Digitalisierung im Handel und dezentraler E-Commerce

Mit Fläche punkten – wie digitale Geschäftsmodelle und dezentraler E-Commerce dem stationären Handel helfen

Für Kunden wird es zunehmend selbstverständlich, im Laufe eines Kaufprozesses...
Für Kunden wird es zunehmend selbstverständlich, im Laufe eines Kaufprozesses mehrere Kanäle zu nutzen und zwischen diesen zu wechseln.
Quelle: Bildagentur PantherMedia / Varin Rattanaburi

Im Online-Shop nach Informationen suchen, per Smartphone bestellen und unter mehreren Möglichkeiten der Bezahlung, Lieferung oder Abholung wählen – für Kunden wird das zunehmend selbstverständlicher. Knapp zwei Drittel der deutschen Onliner werden als selektive Online-Shopper bezeichnet, die den Kaufkanal je nach Situation und Produkt wählen.

Online- und Offline Handel verzahnen sich immer mehr und diese Änderungen im Kaufverhalten sind nachhaltig. Händler, die sich mit einem digitalisierten Geschäftsmodell darauf einstellen, können auch unter den veränderten Bedingungen bestehen und ihre Kompetenz in Beratung und Betreuung der Kunden im Ladengeschäft zum entscheidenden Vorteil ausbauen.

Die Reaktion auf den Siegeszug des Onlinehandels war zunächst häufig: Als stationärer Händler muss man auch einen Online-Shop zusätzlich zu den Ladengeschäften aufbauen, um die Abwanderung der Kunden abzufangen und so den Umsatz zu retten. Doch das ist zu kurz gedacht.

Ziel sollte es sein, sich flexibel auf den Kunden einzustellen, ihm Mehrwert und Wahlmöglichkeiten zu bieten, egal von welchem Punkt und Kanal aus er startet. Kunden möchten die Wahl haben, wie und auf welchem Wege sie sich vor dem Kauf informieren, Waren abholen oder bestellen, bezahlen und zurückgeben. Sie gehen also implizit schon davon aus, dass die Vertriebskanäle innerhalb eines Unternehmens miteinander verknüpft und integriert sind.

Digitalisierung: ein Muss, Ladengeschäft: ein Plus

Diese Erwartungshaltung ist es, auf die sich Händler einstellen sollten. Sie sollten sich damit auseinandersetzen, welchen Service genau ihre Kundengruppen schätzen und ihr Geschäftsmodell durch Digitalisierung daran ausrichten.

Ein durchdachtes und integriertes Konzept ist die Basis, die Umsetzung selbst kann schrittweise erfolgen, etwa zunächst mit dem Relaunch der Website, dem Aufbau eines Online Shops, flankiert von Social Media Aktivitäten und Suchmaschinenoptimierung. Nicht zu vergessen: Die Ausrichtung auf die mobile Nutzung, ein Trend, der sich noch verstärken wird, je intensiver die junge Käufergruppe der Smart Natives am Markt teilnimmt.

Bei diesen Maßnahmen geht es nicht einfach nur um Präsenz und eine gute Außendarstellung in allen Bereichen. Noch wichtiger ist es, auch die dahinterliegenden Prozesse und Abläufe durch die Digitalisierung effizient und durchgängig zu gestalten, wie zum Beispiel durch übersichtliche und leicht zu pflegende Systeme zum Produktmanagement auf Basis standardisierter Daten. Es geht um schnelle Lieferfähigkeit über alle Kanäle, um innere Logistik wie auch die Bestandsüberwachung.  Der Händler selbst braucht den Überblick, zu welchen Preisen und in welchen Mengen seine Produkte online wie offline verfügbar sind. Kurz, es sollte auch auf technischer Seite eine integrierte Lösung gefunden und installiert werden, die zuverlässig funktioniert, aber auch flexibel genug ist, um für kommende Veränderungen gut aufgestellt zu sein.

Für den einzelnen Händler ist es oft schwierig zu beurteilen, was genau zu seinem Unternehmen passt und vor allem auch, welche Prozesse, welcher Grad der Digitalisierung für eine bestimmte Lösung Voraussetzung sind. Deshalb empfiehlt sich hier die Unterstützung durch eine Digitalagentur, die bereits über eine entsprechende Expertise verfügt. Bei der i-ways sales solutions GmbH steht am Anfang immer eine genaue Analyse der technischen Bedingungen und Prozesse des jeweiligen Händlers. Diese werden mit den Anforderungen abgeglichen, um dann Schritt für Schritt ein System aufzubauen, das alle Verkaufsaktivitäten verzahnt und es auch ermöglicht, über alle Kanäle Daten zu erheben und einem Maschinenalgorithmus auszuwerten oder selbst zu analysieren. Somit sind Anpassungen und ständige Verbesserungen gewährleistet.

Ist diese Wandlung geschafft und ein integriertes System installiert, so kehrt sich auch das gesamte Bild um: Das scheinbare Manko, das „Nur-Ladengeschäft“ wird zum Plus, zu einem Wettbewerbsvorteil. Es gibt inzwischen auch bei großen erfolgreichen Online-Plattformen den gegenläufigen Trend, Ladengeschäfte zu eröffnen, um zum Beispiel in Innenstädten präsent zu sein und sei es auch nur zu Service- und Marketingzwecken.2 Stationäre Händler haben diesen Vorteil bereits, sie bieten Kunden den Raum für persönliche Beratung und Begegnung und können dabei auf langjährige Erfahrungen, Kenntnis der Käufergruppen und geschultes Personal zurückgreifen. Vor allem sind sie frei, diesen Vorteil mit kreativen Konzepten auch zu nutzen und ihre Ladenfläche somit neu zu beleben. Die Möglichkeiten sind zahlreich, Proximity Marketing, z. B. mit Beacons, Events und Promotions können dabei kombiniert werden. Nicht zu unterschätzen ist auch der Trend zum dezentralen E-Commerce, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Click & Collect: Online bestellen und im Laden abholen

„Click & Collect“  – der Begriff ist erst wenigen Kunden vertraut, die Idee selbst aber ist bekannt und beliebt: Der Kunde stellt, häufig einfach per Smartphone, seine eigene Produktliste im Online-Shop des Händlers zusammen, ein Service, wie ihn auch die großen Shopping-Portale wie Amazon bieten. Die dort übliche anschließende Lieferung nach Hause gilt als einer der großen Vorteile des Internethandels.

Häufig ist es Kunden aber wichtig, ihre Lieferung sofort zu erhalten, sie möchten nicht warten oder haben keine geeignete Ablagemöglichkeit, wenn sie zur Lieferzeit nicht zuhause sind. Dem kommt der Händler entgegen, indem er die Abholung des Einkaufs direkt im Geschäft anbietet. Ergänzend können auch Bestellungen über Terminals direkt im Geschäft erfolgen. Bei Kleidung ist auch ein Anprobe- und Rücknahmeservice sinnvoll, denn hier werden häufig alternative Artikel bestellt, um daraus dann die passenden Farben und Größen auszuwählen. Das Auspacken macht Spaß, die Rücksendung weniger: Alle nicht ausgewählten Artikel müssen wieder verpackt, Retourenscheine gedruckt oder ausgefüllt und zur Post gebracht werden. Mit einer Anprobe und Rückgabe direkt im Ladengeschäft ließen sich diese für die Kunden oft lästigen Schritte sparen.

In fast 40 Prozent der Käufe in stationären Geschäftsstellen geht eine...
In fast 40 Prozent der Käufe in stationären Geschäftsstellen geht eine Informationssuche in Online-Shops voraus.
Quelle: Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov

Ship from store

Händlern hilft dieses Konzept, im Lager gebundenes Kapital zu verringern; Kunden profitieren von der schnellen Lieferfähigkeit. Der Hintergrund: Händler bestellen ihre Ware in der Regel aus einem Zentrallager. Erfahrene Filialleiter können ihr Gebiet und den Bedarf ihrer Kunden an bestimmten Artikeln und Warengruppen durchaus gut einschätzen, trotzdem werden in aller Regel einzelne Artikel eines Produktes im Lager zurückbleiben, nachdem der Bedarf im jeweiligen Einzugsgebiet der Filiale gesättigt ist. Bei Media- und Haushaltsgeräten mit 50.000 – 100.000 Artikeln im Sortiment summieren sich diese einzelnen Artikel rasch, sie benötigen Lagerraum und binden Kapital.

Statt sie nun mit hohen Verlusten in Rabattaktionen abzusetzen, ist es ökonomischer, sich mit anderen Händlern zu vernetzen und die Waren in eigenen Shops auf reichweitenstarken Portalen wie ebay praktisch in einem erweiterten digitalen Schaufenster auszustellen. Kunden können dann dort die Ware ordern; geliefert wird aus dem Lager, in dem der Artikel vorrätig ist – das verschafft einen Zeitvorsprung vor dem Wettbewerber. Alternativ kann natürlich auch hier eine direkte Abholung erfolgen, wenn etwa das Lager nicht zu weit vom Wohnsitz des Kunden entfernt ist.

An diesen Beispielen wird deutlich, warum Digitalisierung und der schrittweise Aufbau eines effizienten Systems im ersten Schritt erfolgen sollten. So kann der mit neuen Dienstleistungen verbundene Aufwand gering gehalten werden. Besonders wichtig ist es dabei, auf standardisierte Daten zurückgreifen zu können.

Digitalisierung wird von Menschen getragen

Konzept und Einführung eines integrierten technischen Systems sind anspruchsvolle  Aufgaben. Aber auch das beste System wäre nicht effektiv ohne die Menschen, die damit arbeiten. Die Betreuung und Beratung durch die Mitarbeiter im Ladengeschäft sind es schließlich, die den Unterschied machen zu reinen Online-Unternehmen. Kunden, die ins Geschäft kommen, schätzen die Fachkompetenz, Freundlichkeit und Engagement des Verkaufspersonals hoch ein.

Änderungen im Geschäftsmodell wie Warenrücknahmen, Click & Collect, Lieferungen direkt aus dem Shop müssen von den Mitarbeitern verstanden und mitgetragen werden. Das bedeutet zum einen, dass die Ziele und Vorteile erklärt werden, zum anderen aber auch das Handling aller einzelnen Schritte.

Jede Filiale hat ihre Besonderheiten und unterscheidet sich von anderen durch ihr  Warensortiment, die Käufergruppen, Platzverhältnisse und Mitarbeitersituation. Ein einfaches Rollout mit einigen schriftlichen Anweisungen sichert noch nicht die erfolgreiche Umsetzung neuer Konzepte, diese Erfahrung hat i-ways in der Beratung seiner Kunden gemacht. Deshalb werden hier regelmäßig sehr viel Zeit und Erfahrung in das Coaching der Mitarbeiter vor Ort investiert. So wurden beispielsweise bei der Umsetzung eines neuen Konzeptes einer großen Filialkette 750 Schulungen vor Ort und hunderte von Seminaren durchgeführt. Dabei werden einzelne Abläufe – Abholung bestellter Waren, Zahlung z.B. per Paypal, Rücknahme - an die jeweilige Filiale angepasst und geübt, so dass die Mitarbeiter am Ende mit allen Situationen souverän umgehen können.

Es geht also bei der Digitalisierung und Umstellung des Geschäftsmodels um mehr als nur die einmalige Einführung eines effizienten IT-Systems. Mitarbeiter müssen integriert werden. Ziel ist es, handlungsfähig und offen für Veränderungen zu werden und zu bleiben. Ein gut funktionierendes System soll die Händler entlasten und die technischen Voraussetzungen schaffen, damit sie sich auf das konzentrieren, was sie auszeichnet und worin sie gut sind: klug einkaufen, das Sortiment pflegen und vor allem beraten und ihre Kundenbeziehungen aufbauen und pflegen. Diese Nähe zu den Kunden ist letztlich auch die beste Voraussetzung, um auch künftige Veränderungen frühzeitig zu erkennen und das Geschäftsmodell anpassen zu können.

Autor: Silvio von Krüchten, Geschäftsführer i-ways sales solutions GmbH

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