Es gibt kaum noch völlig unabhängige Fernsehfachgeschäfte. EP, Expert und Euronics bündeln als Verbundgruppen die Kräfte gegen die Riesen Media Markt/Saturn und ProMarkt. Gleichzeitig bedroht das Internet viele inhabergeführte Geschäfte. Multi-Channel-Marketing ist für Einzelkämpfer kaum zu schaffen. Gemeinsam sind sie stärker, doch wie bekommen sie kleine und große Fachhändler unter einen Hut? Darüber sprach iXtenso mit Benedict Kober von Euronics, der größten europäischen Genossenschaft für den Handel mit Unterhaltungselektronik.
Wo steht Euronics in Deutschland und Europa?
Als größte Genossenschaft im Markt für Consumer Electronics verfolgt Euronics einen klaren Förderauftrag, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Fachhändler nachhaltig zu stärken. Wir haben rund 1.700 Mitglieder an über 1.900 Standorten mit mehr als 12.000 Mitarbeitern. Das gelingt uns mit einem umfassenden, auf die konkreten Bedürfnisse der Händler abgestimmten Dienstleistungsportfolio – von der klassischen Werbung, über betriebswirtschaftliche Beratung bis hin zu Qualifizierungsmaßnahmen und IT-Dienstleistungen. Euronics-Mitglieder jeder Größe profitieren von der klaren Positionierung der Marke Euronics mit dem Claim „best of electronics!“. Verbraucher bringen uns mit besten Produkten, Beratungskompetenz, Servicequalität und herausragender Kundennähe in Verbindung.
Größen- und damit Wettbewerbsvorteile hat Euronics auch im europäischen Kontext. Unsere Verbundgruppe ist unter dem Dach des Einkaufs- und Marketingverbunds Euronics International mehr als 11.000 Mal in Europa vertreten. Als einziger Marktteilnehmer in Europa erreichen wir damit über 600 Millionen. Verbraucher. Größe und Verbrauchernähe schaffen Vertrauen und Sicherheit bei den Konsumenten – unsere Mitglieder wiederum profitieren von den hervorragenden Einkaufskonditionen der größten europäischen Verbundgruppe für Consumer Electronics.
Frisst „das Internet“ dem stationären Handel immer mehr Marktanteile weg?
Natürlich beobachten wir permanent die Anstrengungen aller Marktteilnehmer im Bereich der Internet-Vermarktung. Euronics hat jedoch beste Voraussetzungen geschaffen, um sich im Internetgeschäft auch in Zukunft zu behaupten. Wir setzen konsequent auf eine Multi-Channel-Strategie und bauen unseren Internetauftritt dabei kontinuierlich aus. Käufe über den Internetshop werden dabei dem stationären Euronics-Fachhandel zugeführt. Das heißt: Ein Kunde kauft zwar online, die Ware wird aber stets von einem Euronics-Mitglied in seiner Nähe verschickt oder wahlweise zur Abholung bereit gestellt. Über verlinkte, individuelle Händlerseiten präsentieren sich unsere Mitglieder dabei mit ihren jeweiligen spezifischen Kernkompetenzen, Sortimenten und Zusatzleistungen. Unsere Vermittlungsportale www.euronics.de und www.euronics-xxl.de sind dabei zu gern besuchten Adressen mit über 1,5 Millionen Zugriffen pro Monat geworden.
Euronics schreibt Beratung im Fachgeschäft noch immer groß. Spricht das vor allem die ältere Zielgruppe an, die hochwertige Produkte mit besseren Margen kauft?
Der Beratungsbedarf ist hoch – und dabei keine Frage des Alters. Angesichts der vielen Innovationen in unserer Branche und kurzen Produktlebenszyklen fällt es Verbrauchern nicht leicht, den Überblick zu behalten. Der Euronics-Fachhandel steht deshalb 2012 vor einigen Herausforderungen. „Klasse statt Masse“ lautet unser Credo beim Warenangebot. Fachhändler sind gefragt, die sich kontinuierlich mit Beratungskompetenz und starken Serviceleistungen empfehlen und ihren Kunden vor Ort eine erstklassige Vorführung bieten. Eine langfristige Kundenbindung und Verbrauchervertrauen erntet, wer Konsumenten auf Augenhöhe begegnet und sich auf einen kundennahen Dialog einlässt. Das kann keiner besser als der beratende Fachhandel.
Euronics rechnet auch 2012 fest mit dem mündigen Konsumenten und setzt auf Empfehlungen mit Mehrwert, nicht auf blinde Rabattversprechen. Die Mär, dass das Billigste auch das Beste ist, glaubt ohnehin keiner mehr. Leere Marketing-Versprechen und Worthülsen sind ein Bumerang, egal ob bei der älteren oder jüngeren Zielgruppe.
Wie bekommt man Web-Nutzer zur Fachberatung in den Laden?
Auch wenn andere so tun: Verbraucher sind nicht blöd. An einer persönlichen Beratung und kompetenten Vorführungen führt kein Weg vorbei. Händler, die ihre Beratungskompetenz durch eine gelungene Technikvorführung unterstreichen können, sichern sich so Wettbewerbsvorteile. Genau aus diesem Grund sind wir mit unserer Multi-Channel-Strategie erfolgreich.
Sie müssen kleine Fachhändler auf dem Land und Betreiber großer Flächen unter einen Hut bringen. Wie wirkt sich das auf Ihre Online-Aktivitäten aus?
Unsere Multi-Channel-Strategie greift für jeden Euronics-Betriebstyp. Mitglieder jeder Größe nehmen unsere umfassende Unterstützung bei der Vermarktung in Anspruch – im Netz wie auch stationär. Mit dem Fachmarktkonzept Euronics XXL haben wir beispielsweise für unsere Fachmarktbetreiber beste Voraussetzungen geschaffen, um sich im weiterhin stark umkämpften CE-Markt auch gegenüber der Großfläche zu behaupten.
Gut aufgestellt sind kleinere und mittlere Händler bei Euronics, die wir auf Basis dezidierter Betriebstypenkonzepte betreuen. Für Fachhändler, die sich spezialisieren möchten, hat unser Betriebstypenmanagement zudem maßgeschneiderte Lösungen parat. Beispielsweise media@home, ein in der Branche einzigartiges Konzept, das mittelständische Fachhändler in die Lage versetzt, sich auf hochwertigste Produkte der Unterhaltungselektronik zu spezialisieren und dabei Kernkompetenzen wie Markenqualität und Beratung zu stärken.
Für Spezialisten im Bereich Telekommunikation bieten wir mit „Euronics mobile“ ein maßgeschneidertes Konzept an, das in der wettbewerbsintensiven Telekommunikations-Branche neue Vermarktungsmöglichkeiten bietet.
Wie viele Händler nutzen Ihr Angebot für einen Online-Auftritt aus einem Guss? Warum sind es nicht alle?
Im Rahmen unseres Multi-Channel-Marketings setzen wir auf einen einheitlichen Markenauftritt, wollen unseren Mitgliedern gleichzeitig aber ihre unternehmerische Freiheit lassen. Das ist die Stärke einer Genossenschaft. Die Leistungen unseres Bereiches E-Commerce sind vielfältig: Neben dem Management unserer zentralen Vermittlungsportale richtete die Abteilung im zurückliegenden Jahr beispielsweise spezielle Landing-Pages für Euronics XXL, aber auch individuelle Händlerauftritte ein. Komplett relauncht wurde www.mediaathome.de sowie alle individuellen Internetauftritte der media@home-Händler. Ausgebaut wurde in diesem Zusammenhang unter anderem auch unser E-Mail-Marketing über so genannte Trendletter, womit zentral gesteuerte Kampagnen und Werbeaktionen künftig online und mobil einsehbar sind. Realisiert wurde zudem die Integration aller Markenumsetzer in die Google-Maps-Suche, die Integration des Endkundenbewertungssystems ekomi sowie einiger neuer Markenshops unter www.euronics.de. Darüber hinaus startete ein erster YouTube-Channel über den künftig beispielsweise alle TV-Spots verfügbar sein werden.
Wie ist Ihre Preispolitik im Online-Shop?
Das Web-Shop-Konzept orientiert sich an aktuellen Marktpreisen. Dabei stellen wir online ein Kernsortiment von 1.500 bis 2.000 Artikeln zu bundesweit einheitlichen Preisen zur Verfügung, der Händler kann aber jederzeit individuelle Artikel ergänzen. Die Online-Bestellung kann selbstverständlich ohne Versandkosten im Laden abgeholt werden.
Und wie verhindert man, dass Interessenten sich ausführlich beraten lassen, um dann woanders billig zu kaufen?
Dass eine Beratung in Anspruch genommen, dann aber nicht honoriert wird, ist bei Euronics zum Glück eine Ausnahme. Die Kundenzufriedenheit ist hoch, das belegen unsere Analysen. Verhindern können wir ein solches Kundenverhalten allerdings letztendlich nicht.
Wie offen sind Ihre Mitglieder für Aktivitäten der Zentrale auf Facebook oder Twitter? Können Händler hier auch selbst Inhalte einstellen?
In der aktuellen Ausgabe unseres Mitgliedermagazins thematisieren wir die Frage, inwiefern unsere Fachhändler heute bereits in der Rolle von „Community-Managern“ stehen. Unsere Aufgabe als Zentrale ist es, für unsere Händler gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Vermarktung im Netz und – sofern entsprechende Kapazitäten geschaffen werden – ein erfolgreiches Social Media-Engagement zu schaffen. Dabei möchten wir adäquate Kanäle und Instrumente aufzeigen, die gut mit dem individuellen Händleralltag vereinbar sind. Facebook, Twitter & Co. leben von einer authentischen Partizipation, nicht von Werbebotschaften oder der PR unserer Zentrale. Auf diesen Kanälen gehen wir mit gutem Beispiel voran und setzen Impulse. Mit neuen Coaching-Konzepten stärken wir 2012 allerdings genauso die Servicequalitäten von Mitarbeitern im Verkauf – mit Schwerpunkt auf den Umgang mit zunehmend besser informierten Verbrauchern sowie dem Thema Multi-Channel.
Müssen Sie jetzt auch mobiles Shopping anbieten?
Der konsequente Ausbau unserer Multi-Channel-Strategie beinhaltet auch das Angebot von M-Commerce. Die zur IFA 2011 gelaunchte Euronics App wird daher 2012 um eine M-Commerce-Funktion erweitert. Damit wird es Endverbrauchern ermöglicht, auch mobil zu bestellen. Aus unserer Sicht wird die Bedeutung der sogenannten „location-based services“ stark zunehmen, hierzu entwickeln wir derzeit ein geeignetes Konzept für die Euronics-Mitglieder.
Beim Home-Entertainment verschmelzen die Grenzen zwischen Web, TV und Radio. Ist das eine Nische nur für Freaks?
Smart TV – das interaktive Fernsehen, aber auch 3D, Tablets, Ultrabooks oder das Thema Medienvernetzung ohne Grenzen und energieeffiziente Großgeräte sind die Zukunft für den Fachhandel. Mit Nischenprodukten oder speziellen Zielgruppen haben diese Trends nichts zu tun. Mittelfristig wird sich der Handel auf ein vollkommen neues Verbraucherverhalten einstellen müssen. Aus passiven TV-Konsumenten werden aktive Entdecker.
Interview: René Schellbach, iXtenso.com