Interview • 02.02.2011
Mobile Geräte sind Innovationstreiber im Einzelhandel
Interview mit Rainer Gläß, Vorstandsvorsitzender der GK Software AG
Rainer Gläß ist das G von GK Software. Zusammen mit Stephan Kronmüller, dem heutigen Technik-Vorstand, gründete er die Firma 1990. Seit 2008 börsennotiert, wurde 2009 Solquest übernommen. GK Software ist heute ein führender europäischer Entwickler von Standard-Software für Filialunternehmen. Kunden sind unter anderem Kaufhof, Douglas, Coop in der Schweiz, X5 in Russland sowie der Einrichtungs- und Möbelhändler JYSK Nordic. Nach Firmenangaben ist die Software in mehr als 30 Ländern mit rund 80.000 Installationen in mehr als 20.000 Filialen im Einsatz.
GK Software, Torex und Wincor sind die Großen im Markt der Kassen- und Filialsoftware. Daneben gibt es noch einige kleinere Anbieter. Wie wird sich der deutsche Markt entwickeln und wie groß ist Ihr Anteil?
Der deutsche Einzelhandelsmarkt ist unabhängig von der Konjunktur ein sehr stabiles Geschäftsumfeld. Für 2011 erwarten wir, dass sich der Aufwärtstrend des letzten Jahres fortsetzt. Dies wird sich naturgemäß auch auf die IT-Investitionen auswirken. Da es keine verlässlichen Zahlen hinsichtlich des Marktes für Filialsoftware gibt, lässt sich diese Frage seriös nicht beantworten. Wir können aus unserer Sicht lediglich die Aussage treffen, dass sich unsere Installationszahlen in einem stabilen Gesamtumfeld in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt haben und dass wir eine Fortsetzung dieser Entwicklung erwarten.
Sind die Märkte im Ausland mit Deutschland vergleichbar?
Jeder Einzelhandelsmarkt hat seine Besonderheiten, so dass eine Filiallösung nicht ohne weiteres in einem neuen Land ausgerollt werden kann. Das können Fiskalgesetze, Steuerregeln, besondere Formen von Kundenbindungssystemen oder auch Rundungsregeln sein. Wir decken gegenwärtig über 30 Länder mit einer Lösung ab, die von der Architektur ideal darauf ausgerichtet ist, schnell an die landestypischen Anforderungen angepasst zu werden – unabhängig davon, ob es um Installationen in China, Bosnien oder den USA geht.
Welche Märkte sind interessant?
Die GK Software ist sowohl in entwickelten Märkten wie Großbritannien, den USA, den skandinavischen Ländern und dem DACH-Raum aktiv, wie auch in den schnell wachsenden Märkten, zum Beispiel Russland. Da wir keinen technologischen Einschränkungen unterliegen, gibt es jedoch neben einer ressourcenorientierten Fokussierung auf bestimmte Zielmärkte faktisch keine Begrenzung auf bestimmte Märkte.
Sie haben in den letzten beiden Jahren profitiert vom Neukunden Lidl und von der Netto-Umstellung bei den Plus-Filialen. Sind die großen Wachstumszahlen jetzt vorbei?
Wir sind sehr stolz, in den letzten Jahren zahlreiche Großprojekte gewonnen und umgesetzt zu haben. Die Märkte in Deutschland, Europa und Nord-Amerika bieten für uns jedoch nach wie vor ein riesiges Potenzial, so dass wir sicher sind, auch in Zukunft mit unserer permanent wachsenden Lösungspalette überdurchschnittliche Wachstumschancen zu besitzen.
Blicken wir ans andere Ende der Skala: Wie groß muss ein Händler mindestens sein, damit sich die Umstellung der Software lohnt?
Eine Mindestgröße für Projekte lässt sich nicht per Faustregel definieren, da hier zahlreiche Faktoren, wie zum Beispiel Anzahl von Systemen und Filialen, Umfang und Projektumfang und projektbezogene Herausforderungen hineinspielen. Daher hat die GK Software AG in ihrem Kundenportfolio neben großen und international operierenden Einzelhändlern auch zahlreiche mittelständische Kunden. Als Beispiele nenne ich Mayers Markenschuhe, Ludwig Beck in München oder den FC Bayern München mit seinen Fanshops.
Kassen, Filialen, Warenwirtschaft – Software greift tief ein in die Strukturen eines Handelsunternehmens. Wie bekommen Sie einen Fuß in die Tür?
Kein Einzelhändler wechselt leichtfertig seine IT-Systeme aus. In der Regel besteht ein klarer Investitionsbedarf. Dieser kann unter anderem das Erschließen neuer Geschäftsprozesse, die Senkung von Betriebs- und Entwicklungskosten oder die beschleunigte Umsetzung von neuen Anforderungen sein. Dafür analysieren die Verantwortlichen in den Unternehmen permanent das entsprechende Anbieterfeld – zum Beispiel auf der EuroShop – und wählen bei konkretem Bedarf den passenden Lieferanten nach intensiver Prüfung der Alternativen aus. Hervorragende Referenzen, technologische Alleinstellungsmerkmale oder eine umfassende Produktpalette sind dabei natürlich eine gute Eintrittskarte für die entsprechenden Auswahlprozesse.
Bei dm sind Sie jedoch nicht mehr dabei. Warum setzt die Drogerie-Kette lieber auf eine Eigenlösung?
Diese Frage können wir nicht beantworten, da dies eine Entscheidung von dm war.
SAP vertreibt seit 2009 das Konkurrenzprodukt von GK Software neben der eigenen Epos-Lösung. Wie entwickelt sich die Kooperation?
Wir arbeiten mit der SAP intensiv und sehr vertrauensvoll zusammen. Gemeinsam setzen wir dabei ein wichtiges Teilprojekt im Rahmen des größten Retail-IT-Projektes in Europa bei der Edeka um. Die Gewinnung dieses Projektes durch die SAP und die Partnerschaft mit der GK Software AG ist ein großer – auch international sehr beachteter – Erfolg.
Mobile ist einer der Trends auf der EuroShop 2011. Mit PDAs wurde die Warenwirtschaft mobil. Was sind die nächsten Schritte?
Wir sehen den Trend zu mobilen Geräten als einen der wichtigsten Innovationstreiber im Einzelhandel. Dabei werden sowohl die Prozesse in der Filiale als auch die Management-Information in der Zentrale auf den unterschiedlichsten mobilen Geräteklassen – vom MDE bis hin zu iPads und iPhones – abgebildet. Hier sehen wir bereits jetzt zahlreiche Innovationen, die Prozesse schneller, schlanker und effizienter machen. Daneben wird auch die Interaktion mit den Kunden immer mobiler. Mobile Couponing, Mobile Payment und Mobile Marketing sind die Toptrends im Bereich der Kundenbindung. Wer hier frühzeitig mit den richtigen markttauglichen Lösungen präsent ist, wird einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung haben, wenn sich das Anbieterfeld konsolidiert. Wir sehen die GK Software AG dabei in beiden Felder sehr gut aufgestellt.
Auch die Kunden haben mobile Geräte. Wie verändern Smartphones die Kassenlandschaft und Filialsteuerung?
Der Kunde, der das will, wird bereits in sehr naher Zukunft in der Lage sein, mit seinem Telefon oder Smartphone an der Kasse mobile Coupons einzulösen und zu bezahlen. Unsere Lösungen bieten bereits jetzt die entsprechenden technologischen Voraussetzungen dafür und gemeinsam mit unserem Partner valuephone sind wir in der Lage, die komplette Kette von der mobilen Werbung über das Mobile Couponing bis hin zum Mobile Payment zu realisieren.
Vor Jahren hatten die Kassen-Hersteller ihre proprietäre Software. Inzwischen gibt es kompatible Programme, mit denen der Handel verschiedene Kassen kombinieren kann. Sie entwickeln jetzt mit Bizerba Ähnliches für Waagen. Welches Potenzial sehen Sie?
Mit den offenen PC-Waagen wird vor allem der Lebensmitteleinzelhandel neue Wege beschreiten. An Stelle von Insellösungen bietet GK Open Scale den Vorteil, die gleiche Software auf Kasse und Waage einzusetzen. Damit wird die Komplexität reduziert, die Datenver- und -entsorgung erheblich vereinfacht und die Kosten nachhaltig gesenkt. Darüber hinaus können damit auch durchgängige Promotions umgesetzt werden, wenn auf dem Waagenbon bereits der passende Coupon für ein Fertiggericht gedruckt wird.
Was erhoffen Sie sich von der EuroShop 2011? Was können die Besucher von Ihnen erwarten?
Die EuroShop mit ihrem internationaleren Fokus wird sicher zahlreiche interessante Kundenkontakte für uns bringen. Wir zeigen unsere gesamte Lösungspalette und wissen jetzt bereits, dass vor allen unsere neuen Lösungen StoreWeaver Enterprise Edition und Open Scale, aber auch das neue ergonomische GUI unsere Filiallösung, die wir gemeinsam mit Designagenturen erarbeitet haben, großes Interesse finden werden. Die EuroShop ist eine hervorragende Möglichkeit, unsere Lösungen zu präsentieren und wir freuen uns auf die Tage in Düsseldorf.
Interview: René Schellbach, EuroCIS