Bericht • 20.07.2015
Shoppingcenter-Konzepte im Wandel
Für die Kunden zählen Individualität und Erlebnisfaktor
Der große Erfolg des eCommerce stellt nicht nur ein Problem für die kleinen Einzelhändler in den Innenstädten dar – auch Shoppingcenter-Betreiber müssen sich der Konkurrenz durch den Onlinehandel stellen und neue Anreize schaffen, damit die Kunden auch weiterhin kommen.Laut Dirk Hünerbein, Projektpartner beim Beratungsunternehmen Drees & Sommer, soll der eCommerce bis 2020 einen Anteil von 30 Prozent am gesamten deutschen Handel erreichen. Das bedeutet für den stationären Handel aber nicht nur sinkende Umsätze, vielmehr eröffnen sich für Händler, die konsequent auf Multichannel-Konzepte setzen auch diverse Einsparungsmöglichkeiten durch den sinkenden Flächenbedarf.
„Haben beispielsweise Elektronikfachhändler bis vor Kurzem große Flächen benötigt, können diese jetzt mehr und mehr reduziert werden – zum Beispiel wird für CDs und DVDs nicht mehr viel Platz reserviert, da diese Geschäfte verstärkt online ablaufen“, so Hünerbein. „Für Neubauten ist es zwingend erforderlich, die baulichen Gegebenheiten auf einen stetigen Wandel an Flächenbedarf auszurichten. In Bestandsgebäuden wurde dieses Thema lange Zeit stark vernachlässigt. Dies rächt sich heute, wenn sich der Bedarf der Mieter ändert. Die Umbaumaßnahmen sind sehr kostspielig, zudem würden Flächen während des Umbaus leer stehen – ein No-Go für ein Shoppingcenter.“
Die Kunden zieht es zurück in die Städte
Bis vor einiger Zeit galt es unter Demografen als gesichert, dass die Innenstädte immer mehr an Bevölkerung verlieren werden und immer mehr Menschen in die Randgebiete ziehen. Doch genau das Gegenteil ist eingetreten und aktuell ist eine „Reurbanisierung“ zu beobachten. Das ist natürlich ein Problem für Shoppingcenter „auf der grünen Wiese“, gleichzeitig aber eine Chance für innerstädtische Händler und Shoppingcenter. Denn ein eCommerce-Anteil von 30 Prozent bedeutet , dass auch 2020 immer noch 70 Prozent des Handels in Deutschland stationär ablaufen werden. Und das eben meist in der Innenstadt.Branchenreport mit Fokus auf den Kunden
Anfang Juli 2015 hat der Centerbetreiber ECE seinen ersten Marktreport vorgestellt. Dieser trägt den bezeichnenden Titel „Focus on the customer“ und dokumentiert den Wandel und die Herausforderungen in der Shoppingcenter-Branche. Um zu erfahren, was die Kunden heute wirklich von Shoppingcentern erwarten, haben ECE und Forsa im Rahmen des Reports im Mai 2015 eine repräsentative Befragung zum Thema Meinungen und Einstellungen zu Shoppingcentern durchgeführt. Das Ergebnis: 62 Prozent der Deutschen bevorzugen zum Einkaufen nach wie vor den innerstädtischen Einzelhandel, während Shoppingcenter mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz landen – immer noch knapp vor dem Onlinehandel mit 19 Prozent.
Kunden wollen einkaufen, shoppen und verweilenDie Ergebnisse der Umfrage machen auch die verschiedenen Funktionen deutlich, die Shoppingcenter aus Sicht der Kunden heute erfüllen können und sollen. Genau genommen müssen sie genau drei Dinge ermöglichen: Shoppen, Nahversorgung und Gastronomie. So erreichen sie die Kunden in jedem Fall, denn die Mehrzahl der vom ECE Befragten (70 Prozent) besucht ein Shoppingcenter ganz gezielt entweder zum Einkaufen, für alltägliche Erledigungen oder zum Essen. Dabei ist die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre durch das Center zu bummeln, für 61 Prozent der Befragten wichtig und ganze 85 Prozent können sich vorstellen, eines der gastronomischen Angebote zu nutzen.
Die Gastronomie wird im Center immer wichtiger
Für Besucher von Shoppingcentern ist es also nach wie vor wichtig, dass sie dort Erledigungen machen und ihre Konsumwünsche befriedigen können. Gleichzeitig rücken aber andere Aspekte wie Erlebnisqualität und emotionale Faktoren wie eine angenehme Atmosphäre stärker in den Vordergrund.
“Die Besucher erwarten mehr Service, Aufenthaltsqualität und Gastronomieangebote. Sie wollen mit ihren Bedürfnissen individuell angesprochen werden und wünschen sich Abwechslung durch immer neue Entertainment-Angebote. Jedoch nützt die beste Innovation nichts, wenn Kernbereiche wie die Wegeführung, das Parkhaus, die sanitären Anlagen oder die Aufenthaltsqualität nicht zur Zufriedenheit der Kunden sind“, meint auch Alexander Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung von ECE.
Jedes Shoppingcenter braucht ein individuelles Angebot
Das individuelle Angebot an jedem Standort ist gerade in Zeiten des immer erfolgreicheren Onlinehandels ein immens wichtiges Thema, das auch für den Erfolg eines Centers entscheidend ist. „Wir haben in unserem Shoppingcenter Palais Vest in Recklinghausen zum Beispiel versucht, genau die Händler anzusiedeln, die bisher noch nicht in der Stadt und der Region vertreten waren. Das heißt, es gibt hier keinen Kannibalisierungseffekt, sondern stattdessen einen Additionseffekt. Daher haben wir in diesem Center insgesamt 76 Händler, die bisher mit ihren Shops noch nicht in der Stadt vertreten waren“, erläutert Ulrich Wölfer vom Center-Betreiber mfi AG.„Heute muss man als Betreiber sehr individuell auf den Standort eingehen und darf dabei auch die Rahmenbedingungen wie die Käuferstruktur und die Wettbewerbssituation nicht außer Acht lassen. Ein Betreiber darf heute nicht mehr den Fehler machen, Shoppingcenter als isolierte Elemente in der Stadt zu platzieren, sondern muss auf eine möglichst starke Integration achten“, fasst Wölfer die aktuellen Herausforderungen zusammen.
Shoppingcenter müssen „individuelle Alleskönner“ sein
Klar ist also: Shoppingcenter müssen auch heute noch Geschäfte und Produkte für Nahversorgung und Shopping bieten, ähnlich wichtig ist für die Kunden aber eine allgemein hohe Aufenthaltsqualität mit ausreichend Verweil- und Ruhemöglichkeiten, einer übersichtlichen Besucherführung und angenehmer Atmosphäre. Das gastronomische Angebot wird dabei als Bestandteil des Erlebnisfaktors immer wichtiger und gehört zur Aufenthaltsqualität im ShoppingcCenter dazu.
Autor: Daniel Stöter, iXtenso.com
Themenkanäle: Beratung, Shoppingcenter