Spätestens seit der Pandemie boomt der Onlinehandel wie nie zuvor. Doch was wie ein Segen klingt, kann auch zu einer Belastung werden. Der Verpackungsmüll steigt rapide an und belastet die Umwelt. Gleichzeitig sorgen die weltweiten Krisen für eine Ressourcenknappheit – auch bei Papier und Pappe. Das Start-up Boomerang aus Hamburg hat eine Lösung entwickelt, die sowohl dem Handel als auch der Umwelt helfen könnte.
Marc, welche Idee steckt hinter Boomerang?
Die Idee zu Boomerang entstand in meinem Müllkeller: Wie bei vielen Menschen türmten sich bei mir die Kartonberge und die Mülltonnen sind eigentlich immer überfüllt. Durch Corona angeheizt, wächst der Onlinehandel so stark, dass sich das Müllproblem weiter verschlimmert.
Aus dieser Frustration heraus entstand der Anspruch, etwas zu schaffen, dass die Müllflut im Onlinehandel reduziert, den Leeranteil in der Verpackung minimiert und Onlineshopping trotzdem weiter attraktiv macht. Denn für viele Millionen Menschen gehört der Einkauf über das Internet einfach zum Alltag. Diesen Trend können wir nicht ändern, wir können ihn aber nachhaltiger gestalten.
Was bietet Boomerang an und wie funktioniert es?
Du wählst im Onlineshop einfach Boomerang als zusätzliche Versandoption aus, hinterlegst ein Pfand von 3 Euro, erhältst deine Bestellung in einem Mehrwegpack und kannst die leere Verpackung dann easy und kostenlos einfach in jeden Briefkasten werfen. So landet die Verpackung wieder bei uns, du bekommst dein Pfand zurückerstattet und wir können den Pack bis zu 50-Mal wiederverwendet.
Dabei haben wir ein reines B2B Geschäftsmodell, das heißt Onlineshops zahlen eine Gebühr für die Nutzung unserer Verpackungen und sparen sich damit den Einkauf von Einwegkartons. Preislich bewegen wir uns da in einem vergleichbaren Rahmen, nur dass Mehrwegsysteme einfach viel nachhaltiger sind als Einwegprodukte – und das schließt Versandkartons eben auch ein.
Wie profitieren Händler*innen von dieser Lösung?
Unsere Zielgruppe sind Onlineshops, die hauptsächlich nicht zerbrechliche Waren verkaufen wie beispielsweise Kleidung, Schuhe, Drogerieartikel, Bürobedarf, Medikamente etc. Das sind aber immerhin knapp die Hälfte aller in Deutschland versendeten Produkte. Diese Händler*innen schärfen ihr Nachhaltigkeitsprofil und bieten ihren Kund*innen ein weiteres Puzzlestück zu einem grüneren Onlinehandel. Am Ende halten natürlich die Onlineshopper unsere Packs in den Händen, sodass auch die Endkund*innen zu unserer Zielgruppe gehören.
Deswegen müssen wir darüber aufklären, dass auch Einwegprodukte aus Papier und Pappe, wie Kartons, einen großen negativen Einfluss auf unsere Umwelt haben, besonders wenn wir hier von über 4 Milliarden Paketen pro Jahr sprechen. Gestapelt reicht der Kartonturm viermal von der Erde bis zum Mond. Und das nur durch Kartons aus Deutschland. Es gibt also einiges zutun für uns.
Welche Vorbereitungen müssen Händler*innen erfüllen, um mit euch zusammenarbeiten zu können?
Im besten Fall versenden unsere Onlineshop-Kund*innen nicht zerbrechliche Waren. Dabei können Nutzer von Shopsystemen wie Shopify, WooCommerce & Co unsere eigenes entwickelte App, innerhalb der Shop-Software, installieren und Boomerang im Checkout-Prozess einbinden. Größere Stores mit individuellen Shops stimmen die IT-Anbindung bilateral mit uns ab.
Dabei muss Boomerang als zusätzliche und freiwillig anklickbare Versandoption im Warenkorb auftauchen. Es muss ein Pfand von 3 Euro eingezogen werden und es muss eine API-Schnittstelle zu unserem intelligenten Pfand- und Poolingsystem geben. Über diese Schnittstelle werden anonymisierte Daten ausgetauscht, sodass wir wiederum die Pfandrückzahlungen anstoßen können, sobald die Packs in unserem Zentrallager ankommen.
Welche Kooperationen mit dem Handel gibt es bereits?
Wir kooperieren mit diversen Verbänden wie dem Händlerbund aber auch mit Mehrwegverbänden und Initiativen. Zudem sprechen wir mit stationären Einzelhändler*innen bezüglich der Abgabe unserer Packs in ihren Geschäften. Diesen Monat startet unser Pilottest mit zehn Onlineshops aus dem Bereich Fashion und Textil. Aus diesem Piloten können wir wichtige Kennzahlen wie Rücksendequoten und weiteres ableiten.
Wie ist das Feedback von Händler*innen und Kund*innen bisher?
Die Kund*innen und Händler*innen haben bislang alle sehr positiv reagiert, weil eigentlich jedem das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Kund*innen fordern von ihren Onlinehändlern viel stärker ganzheitliche Nachhaltigkeitsbestrebungen. Das fängt bei nachhaltigen Produkten an, geht über CO2-Rechner und nachhaltigen Versand bis hin zu ökologisch vertretbaren Verpackungen, wie unserer Lösung.
Gibt es schon Pläne, das Portfolio und das Geschäftsmodell zu erweitern, zum Beispiel auf den stationären Einzelhandel?
Vornehmlich sprechen wir mit dem stationären Einzelhandel bezüglich Abgabemöglichkeiten und um neue Kund*innen in die Innenstädte und Läden zu leiten, aber auch über Click & Collect Lösungen. Es gibt da viele spannende Ansätze, sodass uns die Ideen nicht ausgehen.