geringer. Entsprechend haben wir in den vergangenen Jahren auch in der „zweiten Reihe“ investiert, wie zum Beispiel in Bordeaux, Bilbao, Reutlingen, Trier, Braunschweig oder Bergisch-Gladbach.


Wo in Europa sehen Sie die kommenden Boom-Märkte für den Handel, für Handelsimmobilien?

Handelsimmobilien sind immer dort begehrt, wo die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Wichtige Kennziffern sind ein stabiles und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie geringe Arbeitslosenzahlen. In Europa ist dies derzeit vor allem in Deutschland und Polen der Fall. Dies lässt sich an den sehr großen Investitionsvolumina ablesen, die in diesen Ländern derzeit umgesetzt werden. So liegt das prognostizierte Transaktionsvolumen für Einzelhandelsimmobilien in Deutschland für das Jahr 2011 erstmals seit acht Jahren wieder höher als in Großbritannien. Traditionell weist der britische Immobilienmarkt die mit Abstand höchsten Einzelhandelsumsätze in Europa auf.

Ein ähnlich hohes Interesse gibt es aktuell in Polen, wenn auch nominal auf deutlich geringerem Niveau als in Deutschland. Polen hat in den vergangenen Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass dort eine nachhaltig stabile Wirtschaft entstanden ist. Darüber hinaus weist Polen im Gegensatz zu Deutschland noch eine positivere Soziodemographie auf. Investoren honorieren dies aktuell damit, dass die Nachfrage nach den wenigen angebotenen polnischen Einzelhandelsimmobilien sehr hoch ist und die Verkäufer historisch hohe Renditen erzielen. Alle anderen Länder Europas hinken hier ein wenig hinterher.


In Spanien ist die große Immobilienblase geplatzt. Sind davon auch Handelsimmobilien betroffen?

Ja und nein. Natürlich hat das Platzen der Immobilienblase im Wohnungssektor Einfluss auf die Realwirtschaft und damit auf das Konsumverhalten der Menschen in Spanien. Mit der Baubranche liegt einer der stärksten Treiber des Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre brach. Die Arbeitslosenzahlen sind hoch und die Konsumfreude ist entsprechend gering. Aber natürlich geben die Menschen in Spanien auch weiterhin Geld für Lebensmittel, Kleidung und Investitionsgüter aus. Nur eben nicht mehr in so üppiger Form wie vor der Krise. Die logische Folge ist, dass die Mieten sinken, Leerstandsraten steigen und die Werte der Handelsimmobilien zurück gehen. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme, die sehr unterschiedliche Ausprägungen hat. Die guten Standorte mit einem ausgewogenen Branchen-Mieter-Mix, einem guten Einzugsgebiet und bonitätsstarken Mietern stehen besser da, als die Standorte in weniger guten Lagen.

In solchen Marktphasen erkennt ein Investor übrigens, ob seine Anlagepolitik der vergangenen Jahre die Richtige war. Der spanische Einzelhandelsimmobilienmarkt bietet derzeit aber auch Chancen. An sehr guten Standorten können Investoren derzeit Objekte zu sehr attraktiven Renditen erwerben.


Grüne Architektur wird bei der nächsten Expo Real sicher ein Thema. Nur gut für das Image oder lohnt sich Nachhaltigkeit auch für Investoren?

Green Building ist ein Thema, das seit mehreren Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. War es vor drei, vier Jahren eher ein „nice to have“, so hat sich dieses Thema inzwischen zu einem „must have“ entwickelt. Dieses gilt aber nicht nur für Handelsimmobilien, sondern für alle Immobilienklassen. Durch die seit Jahren steigenden Energiepreise haben sich die von einem Mieter zu tragenden Nebenkosten zu einer „zweiten Miete“ entwickelt. Entsprechend achtet der Mieter einer Handelsimmobilie, eines Bürohauses oder einer Logistikanlage immer stärker darauf, dass diese Kosten niedrig bleiben. Deshalb ist es ein Vorteil, wenn ein Vermieter bei Neuvermietungen oder der Verlängerung von bestehenden Mietverträgen auf die Realisierung von Green-Building-Standards verweisen kann. So fordern zum Beispiel die Fonds des DekaBank-Konzerns bei Neuakquisitionen schon seit längerem eine Green-Building-Zertifizierung der Immobilien nach den üblichen Standards wie zum Beispiel LEED, BREAM oder DGNB. Darüber hinaus achten wir bei den fortlaufenden Instandhaltungsmaßnahmen bei Bestandsobjekten der Fonds darauf, dass eine Nach-Zertifizierung möglich ist.

René Schellbach, iXtenso.com

 

 

 



 

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