Ladenbau – das sind längst nicht mehr nur Regale, Theken und Kassen. Für Silvio Kirchmair, CEO von umdasch The Store Makers, ist es eine Bühne, auf der sich der stationäre Einzelhandel – vor allem digital – zeigen kann und muss, denn der Konkurrent Onlineshop schläft nicht.
Für das optimale Ladenlokal setzt er auf lange Planung und kurze Montage.
Ausgehend von Ihrer Erfahrung bei aktuellen Projekten, welche großen Gestaltungstrends sehen Sie zurzeit im Ladenbau, Herr Kirchmair?
Silvio Kirchmair: Immer mehr Läden werden zu Concept-Stores und vermitteln durch extravagante Konzepte und Möbel einen zum Angebot passenden Lifestyle. Im Lebensmitteleinzelhandel geht der Trend nach wie vor zur Inszenierung im Marktplatz-Flair. Wir realisieren vermehrt Erlebniswelten statt gewöhnlichen Handelsflächen.
Es wird grundsätzlich immer mehr in die Stärken des stationären Handels investiert, um sich vom Onlinehandel abzugrenzen, das sind Erlebnis und Beratung. Die Zeit für das intensive Kundengespräch wird erweitert, Mitarbeiter werden zu Markenbotschaftern. Der Ladenbau muss eine Bühne bieten und Möglichkeiten schaffen, etwa durch digitale Elemente. So zum Beispiel kreiert elektronische Preisauszeichnung durch Prozessvereinfachung Kapazitäten, die Mitarbeiter können sich mehr den Kunden widmen und das Einkaufen persönlich gestalten.
Jedenfalls müssen sich Geschäfte regelmäßig neu erfinden, eine Folge sind sich stetig verkürzende Renovierungszyklen. Flexible und modulare Ladenbaulösungen können hier langfristig Investitionen optimieren.
Wie entsteht aus einer Kundenanfrage ein neues Ladenlokal? Wie begleiten Sie den Kunden im Entwicklungsprozess?
Am Anfang der gut abgestimmten Umgestaltung eines Geschäfts steht eine intensive Planungsphase. Nur mit einer konstanten Strategie wird ein Projekt auch erfolgreich. Zu klären sind die Fragen nach der Zielgruppe, der Sortimentspolitik und der Möglichkeit kombinierter Angebote (also etwa Gastronomie in Verbindung mit Handel).
Die klassische Entwicklung des Storekonzeptes, samt Raum- und Möbeldesign, die Umsetzung von Corporate-Identitiy sowie Visual Merchandising und der Einsatz digitaler Elemente stehen erst am Ende dieses Prozesses.
Es ist ein langer Weg, der aber letztendlich zum Ziel führt. Und diesen Weg gehen wir stets Seite an Seite mit unseren Kunden. Die Montage bewerkstelligen wir dann in kurzer Zeit – der größte Teil des Engagements fließt in die optimale Planung und in das Projektmanagement.
Ganz aktuell haben Sie mit dem Unternehmenskauf des deutschen Digital Signage-Anbieters Gundlach Seen Media Ihr Portfolio erweitert. Welche Kompetenzerweiterung versprechen Sie sich davon?
Mit umdasch Seen Media erweitern wir unsere Digital Signage-Kompetenzen. In der schnelllebigen Welt der Digitalisierung muss man sich laufend entwickeln und wachsen, um am Ball zu bleiben. Mit dem Verkauf von Hardware allein kann kein Unternehmen in diesem Markt überleben. Die Dienstleistungen bestehend aus Programmierung von technischen Nahtstellen und Präsentationsinhalten, gepaart mit mehrjährigen Service- und Wartungsverträgen, sind für den wirtschaftlichen Erfolg eines Anbieters von digitalen Lösungen entscheidend. Vereinfacht gesagt, haben wir umdasch Seen Media deshalb gekauft.
Nicht zuletzt konnten wir Wissen, Talent und neue Kunden auf diesem Weg gewinnen, das ist in Zeiten, in denen wir alle um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ringen, auch nicht zu verachten. Wir gehören im Marktsegment „Digital Retail“ jetzt zu den drei größten Anbietern Europas und konnten uns so einen Vorsprung verschaffen.
Welche besondere Entwicklung beobachten Sie im internationalen Ladenbau-Markt?
Weltweit zeigen sich unterschiedliche Tendenzen. Global werden an die 20.000 Milliarden US-Dollar im Einzelhandel umgesetzt. Gut ein Zehntel davon online. Das Wachstum der Umsätze entfällt zum überwiegenden Teil auf das Onlinegeschäft, allerdings legt auch der stationäre Einzelhandel global nach wie vor zu.
Etwas anders präsentiert sich das Bild in Europa. Bei einem Gesamtumsatz von rund 3.000 Milliarden Euro im Einzelhandel entfallen knapp 400 Milliarden Euro auf den Onlinemarkt. Während der Zugewinn stationär nur mehr ein halbes Prozent beträgt, wächst das Onlinevolumen deutlich zweistellig. Global legen die Verkaufsflächen weltweit noch jährlich etwa zwei Prozent zu, in Europa gehen sie bereits zurück.
Hier steht folglich die Optimierung bestehender Flächen im Zentrum des Interesses, weltweit sehen wir noch Expansionen. Nach Branchen betrachtet, zeigt die Flächenentwicklung bei Luxusgütern, im Lebensmittelsegment, in der Systemgastronomie und im Bereich Haushaltswaren nach oben, während Mode, Banken und Buch, Papier, Musik eine klare rückläufige Tendenz aufweisen.
Für uns als europäischen Ladenbauer bedeutet das, Flächen in Richtung Produktivität zu verbessern. Der sinkenden Besucherfrequenz soll durch eine verlängerte Aufenthaltsdauer entgegengewirkt werden. Kleinere Formate für Innenstadtlagen werden entwickelt, der Anteil an Shop-in-Shop und Pop-Up-Flächen nimmt ebenso zu, wie erlebnisverstärkende Storekonzepte oder Flächennutzungen, die der Prozessoptimierung (Stichwort „Click & Collect“) dienen.
Für alle Anwendungen gilt eine starke Zunahme von digitalen Elementen.
Sie haben kürzlich in Dubai eine neue Niederlassung eröffnet. Was sind die weiteren Zukunftspläne für umdasch?
Wir wollen unsere Präsenz im Mittleren Osten verstärken. Der Markt entwickelt sich dort weiterhin dynamisch, insbesondere was Saudi-Arabien betrifft. Zudem betreuen wir den weltweiten Duty-free-Markt aus Dubai. Wir zählen in dieser Nische zu den bedeutendsten Anbietern der Welt. Mit einer eigenen Entwicklungseinheit arbeiten wir an innovativen Konzepten für den Duty-free-Sektor. Dazu zählen Flughäfen genauso wie Kreuzfahrtschiffe. Aktuell sind auch Shoppingzentren noch immer ein großes Thema im Mittleren Osten. Neben dem Luxussegment möchten wir hier auch kleineren und mittelgroßen Händlern eine Bühne bieten.