„Das gefällt mir doch nicht so gut, das schicke ich zurück.“ Seien wir ehrlich, so ging es uns allen doch schon einmal. Im Jahr 2020 wurden laut Statista alleine in Deutschland 315 Millionen Pakete an Händler*innen und Warenlager zurückgesendet. Von dort macht sich ein Großteil der Ware wieder auf den Weg, wenn eine Bestellung erfolgt. Unnötig, meinen die drei Regensburger Student*innen Moritz Weiss, Lina Weis und Laura Killermann, die Köpfe hinter dem Start-up Retury und denken sich: „Das gefällt dir doch nicht so gut? Dann schicke es doch weiter“.
Lina, welche Idee steckt hinter eurer Plattform Retury?
Lina: Der E-Commerce erlebt ein Hoch, wie wahrscheinlich lange nicht mehr. Das sehen wir wohl alle. Damit gehen viele Kosten und Umstände – für Händler*innen, Kund*innen und Umwelt – einher. Hier lässt sich noch einiges optimieren. Wir möchten Retouren direkt und ohne Umwege vom Retournieren an die neuen Käufer*innen vermitteln. Dadurch lassen sich überflüssige Versandwege, aber auch Verpackungsmaterialien und natürlich viel Geld für die Onlineshops einsparen, da Rücksendungskosten entfallen.
Wie genau sieht euer Einsatz denn in der Praxis aus, Moritz?
Moritz: Der Versand funktioniert tatsächlich von Privatperson zu Privatperson. Angenommen, du möchtest etwas zurücksenden, dann gehst du genauso vor, wie sonst auch: Du gehst auf die Seite deines Onlineshops und meldest die Retoure digital an. Nutzt der Händler oder die Händlerin unsere Lösung, bekommst du als Kund*in gar nichts davon mit. Der einzige Unterschied: Das Paket bleibt noch ein paar Tage länger bei dir liegen, bis wir dir ein aktualisiertes Rücksendeetikett zusenden, das du dann auf dein Paket klebst, um dieses kostenfrei zu verschicken. Auf diesem Etikett steht dann statt der Adresse des Händlers oder der Händlerin, die Anschrift des neuen Käufers oder der Käuferin. Für dich entstehen keine Umstände oder Kosten. Es gibt nur eine neue Versandadresse.
Das heißt, eure Kommunikation läuft über die Händler*innen?
Moritz: Genau, die Händler*innen sind unsere Kund*innen, denen wir unsere Software und Dienstleistung anbieten. Wenn ein*e Kund*in etwas zurücksenden möchte und eine Retoure digital anmeldet, übernehmen wir ab diesem Punkt die Vermittlung und weitere Abwicklung über unsere Plattform.
Stichwort Datenschutz: Wie konform ist euer Vorgehen und wie holt ihr euch das Einverständnis der Onlineshop-Kundschaft ein?
Moritz: Der Schutz unserer Kund*innen und deren Daten ist uns natürlich extrem wichtig. Hier arbeiten wir aktuell mit Datenschutzexpert*innen zusammen, um sicherzustellen, dass stets das Einverständnis der Nutzer*innen vorliegt. Außerdem werden wir Versandmethoden testen, bei denen die Anschrift des neuen Käufers oder der Käuferin, z.B. durch einen QR-Code verschlüsselt wird.
Was hat euch dazu bewogen, Retury ins Leben zu rufen?
Moritz: Onlineshopping ist gar nicht so schlecht wie sein Ruf. Das, was es so problematisch macht, sind die Retouren und der Umgang mit diesen. Wir würden uns wünschen, wenn unsere Lösung als Standard im E-Commerce ankommt. Die Retourenprozesse der letzten 20 Jahre verlaufen immer gleich. Das möchten wir etwas auf den Kopf stellen und revolutionieren, denn es geht insgesamt effizienter, nachhaltiger und eben einfach besser. Unsere Vision ist folgende: Onlineshopping ohne schlechtes Gewissen.
Dafür gab es vergangenes Jahr als besonders herausragende Idee unter deutschen Nachwuchsgründer*innen den Gründungspreis+ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Was hat das für euch bedeutet?
Lina: Es ist im Nachhinein immer noch total verrückt, dass wir aus so vielen tollen Start-ups ausgewählt worden sind, und dann auch noch den Hauptpreis gewonnen haben. Wenn man sich anschaut, welche klugen Köpfe außerdem prämiert wurden, fühlen wir uns wirklich geehrt, ebenfalls dazuzugehören. Insgesamt war die Auszeichnung ein super Sprungbrett und hat uns in der frühen Anfangsphase natürlich Aufschwung verschafft. Zum einen war das Preisgeld von 32.000 Euro sehr hilfreich, das steht außer Frage. Zum anderen sind wir sehr dankbar für das Netzwerk, das uns dadurch vorgestellt wurde. Und die Signalwirkung, wenn man einen solchen Preis bekommt, ist auch nicht zu verachten.
Was kommt als nächstes?
Lina: Im März sind wir mit unserem Masterstudium fertig geworden und können jetzt nach den vielen Monaten der Planung und Konzeption endlich Vollzeit in die Umsetzung und Weiterentwicklung von Retury gehen. Wir hoffen, dass alles nach Plan läuft und wir in den nächsten Monaten mit der Plattform endlich online gehen können, um uns auch nach Validierung mit den Onlineshops nochmal zu verbessern.