Interview • 01.08.2013

"Wir können Energieeinsparungen von bis zu 25 Prozent realisieren"

Interview mit Nicolas Réhault, Gruppenleiter Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE

Nicolas Réhault: Die neue Anlage liefert die gesamte Energie, um Kühl- und...
Nicolas Réhault: 'Die neue Anlage liefert die gesamte Energie, um Kühl- und Tiefkühlmöbel sowie die Tiefkühlzellen im Lager zu betreiben'
Quelle: Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE

Die Energiesparfiliale des Discounters Aldi Süd in Rastatt soll für Kälteerzeugung, Heizung, Lüftung, Klimatisierung und Beleuchtung nur zwei Drittel der gewöhnlich erforderlichenEnergie benötigen. Möglich macht dies ein neues Energiekonzept inklusive einer speziell entwickelten Kälteanlage, das in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme entwickelt wurde. Im Interview stellt Nicolas Réhault, Gruppenleiter am ISE, die Kernpunkte des Konzepts vor und erklärt, wie Supermärkte weitere Energieeinsparungen realisieren können.

Herr Réhault, zusammen mit Aldi Süd hat das Fraunhofer ISE ein ganzheitliches Energiekonzept für Supermärkte entwickelt. Können Sie die Kernpunkte des Konzepts kurz erläutern?

Neben dem Bauherrn Aldi Süd war an dem Projekt ein Planungsteam aus unterschiedlichen Spezialfirmen beteiligt. Den Dreh- und Angelpunkt des Konzepts bildet eine geothermiegestützte Kälteanlage mit Kohlendioxid als Kältemittel. Denn die Kühlung stand im Fokus des Projekts, da dieser Bereich mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs in einem Supermarkt ausmachen kann. Die neue Anlage liefert die gesamte Energie, um Kühl- und Tiefkühlmöbel sowie die Tiefkühlzellen im Lager zu betreiben und die gesamte Filiale zu heizen oder zu kühlen.

Worin bestehen die Unterschiede zu den bisherigen Kühlsystemen?

Im Gegensatz zu den im Lebensmittel-EH üblichen, steckerfertigen Kühlmöbeln, die ihre Abwärme im Winter wie im Sommer unkontrolliert in den Laden abgeben, sind bei Aldi Süd in Rastatt alle Kühlmöbel mit einem zentralen Verdichter-Aggregat verbunden und können so gemeinsam angesteuert werden. Im Winter gewinnt das System die Wärme über einen Wärmetauscher zurück und heizt damit den Verkaufsraum. Die Restwärme führt es über einen Gaskühler und ein Erdsondenfeld in die Umgebung ab.

Dabei fließt das erwärmte Wasser über Sonden in die Erde, gibt die Wärme aus der Kältemittelunterkühlung dort ab und wird kühl wieder zurückgeleitet. Durch das Abführen der Abwärme der Kühlmöbeln an die Umgebung verbraucht der Kälteprozess ca. halb so viel Strom wie bei vergleichbarensteckerfertigen Einzelgeräte.Weiterhin haben wir gemessen, dass die Geothermieanlagedie Effizienz der Kälteanlage durch zusätzliche Kältemittelunterkühlung um ca. 6 Prozent erhöht.

Ein weiterer innovativer Faktor ist die Lüftung. Weil diese in der Pilotfiliale ausschließlich dem Luftwechsel dient, muss sie nur circa ein Drittel so groß sein wie die entsprechenden Geräte in Standard-Filialen, die zusätzlich noch heizen oder kühlen. Der Supermarkt wird damit nicht mehr über die Lüftungsanlage beheizt, sondern über eine Betonkernaktivierung. Das Heizsystem wir ausschließlich durch die Abwärme aus der Kälteerzeugung versorgt. Der Markt benötigt also als alleinigen Energieträger nur Strom und kann auf Gas, Öl oder Fernwärme verzichten.

Welche Vorteile ergeben sich gegenüber den heute üblichen Lösungen für die Kühlanlagen in Supermärkten?

Mit einer auf diesem Konzept basierenden Anlage kann der Betreiber auf jeden Falldie Vorgaben der Energieeinsparverordnung einhalten. Diese Verordnung regelt bautechnische Standardanforderungen zum effizientenBetriebsenergiebedarf eines Gebäudes oder Bauprojektes. Teilweise werden diese Richtwerte sogar unterschritten. Daher kann man hier also tatsächlich auch von einem zukunftsweisenden Konzept sprechen, da in den nächsten Jahren planmäßig stufenweise eine Verschärfung der Verordnungerfolgt. Darüber hinaus werden die Treibhausgasemissionen durch die Senkung des Stromverbrauchs und die Nutzung des Umweltfreundlichen Kältemittels CO2deutlich reduziert, nämlich um bis zu 40 Prozent gegenüber einer Standardfiliale.

Ein weiterer Aspekt des Konzepts ist die Beleuchtung. Wie lassen sich mit dem neuen Konzept hier Energieverbrauch und Kosten senken?

Wir haben in diesem Supermarkt eine tageslichtabhängige Kunstlichtregelung: Das Licht fällt durch spezielle, dreifach-verglaste Dachkuppeln. Zwischen den einzelnen Glasscheiben befindet sich ein Mikroraster, das die direkte Sonnenstrahlung zu 95 Prozent nach außen reflektiert und nur indirektes Licht hindurch lässt. Das künstliche Licht, also die zugeschalteten Lampen, werden je nach Tageslicht automatisch geregelt, wodurch sich natürlich auch weitere Einsparungen bei den Beleuchtungskosten realisieren lassen.

So kann nicht nur Energie gespart werden, sondern gleichzeitig auch der Komfort für die Kunden und Mitarbeiter erhöht werden. Denn eine Beleuchtung mit hohem Tageslichtanteil ist für viele angenehmer als eine ausschließlich künstliche Beleuchtung.

Welche anderen Möglichkeiten haben Supermarktbetreiber, um in ihrem Betrieb zusätzliche Energieeinsparungen zu realisieren?

Ausgehend vom Basiskonzept hat das Monitoringteam durchaus noch weitere Optimierungspotentiale identifiziert. Sie sind auch bereits in die Planung eines weiteren Marktes eingeflossen, in dem die „nächste Generation“ der Kühlanlage genutzt wird. Hierbei werden noch kleinere Verdichter genutzt. Außerdem wurde das Erdsondenfeld optimiert und das Heizungs- und Lüftungskonzept übernommen.

Wir haben bereits einige erste Messwerte dieser Kälteanlage und können daher bereits sagen, dass mit diesen Verbesserungen eine zusätzliche Energieersparnis von weiteren 15 Prozent möglich wird. Auch in der ersten Filiale wurden danke neuer Erkenntnissen aus dem laufenden Betrieb die Einstellungen der Anlage bereits verfeinert, sodass noch weitere Einsparpotentiale erschlossen werden konnten.

Mit neuen Regelstrategien haben wir Konzeptteile so optimiert, dass wir im zweiten Betriebsjahr 25 Prozent Energie gegenüber einer Standardfiliale einsparen. Das liegt bereits sehr nah an unserem Ziel von 30 Prozent.

Aldi Süd nutzt das Konzept bereits in einigen Neubauten. Gibt es weitere Standorte und/oder andere Händler, die das Konzept in ihren Betrieben nutzen wollen?

Wie bereits gesagt gibt es bisher - neben der Pilotfiliale in Rastatt - einen weiteren Standort in Süddeutschland, an dem die „zweite Generation“ der Kälteanlage installiert worden ist. Auch haben andere Supermarktbetreiber durchaus eigene erfolgreiche Konzepte entwickelt.. Der beteiligte Kälteanlagenbauer bietet allerdings nach den bei der Umsetzung des bei unserem Projekt gemachten Erfahrungen jetzt diese spezielle Kälteanlage an.. Die Kopplung dieser Art von Kälteanlagen mit einer Geothermieanlage ist nach unseren Kenntnissen bisher einzigartig.

Daniel Stöter; iXtenso.com

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