Interview • 25.08.2015

"Es geht nicht ohne Omni-Channel"

Interview mit Olaf Kleidon, CEO von Arithnea

Olaf Kleidon: Multichannel ist nur der Minimalansatz für das digitale...
Olaf Kleidon: "Multichannel ist nur der Minimalansatz für das digitale Business. Besser aufgestellt sind Unternehmen mit einer Cross-Channel-, optimal aber erst mit einer Omnichannel-Strategie."
Quelle: Arithnea GmbH
Eine freie Wahl des Verkaufskanals ist für Kunden heute bereits selbstverständlich. Auch der flexible Wechsel zwischen verschiedenen Kanälen wird gern genutzt - gerade so, wie es für den Kunden am angenehmsten ist. Unternehmen, die ihre Kanäle nicht nahtlos integrieren, verschenken große Potenziale meint Olaf Kleidon, Geschäftsführer der Artihnea GmbH, im iXtenso-Interview. 

Herr Kleidon, als E-Business-Spezialist sind Sie für Unternehmen aus ganz verschiedenen Bereichen tätig. Welche Branchen haben Ihrer Meinung nach besonders großen Aufholbedarf bei der Verknüpfung von On- und Offline-Kanälen?

In Branchen mit hohem Wettbewerbsdruck besteht meist auch großer Nachholbedarf, beispielsweise in der Textil- und Elektronikindustrie oder bei Verlagen. Dies gilt insbesondere, wenn in den jeweiligen Märkten die großen, so genannten "Digitalen Player" sehr aktiv sind, also jene Unternehmen, die ganz auf das Online-Geschäft ausgerichtet sind und die hier Maßstäbe setzten.

Auf diesem Level können Händler mit Filialnetz, die ein Online-Angebot eher nebenbei haben, meist nicht mithalten; sie müssen stark aufholen, um Mehrwert über Verknüpfung von On- und Offline-Kanälen zu erzielen. Ein Filialhändler muss heute online und mobile präsent sein, um konkurrenzfähig zu bleiben, und die Stores und der Customer Service müssen damit verknüpft werden, um Kunden umfassend und nahtlos zu beraten.

Aktuelle Studien haben ergeben, dass Versäumnisse bei der Vernetzung von On- und Offlinekanälen Modemarken besonders hart treffen. Warum ist das so?

Aktuell setzen Marken noch eher auf den indirekten Vertrieb über Händler und nur wenige auf direkten Vertrieb. Marken werden in Zukunft starke Konkurrenten der Händler, weil sie ihre Kunden direkt ansprechen und auch immer mehr direkt verkaufen werden. Sie kennen ihre Kunden selbst und können ihnen direkt Cross- und Up-Selling-Angebote sowie markenspezifische Erlebnisse bieten. Der Handel muss sich auf diese Ent­wicklung einstellen, Kunden stärker binden und seinerseits in den Online-Kanal investieren, um da präsent zu sein, wo seine Kunden sind.

Händler und Modemarken müssen ihre Kunden dort agieren lassen, wo sie...
Händler und Modemarken müssen ihre Kunden dort agieren lassen, wo sie möchten.
Quelle: iStock.com/arithnea
Worauf müssen speziell Modemarken bei der Umsetzung einer Multichannel-Strategie achten?

Multichannel ist nur der Minimalansatz für das digitales Business. Besser aufgestellt sind Unternehmen mit einer Cross-Channel-, optimal aber erst mit einer Omnichannel-Strategie. Multichannel heißt ja nur, dass man überhaupt mehrere Kanäle hat; bei Cross-Channel ist ein Wechsel zwischen Kanälen möglich, aber erst bei Omnichannel ist die vollständige Integration der Kanäle gegeben, denn erst hier hat man überall die gleichen Informationen und Möglichkeiten, und genau das ist es, was Kunden heute erwarten. Daher ist eine Omnichannel-Strategie und deren Umsetzung mittelfristig Pflicht, nicht Kür.

Was wird mit Händlern passieren, die es verpassen, eine Multichannel-Strategie umzusetzen?

Händler und Modemarken müssen ihre Kunden dort agieren lassen, wo sie möchten. Sie dürfen sie nicht zwingen, dort zu handeln, wo es dem Unternehmen am liebsten ist, beziehungsweise wo es gerade seine Ressourcen aufgestellt hat. Kaufen oder reservieren Kunden im Internet ein Produkt, möchten sie es vielleicht in einer Filiale abholen oder umtauschen. Um das zu ermöglichen, und um den Kunden in der Filiale ergänzend zur Online-Bestellung individuell zu beraten, muss aber jederzeit bekannt sein, was im Internet bereits passiert ist, und umgekehrt. Unternehmen, die ihre Online- und Offline-Kanäle nicht nahtlos integrieren, verschenken Cross- und Up-Selling-Potenziale und werden deshalb bereits in naher Zukunft echte Schwierigkeiten bekommen.

Der Unique Customer Benefit (UCB), mit dem der Handel punkten kann, ist ja zunächst sein Offline-Geschäft mit dem Vor-Ort-Service und -Beratung, also die Filialen in der Region vor Ort. Aber das Konsumverhalten hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, so dass Filialen heute nicht ohne Verknüpfung mit ihrem Online-Shop auskommen; nur wer beides auf höchstem Niveau kundengerichtet und -gerecht bieten kann, und zwar vollständig integriert, wird sich künftig behaupten können.

Ich habe die großen "Digitalen Player" schon erwähnt, die sich aufgrund ihrer hohen Kompetenz, schnellen Logistik und Performance in vielen Märkten auf Kosten etablierter Anbieter positioniert haben und auch teilweise ein Filialgeschäfte aufbauen. Niemand sollte denken, er wäre in einem Marktsegment aktiv, in dem das nie passieren könnte. Das haben Unternehmen wie Buchhändler, Quelle & Neckermann bereits erfahren.

Interview: Daniel Stöter, iXtenso.com

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