Vom Transport- zum Informationsträger: intelligente Verpackungen für die Handelslogistik
"Die größte Herausforderung für die Verpackung ist ihre Integration in die Supply Chain"
Herkömmliche Verpackungen erfüllen viele Anforderungen – intelligente Verpackungen können noch mehr. Sie denken mit und geben Auskunft über den Zustand, Ort und Zeit der transportierten Ware. Möglich machen es Sensoren, die sich auf oder in der Tertiärverpackung befinden. Im Interview mit iXtenso gibt Dr. Volker Lange, Leiter der Abteilung Verpackungs- und Handelslogistik des Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, einen Einblick in die Zukunft der Verpackungslogistik.
Herr Dr. Lange, worauf kommt es bei Packstoffen und Packmitteln an, um diese effizient und nachhaltig zu gestalten?
Im Einzelhandel schließt die Optimierung der Verpackungen den Verpackungseinsatz und -verbrauch ein. Es wird darauf geachtet, dass beispielsweise Überverpackungen vermieden werden. Die Verringerung des Verpackungsmaterialeinsatzes steht hier im Fokus. Auf der anderen Seite geht es darum, modulare Verpackungsgrößen einzusetzen, um den Platz, sowohl auf der Palette, als auch letztendlich im Regal, optimal zu nutzen. Reduktion entspricht dem ökologisch sinnvollen Umgang mit Ressourcen.
Ein weiterer Punkt im Rahmen der Nachhaltigkeit sind Verpackungsmaterialen und Packstoffe. Aktuell wird viel im Bereich biobasierter Materialien geforscht, um zu schauen, wie andere nachhaltige Packstoffe in die Handelslogistik eingebracht werden können. Das ist allerdings nicht der Fokus der Logistik, sondern der Verpackungsindustrie.
Für die Logistik selbst ist es wichtig, dass Verpackungen ihre Aufgabe effizient erfüllen. Das heißt, dass die Produkte zu den Verpackungen und die Verpackungen gleichzeitig zu den Ladungsträgern passen, damit sie optimal transportiert, gelagert und umgeschlagen werden können. Die Integration der Verpackungen im Rahmen der kompletten Supply Chain – das ist die große Herausforderung der Logistik.
Die GS 1 Germany hat ein Projekt angestoßen, das Mehrweg-Transportverpackungen unternehmensübergreifend und standardisiert für die Handelsbelieferung nutzt. Was sind die Vorteile eines einheitlichen Systems?
Der Einsatz von Mehrwegbehältern soll dazu beitragen, die Kartonage im Rahmen der Umverpackung und Verteilung von Waren zu reduzieren. Umpackprozesse im Zentrallager sollen möglichst vermieden werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass einheitliche Behälter von mehreren Partnern, in diesem Fall den Herstellern und Händlern, genutzt werden können. Über den Austausch wird die Gesamtmenge der Behälter reduziert. Gleichzeitig werden, wenn die Mehrwegbehälter durchgehend in der logistischen Kette eingesetzt werden, einzelne Prozessschritte vermieden.
Einheitliche und standardisierte Mehrwegverpackungen haben darüber hinaus den Vorteil, dass die Paletten optimal gepackt werden können. Durch die erhöhte Stabilität und die modular einsetzbaren Behälter kann die Palette bis oben hin gefüllt werden. Die Auslastung ist damit meistens größer als im Einwegbereich. Hier begrenzt die Heterogenität der Verpackungen sowohl die Höhe als auch die Stabilität. Im Rahmen des Projektes konnte damit – nach Aussage der Beteiligten – die Anzahl der transportierten Paletten reduziert werden.
Inwieweit trägt die digitale Transformation aktuell dazu bei, die Verpackungslogistik zu optimieren?
Die digitale Transformation hat ein großes Potenzial für die Handelslogistik. Daten sind dazu der entscheidende Schlüssel. Beispielsweise für die Verbesserung der Planungsmethoden: Hier geht es insbesondere um das Thema „Dimensionierung“. Das heißt, mit den genauen Daten der Produkte, der Verkaufs- und Transportverpackungen, sind Logistiker in der Lage, den kompletten logistischen Prozess mithilfe einer intelligenten Software zu dimensionieren. So kann beispielsweise der Auslastungsgrad der Ladungsträger optimiert werden. Transporte werden optimal ausgeschöpft, Lager besser gefüllt und gleichzeitig der Planungsprozess minimiert. Die gesamte Logistik kann deutlich besser gesteuert werden.
Welche Bereiche sollten zukünftig noch stärker digitalisiert werden?
Die digitale Transformation hat zum Ziel, die Transparenz und Vernetzung zu erhöhen. Intelligente Verpackungen können hier einen elementaren Beitrag leisten. Die Transportverpackung erfüllt dann nicht mehr nur die klassischen Funktionen zum Schutz, Transportieren oder Lagern, sondern liefert gleichzeitig wichtige Informationen. Sensoren sammeln Daten aus der Umgebung, die den Zustand der Ware beschreiben. Sie erfassen, an welchen Stellen Druck auf die Verpackung ausgeübt wurde oder welchem Grad der Erschütterung ein Paket ausgesetzt war. Auch der Temperaturverlauf oder die Luftfeuchtigkeit können erfasst werden, um festzuhalten, ob die Kühlkette auch permanent eingehalten wurde. Das ist dann umso effizienter, wenn es sich um Mehrwegverpackungen handelt. Das Thema Lokalisierung ist ein weiterer Punkt, der durch die digitale Transformation vorangetrieben wird. Denn werden die Verpackungen darüber hinaus mit Auto-ID und RFID-Lösungen ausgestattet, können sie auch Auskunft über ihren Standort und ihren Lieferweg geben.
Wie wird die Verpackungslogistik im Jahr 2030 aussehen?
Meine persönliche Vision ist, die Verpackungen und Ladungsträger eindeutig voneinander unterscheiden zu können. Wir nennen das Serialisierung. Das heißt, wenn einzelne Paletten voneinander unterschieden werden können, steigt dadurch die Menge an Informationen. Kennzahlen wie Umschlagsgeschwindigkeiten, Standzeiten, Beschädigung, Qualitätsverluste und Warenschwund können so transparent gemacht werden. Intelligente Verpackungen und Ladungsträger tragen dann maßgeblich dazu bei, die komplette Supply Chain transparenter, effizienter und echtzeitnah zu steuern.
Themenkanäle: Digitalisierung, Logistik, Supply-Chain-Management, Verpackungen, Verpackungstechnik