Nicht nur das Einkaufsverhalten von Kunden ändert sich im Zeitalter der Digitalisierung ständig, auch das Angebot von Global Playern wie Amazon, eBay und Co. verbessert und erweitert sich kontinuierlich. Stationäre Einzelhändler stehen somit vor immer größeren und neuen Herausforderungen, um erfolgreich am (nicht nur) digitalen Handel zu partizipieren.
Vor diesem Hintergrund wird häufig und intensiv darüber diskutiert, inwieweit lokale Initiativen die Digitalisierung des Handels erfolgreich unterstützen können. Dieser Fragestellung hat sich das Team von ibi research an der Universität Regensburg angenommen und in einer umfassenden Studie im Rahmen des Projektes „E-Commerce-Leitfaden“ sowohl stationäre Händler als auch E-Commerce-Experten befragt.
Die fortschreitende Digitalisierung bietet zwar enorme Potentiale, stellt aber gleichzeitig eine große Herausforderung für den stationären Einzelhandel dar. Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet damit, dass zwischen 2015 und 2020 rund 50.000 Läden und Filialen vom Markt verschwinden werden. Diese Problematik wird in letzter Zeit häufig von Städten und kommunalen oder regionalen Verbänden aufgegriffen, die zunehmendem Leerstand entgegenwirken, den lokalen stationären Einzelhandel unterstützen und die Attraktivität ihrer Innenstädte sichern wollen.
Kommunen und Einzelhändler im Kampf gegen Online-Riesen
Lokale Initiativen gelten dabei oft als Hoffnungsträger. Als Träger und Treiber dieser Initiativen treten nicht nur Kommunen, Wirtschaftsförderungen oder Gewerbevereine auf, sondern in vielen Fällen auch Dienstleister und Anbieter, die in den letzten Jahren verstärkt neue Lösungen hierfür auf den Markt gebracht haben.
Die Ergebnisse der Studie von ibi research zeigen, dass bereits jeder dritte Händler eine lokale Initiative in seiner Region kennt. Aktuell stellen diese Initiativen hauptsächlich eine Informationsplattform dar, auf der die Händler für Kunden Informationen (z. B. Öffnungszeiten) bereitstellen. 76 Prozent der stationären Einzelhändler, die sich für eine Initiative interessieren, erhoffen sich durch die Teilnahme daran eine Umsatzsteigerung. Allerdings meinen nur 44 Prozent der befragten Händler, die bereits an einer Initiative teilnehmen, dass sie tatsächlich Umsatzsteigerungen verzeichnen. „Dafür war die Steigerung des Bekanntheitsgrades bei den meisten Händlern größer als erwartet. Diejenigen, die nicht an einer Initiative teilnehmen, gaben als Grund vorwiegend eine zu geringe erwartete Umsatzsteigerung an“, so Dr. Ernst Stahl, Initiator der Studie.
Des Weiteren wurde deutlich, dass gut drei Viertel der Händler an einer Initiative teilnehmen würden, sofern es in ihrer Stadt eine geben würde. Die befragten Händler sehen für den Erfolg einer Initiative bzw. eines Kooperationsprojekts drei essentielle Faktoren: Die Aktualität der bereitgestellten Informationen und Angebote, ein zentrales Dachmarketing für die Planung und Realisierung von Marketingmaßnahmen sowie einen zentraler Kümmerer vor Ort als Schnittstelle zwischen Initiatoren und teilnehmenden Händlern.
Das Konzept „lokaler Marktplatz“ findet bei den Befragten aktuell noch keine große Zustimmung. Knapp die Hälfte lehnt eine Teilnahme sogar ab, vor allem da sie den Aufwand als zu hoch empfindet. Mitautor Bernhard Geisberger bringt auf den Punkt, worauf es bei derartigen regionalen Konzepten ankommt: „Stationäre Einzelhändler müssen aktiv werden, gemeinsam handeln und digital sichtbar sein, wobei sie von lokalen Initiativen unterstützt werden können!“
Schwachpunkt Digital Commerce - Aufhol-Potenzial
Weiterhin zeigte sich, dass gut die Hälfte der Händler ihre IT-Kenntnisse als durchschnittlich einschätzt. Jedoch wurde in der Befragung auch deutlich, dass immerhin 25 Prozent bislang keinen Eintrag bei Google My Business haben. Dabei wäre es gerade mit diesem Medium für stationäre Einzelhändler besonders einfach, digital sichtbar zu werden.
In Bezug auf das Thema Datenorganisation konnte festgestellt werden, dass besonders kleine Unternehmen Schwierigkeiten bei der Verwaltung, digitaler Informationen haben. „Digitale Informationen zum Lagerbestand, qualitativ hochwertige Produktfotos und -beschreibungen sind Grundvoraussetzung, damit stationäre Händler überhaupt erfolgreich online Produkte verkaufen können“, konstatiert Michael Diener.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass lokale Initiativen in Zukunft wahrscheinlich nur eine von mehreren Berührungspunkten mit dem Konsumenten sein werden. Das Kaufverhalten der Konsumenten von morgen wird immer stärker durch den Multichannel-Gedanken geprägt. Um als Händler – sowohl online als auch stationär – für den Kunden weiterhin eine Rolle zu spielen, müssen große Anstrengungen unternommen werden, um den Kunden in seinem kompletten Kaufprozess auf allen relevanten Kanälen zu unterstützen. Allein die Teilnahme an einer lokalen Initiative kann nicht die Probleme der Händler, die durch die Digitalisierung entstanden sind und weiterhin entstehen, lösen. Vielmehr kann eine lokale Initiative für stationäre Händler eines von vielen Elementen darstellen, um dem zukünftigen Einkaufsverhalten der Kunden zu begegnen.