Interview • 23.03.2020

Kundenorientiert, digital und lernfähig

Der fashion connect Store von bonprix in Hamburg

Stationär Shoppen per App – das bietet der fashion connect Store in der Hamburger Innenstadt. Einer der kreativen Köpfe hinter dem neuen Retail-Konzept für Sie ist bonprix Retail-Geschäftsführer Daniel Füchtenschnieder. Ein Interview über Schwachstellen, intuitive Erlebnisorte und mögliche Lösungen. 

Ein Mann in kariertem Jacket mit Bart und großer Brille...
Quelle: Martin J. Kielmann

Welche Schwachstellen hat der stationäre Einzelhandel?

Trotz steigender E-Commerce-Anteile geht die Kundin nach wie vor auch gern in die Innenstädte –ungefähr dreiviertel der Fashionumsätze werden immer noch im stationären Handel gemacht. Aber der Einzelhandel hat auch Schwachpunkte wie unübersichtliche Warenpräsentation, unvorteilhafte Bedingungen bei der Anprobe, lange Schlangen an den Umkleiden oder Kassen, die das Einkaufserlebnis trüben.

bonprix ist als Versandhändler gestartet, nun auch stationär vertreten. Braucht man beide Standbeine und wie helfen sie sich möglicherweise gegenseitig?

Das Shopping-Verhalten hat sich in den vergangenen Jahren so stark verändert, dass man nicht mehr klar zwischen online und offline unterscheiden kann. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche der Kunden, überall und jederzeit und möglichst bequem einkaufen zu können. Shopping soll ein Erlebnis, aber gleichzeitig intuitiv und einfach sein. Das und mehr setzen wir mit unserem bonprix Pilot Store um und bieten unseren Kundinnen so die Möglichkeit, die Welt von bonprix auf eine ganz neue Art und Weise zu erleben. Retail und damit fashion connect ist dabei kein Kanal, sondern einer von vielen Touchpoints, an denen unsere Kundin auf unsere Marke trifft. Und natürlich schafft dies eine ganz neue Sicht auf die Kundenwünsche. Das Ausschöpfen dieses Potenzials ist Teil unseres Business Case. Und wir sehen hier auch generell eine Zukunft für neue Einzelhandelskonzepte, die on- und offline zusammenbringen und davon profitieren können.

Erklären Sie kurz das Konzept hinter „fashion connect“.

Mit „fashion connect“ verbinden wir das Beste aus der Online- und Offlinewelt, inszenieren aktuelle Modetrends auf neue Weise und stellen die Kundenbedürfnisse in den Fokus, indem wir Lösungen für die Shopping-Schwachstellen im klassischen Retail anbieten. Durch den konsequenten Einsatz intuitiver Technologien bieten wir unseren Kundinnen ein einzigartiges und komfortables Shopping-Erlebnis. Dabei setzen wir auf ein radikal lernendes Konzept, dass sich kontinuierlich weiterentwickelt. Somit ist der fashion connect Store in bester Hamburger Innenstadtlage Markenflaggschiff und experimentelles Shopping Lab zugleich.

Was war entscheidend für die Entwicklung des Stores?

Bei allen unseren Überlegungen steht immer die Kundin im Mittelpunkt. Wir haben uns also sehr viel Zeit genommen, um herauszufinden, was sie am klassischen Retail am meisten stört und was sie sich in einem Store wünschen würde. Die Herausforderung dabei ist, das mit den vorhandenen technischen Mitteln so umzusetzen, dass ein nahtloser Einkaufsprozess von A bis Z ermöglicht wird, der das Erlebnis und nicht die Technik in den Vordergrund stellt. Letztendlich muss die gesamte Anwendung der technischen Hilfsmittel so einfach und intuitiv sein, dass sich die Kundin dadurch nicht irritiert, sondern maximal unterstützt fühlt. 

Was würden Sie anderen Händlern raten, die Kunden gewinnen möchten?

So simpel es sich anhört, aber wichtig ist, sich intensiv und nicht nur an der Oberfläche mit dem Kunden selbst zu beschäftigen und so echte Customer Centricity zu leben, statt nur auf lautes Merchandising und Marketing zu setzen. Gerade im vermeintlich „distanzierten“ Onlinehandel gibt es sehr gute Beispiele dafür, wie eine gewinnende persönliche Kundenzentrierung aussehen kann.

Eingangsbereich eines Gebäudes
Quelle: Martin J. Kielmann;

Wie sieht in Ihren Augen der stationäre Handel der Zukunft aus?

Der stationäre Handel wird nach wie vor seine Rolle als Erlebnisort und Abbild aller Sinne behalten und er wird noch entscheidender für die Kundenbindung werden. Angesichts veränderter Kundenwünsche und neuer technologischer Möglichkeiten – Stichwort Digitalisierung – müssen sich Retailer allerdings noch stärker und besser darauf einstellen, ihren Kunden Orientierung und Experience zu bieten. Letztendlich geht es darum, Erlebnisse mit einem kuratierten Angebot zu verknüpfen und die Kunden so zu begeistern und tief in die Welt einer Marke einzutauchen zu lassen.

Wo soll die bonprix-Reise hingehen?

Wir glauben an das Potential eines Full-Connected-Retail-Geschäftsmodells und sind von der Zukunftsfähigkeit unseres Konzeptes überzeugt. Insgesamt befinden wir uns wie geplant in einem sehr agilen Lernprozess. Gewonnene Erkenntnisse münden kontinuierlich in verschiedene Neuerungen und Anpassungen des fashion connect-Ansatzes. Im primären Fokus steht dabei die Analyse der Kundinnenresonanz auf diese neue Art des digital assistierten Shoppings. Parallel sind für uns als großen Onlinehändler die Multichannel-Effekte spannend, denn der Store ist ein weiterer Touchpoint in der gesamten Customer Journey unserer Kundin. Wir verabschieden uns also immer mehr von einer separaten Kanalperspektive und werden bei fashion connect vor allem das Omnichannel-Potential weiter ausloten.

Interview: Katja Laska

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