Kunden schätzen guten Service mehr als tolle Produkte oder günstige Preise. Mit Unternehmen treten sie vor allem per E-Mail, Telefon oder am Verkaufsort in Kontakt. Dies zeigt eine Studie de ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Kooperation mit dem Dienstleistungsunternehmen PIDAS. Aus Sicht der Unternehmen gewinnen digitale Kontaktkanäle wie Live-Chats künftig klar an Bedeutung. Viele Kunden sind jedoch gegenüber nicht-menschlichen Kommunikationspartnern wie Chatbots skeptisch eingestellt.
Mehr als 3500 Konsumentinnen und Konsumenten sowie 100 Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Unternehmen und Branchen haben an der Umfrage teilgenommen.
Telefon am häufigsten – E-Mail am beliebtesten
Die häufigsten Kanäle, um mit einem Unternehmen oder einer öffentlichen Stelle in Kontakt zu treten, sind nach wie vor Telefon (50 Prozent), E-Mail (21 Prozent) oder die persönliche Begegnung am Verkaufsort (17 Prozent). Dies, obwohl die befragten Kundinnen und Kunden angeben, E-Mail von allen möglichen Kontaktkanälen zu bevorzugen. "Wenn dieser Kontaktkanal prominenter platziert würde, könnte das für Kunden durchaus einen Mehrwert bieten und zu einer Verbesserung des Serviceerlebnisses beitragen", sagt Studienleiter Kurt Ackermann vom Institut für Marketing Management der ZHAW School of Management and Law. "Aus Sicht der Unternehmen gewinnen digitale Medien wie etwa Live-Chats, Videotelefonie oder Messaging Services als Kontaktkanäle in Zukunft klar an Bedeutung." Für Unternehmen gelte es, die Mehrwerte dieser neuen Kanäle verständlich zu kommunizieren und dieses Versprechen mit einem angenehmen Serviceerlebnis einzulösen.
Akzeptanz digitaler Kommunikationspartner
Viele Kundinnen und Kunden sind jedoch nicht-menschlichen Kommunikationspartnern gegenüber noch sehr skeptisch eingestellt. Nur 40 Prozent der Befragten können sich vorstellen, mit digitalen Partnern wie Chatbots oder Voice-Robots zu interagieren (davon 7,6 Prozent ja und 31,8 Prozent vielleicht). Die Akzeptanz dafür ist vor allem dann hoch, wenn auch die Kontaktaufnahme über einen digitalen Kanal erfolgt und es um ein Anliegen geht, das einfach gelöst werden kann. "In Bezug auf Robotics im Kundenservice sollten zuerst Kanäle wie E-Mail, Chat und Messenger automatisiert werden, bevor komplexe und kostenintensive Sprachportale und Voice-Roboter angeboten werden", sagt Frédéric Monard, CEO von PIDAS. "Roboter werden größtenteils darum nicht akzeptiert, weil sie komplexere emotionale Bedürfnisse bisher nicht berücksichtigen können."
Gerade die emotionale Komponente spielt aber eine zentrale Rolle bei der Kundenbindung. Lediglich 21 Prozent der Befragten sind von einem Unternehmen begeistert oder können sich besonders mit ihm identifizieren. Kunden, die sich als Fans eines Unternehmens bezeichnen, tun dies in erster Linie aufgrund des Kundenservice (61 Prozent), noch vor den Produkten und Dienstleistungen (56 Prozent). Der Preis hingegen spielt eine untergeordnete Rolle (23 Prozent). Unternehmen überschätzen ihre Fanquote zum Teil massiv. "Sowohl die befragten Unternehmen wie auch Personen, welche sich noch nicht als Fan eines Unternehmens bezeichnen, glauben, dass es vor allem tolle Produkte und Dienstleistungen sind, welche Kunden zu Fans machen", sagt Ackermann. "Tatsächlich scheint aber ein guter Kundenservice der ausschlaggebende Grund dafür zu sein, warum aus Kunden Fans werden."
In Deutschland haben Amazon, Apple und die Deutsche Telekom die meisten Fans unter den Befragten. In Österreich sind es Amazon, Red Bull und die Raiffeisen Bank. Internationale Unternehmen spielen in Deutschland und Österreich dabei eine größere Rolle als in der Schweiz, wo ausschließlich nationale Unternehmen die drei ersten Plätze belegen. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Fanquote ist der Net Promoter Score (NPS), ein Index für die Weiterempfehlung von Unternehmen. In Deutschland erzielt die Versicherungsbranche den höchsten NPS (+27), gefolgt von der Gesundheitsbranche (+23) sowie den Banken (+20). Das Schlusslicht bildet die Telekommunikationsbranche (+5), wohl aufgrund der starken Preisfokussierung.
Digitalisierung ist Chefsache
Monard ist überzeugt, dass die konsequente Digitalisierung im Kun-denservice große Chancen eröffnet: "Unternehmen, welche ihr Servicemodell mit dem richtigen Kundenfokus adaptieren und dabei neuste Technologien intelligent einsetzen, werden ausgezeichnete Kundenerlebnisse erbringen und sich gleichzeitig signifikante Effizienzvorteile verschaffen." Diese Transformation gibt es für Monard aber nicht umsonst: "Eine nachhaltige Digitalisierung im Kundenservice ist anspruchsvoll, verlangt Leadership und erfordert klare Prioritäten, die sich am Kundennutzen orientieren und auch große Kosten-blöcke adressieren."
Für knapp 40 Prozent der befragten Unternehmensvertreter ist das obere Management für das Vorantreiben der digitalen Transformation verantwortlich. Trotzdem ist die Zuständigkeit in jedem fünften befragten Unternehmen nicht klar geregelt. Die größten Herausforderungen sehen Unternehmen in der Vereinbarkeit von Automatisierung und persönlicher Kundenbetreuung, in der Kompatibilität verschiedener technischer Systeme, im Aufbau von entsprechendem Know-how seitens der Mitarbeitenden sowie in der zunehmenden Geschwindigkeit und Komplexität der Entwicklungen in diesem Bereich.