Bericht • 02.03.2010

Warenwirtschaft hat alle Daten im Griff – vom Lieferanten bis zur Kasse

Für große Filialisten ist das Warenwirtschaftssystem eine Selbstverständlichkeit. Sie feilen damit an der Verbesserung ihrer Logistik, passenden Sonderverkäufen und statistischer Auswertung. Kleinere Fachhändler tun sich schwer. Zu viel Aufwand, zu kompliziert und dann auch noch das Finanzamt... Doch auch für sie rechnet sich der verbesserte Überblick über den eigenen Warenbestand und die Finanzen.

Jedes Jahr untersucht das Europäische Handelsinstitut EHI kurz vor der EuroCIS die IT-Investitionen im Handel. Seit Jahren melden die Kölner, dass der Handel viel Geld in die Warenwirtschaft und die Kassenlandschaft investiert. Beides ist heute kaum noch zu trennen, ist doch die Kasse längst zu einem wichtigen Datenlieferanten geworden. Die Kasse ist die letzte Etappe der Ware auf dem Weg zum Verbraucher.

Warenwirtschaftssysteme – das sind komplexe Software-Projekte, die viele Funktionen erfüllen müssen. Ob sie von den Nutzern akzeptiert werden, hängt jedoch davon ab, wie gut sie zu bedienen sind, wie sie die tägliche Arbeit erleichtern. Dies beginnt bei der Einspeisung der Daten und reicht bis zur Aufbereitung. Was am Wareneingang erfasst, ins Lager gebracht, ins Regal gestellt und schließlich verkauft wird, das muss die Warenwirtschaft abbilden. Hierzu werden Paletten, Kisten und Artikel mehrfach gescannt. Das heißt: Die Scanner-Daten müssen ebenso problemlos ins Warenwirtschaftssystem integriert werden wie die Stammdaten, die von den Lieferanten eingespeist werden, was wiederum passende Schnittstellen voraussetzt. Die Kasse muss ebenso passen wie der Bürodrucker – dann stimmen die Daten auf dem Kassenbon und auf der Rechnung, die Mehrwertsteuer wird korrekt ausgewiesen.

Der Wert eines Kassen- und Warenwirtschaftssystems zeigt sich bei der Betriebsprüfung. Die Steuerprüfer haben einen Blick für Abrechnungsfehler, die den Händler dann teuer zu stehen kommen können. Insbesondere kleine Fachhändler scheuen nach Auskunft der Software-Anbieter mitunter die Anschaffung. Sie wüssten zwar schon gern, wie viel Ware „abhanden“ kommt, allerdings soll das Finanzamt auch nicht alles wissen.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Oracle und SAP sind die Großen im Markt der Warenwirtschaftssysteme (WWS), auch mit Retail-Versionen. Für den Handel gibt es außerdem mehrere Spezialanbieter. Gemeinsam allen, dass sie Standardlösungen offerieren, welche an vielen Stellen an die jeweiligen Anwenderbedürfnisse angepasst werden können. Kombiniert mit Business Intelligence, versuchen die Programmierer, die Vielzahl der anfallenden Daten mittels Business Intelligence für die Nutzer sinnvoll zusammenzufassen. Farbige Balken, Diagramme oder Regler zeigen auf einen Blick, ob sich die Werte im Normalbereich bewegen. Alarm wird ausgelöst, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Dennoch finden manche Handelsunternehmen auf dem Markt nicht, was sie suchen. Sie arbeiten wie die Rewe lieber an eigenen Programmen, teilweise kombiniert mit Komponenten von Standardlösungen.

Die Software-Anbieter schnüren Rundum-Sorglos-Pakete. Wer sich aber einmal dafür entscheidet, stellt die Weichen für lange Zeit, denn das Warenwirtschaftssystem greift tief in die internen Prozesse ein. Es lässt sich nicht so leicht wieder austauschen. Bei der Auswahl bieten neutrale Berater ihre Dienste an. Sie sind nicht an ein Produkt gebunden. Aber ihre Firma ist klein, die Kontinuität über Jahre ist nicht so sicher wie bei den großen Software-Häusern. Dennoch kam beim Brot-und-Brötchen-Filialisten Back-Factory ein Mittelständler mit seiner Warenwirtschafts-Software zum Zuge: Den großen Auftrag erhielt im Frühjahr 2009 der Mainzer ERP-Anbieter Godesys. Back-Factory ist ein Franchise-Unternehmen mit rund 120 Filialen in Deutschland.

Echtzeitdaten werden immer wichtiger

Das Warenwirtschaftssystem bildet nicht nur das Fachgeschäft oder die Filialen ab, es erfasst auch den Online-Shop. Daten in Echtzeit sind hier jedoch eine besondere Herausforderung, schließlich will der Internet-Shopper sofort wissen, ob ein Artikel verfügbar ist. Die Daten des Webshops müssen daher mit dem Warenwirtschaftssystem synchronisiert werden. Bislang muss hier noch viel von Hand gemacht werden. Die WWS-Anbieter arbeiten jedoch an integrierten Lösungen.

Problem: Alles muss unter einen Hut

Der Handel ist in Bewegung. Fusionen und Übernahmen machen Schlagzeilen. Als im vergangenen Jahr der Discounter Netto den Konkurrenten Plus übernahm, mussten nicht nur die Filialen „umgeflaggt“ werden, wie man in der Branche sagt. Die Sortimente wurden vereinheitlicht – und im Hintergrund auch die Warenwirtschaft.

Schwieriger ist eine einheitliche IT-Landschaft für die Verbundgruppen und Genossenschaften. Sie müssen erst die Mitglieder von den Vorzügen überzeugen. So war es ein Kraftakt, als Electronic Partner im vergangen Jahr die Warenwirtschaft „SAP Retail“ gleichzeitig in fünf Ländern einführte. Edeka hat nicht so viel Erfolg. Deren selbständige Kaufleute entwickeln oft einen starken Eigensinn. Beispiel Buchbauer: Der Edekaner, der in Niederbayern rund um Passau immerhin 31 Filialen betreibt, hat sich für das Warenwirtschaftssystem von Maxess entschieden und ersetzt damit „Ebus“ von Edeka Südbayern. Er glaubt, damit seine Standorte besser steuern zu können. Eine besondere Herausforderung ist die Versorgung der Buchbauer-Zentrale mit Stammdaten der Artikel, Lieferanten und Aktionen durch die Zentrale der Edeka Südbayern, welche beibehalten werden soll.

Selbständige Händler, die über ihre Zentrale mit der einheitlichen WWS-Software ausgestattet werden, machen sich zum gläsernen Händler – von den Absatzzahlen bis zur Preisgestaltung. Andererseits werden so die automatischen Bestellungen vereinfacht und die Systemadministration muss man nicht selbst erledigen. Einzelhändler in Familienhand tun sich schwerer. Sie sind keine IT-Experten, müssen sich also externen Sachverstand ins Haus holen.

Mobile Terminals melden Regallücken

Die Warenwirtschaft ist längst keine Angelegenheit mehr fürs Back-Office – fürs Filialbüro oder die Handelszentrale. Im Januar meldete der Mobilterminal-Hersteller Höft & Wessel einen Großauftrag von Netto über 1000 mobile Datenerfassungsgeräte „Skeye Allegro“. Die Hand-Computer sind mit WLAN-Zugriff auf das Aldata-Warenwirtschaftssystem ausgestattet. Im vergangenen Jahr stattete Kaiser's seine 700 Filialen mit 1500 MDE-Geräten von Nordic ID aus. Auch hier war entscheidend, dass die Geräte vom Typ „PL3000“ drahtlos mit dem WWS kommunizieren können.

Mit den Terminals erfasst das Verkaufspersonal direkt „auf der Fläche“ den Warenbestand und kann sofort nachbestellen. Dann hängt es von der Logistikkette ab, dass keine Regallücken entstehen. Umfragen zeigen: Die Kunden sind anspruchsvoll. Sie wollen ihr Produkt im Laden vorfinden. Ist es nicht da, warten sie nicht, sondern kaufen höchstwahrscheinlich woanders. Daher sucht der Handel nach Prognosen, welche vor drohenden Regallücken warnen.

Der Warenwirtschaftsspezialist Aldata baut gerade für die Software „Apollo“ eine neue Geschäftseinheit mit neuem DACH-Verkaufsleiter auf. „Apollo“ soll die Regalnutzung mit Planogrammen und Prognosen optimieren. Wettbewerber Superdata ergänzt seine Warenwirtschafts-Software „Dewas“ mit dem Modul „Umsatz-Checker“ zum Verhindern von Out-of-Stocks. Das Programm vergleicht Prognose und Verkauf und zeigt drohende Regallücken an.

WWS auf der EuroCIS

Auf der EuroCIS werden sich alle Software-Firmen präsentieren, die für den Handel wichtig sind – die Großen ebenso wie die kleinen Spezialisten. Warenwirtschaft wird aber auch an vielen anderen Messeständen ein Thema sein. Denn Daten fallen auch bei elektronischen Waagen, Leergutautomaten oder Kassen an. Elektronische Preisschilder oder Werbedisplays – Digigital Signage – greifen auf die Warendaten zu.


René Schellbach
EuroCIS.com

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22761 Hamburg
Deutschland

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