Bericht • 26.09.2011
Expo Real zeigt Immobilien-Trends – auch für den Handel
Zum 14. Mal trifft sich die Immobilienbranche in München zur Expo Real. Die internationale Messe vom 4. bis 6 Oktober ist auch für den Handel interessant, denn Handelsimmobilien sind neben Wohn- und Bürogebäuden, Logistik und Gewerbe ein wichtiges Thema auf der Messe. Die Innenstädte werden wesentlich geprägt durch Einkaufsstraßen, Einkaufszentren und Warenhäuser. Dabei lohnt sich durchaus ein Blick auf die Trends im Ausland.
Die letzte Expo Real verzeichnete im vergangen Jahr 1.645 Aussteller aus 35 Ländern und rund 37.000 Besucher aus 71 Ländern. Eugen Egetenmeir, Geschäftsführer der Messe München, hofft dass die Finanzkrise bald überwunden wird. Dass es der Immobilienbranche – mit einigen Ausnahmen – wieder besser geht, mache sich bei den Anmeldungen bemerkbar. Mit einer Gesamtausstellungsfläche von 64.000 Quadratmetern, verteilt auf sechs Hallen, bleibe die Zahl der Hallen zwar auf Vorjahresniveau, allerdings werden die Messehallen dichter belegt sein. Eugen Egetenmeir: „Zum Teil haben Unternehmen wieder größere Stände angemeldet und Aussteller, die in den letzten Jahren nicht auf der Expo Real waren, stellen 2011 wieder aus. Bei den Besucherzahlen erwarten wir angesichts der Konsolidierung in der Branche eine vergleichbare Größenordnung wie im vergangenen Jahr.“
Die Expo wird sich wie in den Vorjahren intensiv mit Finanzierungs- und Investitionsstrategien, Marktbewertungen und Nachhaltigkeit befassen. Green Building ist nicht nur im Handel ein Thema. Der Trend in der Immobilienbranche geht hier jedoch weg von Prestigebauten und Zertifikaten hin zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, Ökologie und Ökonomie müssen zusammen betrachtet werden. Einen Schwerpunkt bilden die MOE-Länder, Mittel- und Osteuropa, von Polen bis Ex-Jugoslawien. Hier führt der Handel neue Shop-Konzepte ein. Es ist ein Wettlauf entbrannt um Marktanteile und die besten Standorte.
Boomregionen in Europa
Beispiel Polen: Rossmann und Schlecker eröffnen Märkte mit neuen Gestaltungskonzepten. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres sind bereits 15 Shopping-Center mit einer Gesamtfläche von 270.000 Quadratmeter eröffnet worden. Doch nicht alle Wünsche gehen in Polen in Erfüllung. Im Frühjahr scheiterte Tesco bei der Übernahme von Zebka. Der Lebensmittelhändler mit kleinen Läden ging für 400 Millionen Euro an das britische Beteiligungsunternehmen Mid Europe Partners. Investoren sind zurzeit bereit, hohe Preise zu bezahlen für die wenigen Einzelhandelsimmobilien, welche in Polen angeboten werden. Darauf weist Dr. Malte-Maria Münchow von Deka Immobilien im Interview zu diesem Fokus-Thema hin. In Polen sei „eine nachhaltig stabile Wirtschaft entstanden“ mit relativ günstiger Soziodemografie.
Einiges tut sich auch in Kroatien. So baut Ikea in der Nähe von Zagreb das größte Einkaufszentrum des Landes – mit über 300 Geschäften und 6.000 Parkplätzen und natürlich mit Möbelhaus. Mehrere tausend Quadratmeter belegt allein der französische Sport-Discounter Decathlon. In Kroatien ist die Dichte an Shopping-Centern bereits sehr hoch. Die Betreiber müssen Familien auch Unterhaltung bieten. Ikea investiert daher in einen Dachgarten mit Eisbahn, Kegelbahn, Beachvolleyballplatz und verschiedenen Restaurants, unter anderem von McDonald's und KFC. Die Schweden wollen skandinavische Architektur-Akzente setzen mit viel Holz, Wasser und Pflanzen.
In Russland, insbesondere im europäischen Teil, stehen die Zeichen auf Wachstum. Bei der Ladengestaltung wie bei der IT-Ausstattung werden einige Entwicklungsschritte ausgelassen. Für die zahlungskräftige Schicht der „neuen Russen“ wird kräftig investiert. Brasilien, Russland, Indien und China sind die so genannten BRIC-Staaten, vier Länder der Emerging Markets, der Wachstumsregionen dieser Welt mit besonders attraktiven Aussichten. In all diesen Ländern gibt es eine jüngere, markenbewusste und zahlungskräftige Käuferschicht, die trotz weit verbreiteter Armut für den Handel bereits eine interessante Zielgruppe darstellt.
Während es in Deutschland meist nur zweigeschossige Einkaufszentren gibt, wird in China gerne auf sechs oder gar zehn Ebenen eingekauft. Neben den Geschäften locken in China Spielhallen, Kinos und Restaurants in die Center. Die Menschen verbringen hier gern den ganzen Tag. Die Händler zahlen neben einer festen Miete auch einen Umsatz-Anteil für Events im jeweiligen Center, was sich leicht kontrollieren lässt, da die Kunden nicht im Laden, sondern an einer zentralen Kasse bezahlen.
Noch ein neues Shopping Center in Rio
Riesig sind die Shopping Center auch in Brasilien. Bei hohen Außentemperaturen bieten sie alles für einen angenehmen Erlebnistag. Multiplan, Marktführer bei der Errichtung solcher Einkaufsstätten in Brasilien, baut in Rio de Janeiro im neuen Stadtviertel Barra da Tijuca ein weiteres exklusives Shopping Center. Die „Village Mall“ soll umgerechnet rund 200 Millionen Euro kosten, ein Drittel mehr als normale Center in Brasilien. Auf einem 36.000-Quadratmeter-Grundstück will Multiplalan in 18 Monaten Bauzeit bis November 2012 auf drei Etagen 25.800 Quadratmeter Vermietungsfläche für 134 Geschäfte errichten. Geplant sind 1.770 Parkplätze. Wie im Lande üblich, wird es neben Geschäften auch Platz für Events geben. Ein Theater mit 1.000 Sitzplätzen und 16 Meter breiter Bühne sowie vier Kinosäle sind vorgesehen. Die großen Städte São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte sind bereits überversorgt mit Einkaufszentren. Dennoch zeigt sich das noch nicht an den Mietpreisen, berichtet die österreichische Wirtschaftskammer. Handelsunternehmen stehen Schlange, um einen der begehrten Plätze in den Luxus-Shoppings überhaupt zu bekommen. Die Mieten in den Shopping Centers Cidade Jardim und Iguatemi (beide São Paulo) zählen zu den fünf teuersten der Welt.
Nun hat der Kampf um die Kunden auch im Landesinneren voll eingesetzt. Shopping Center, so die Kammer, sprechen schon lange nicht mehr ausschließlich die wohlhabende Schicht an. Ganz im Gegenteil: Es ist gerade die untere Mittelklasse, welche die besten Umsätze und größten Zuwachsraten bringt. So entstehen heute große Einkaufstempel auch in traditionell vernachlässigten Städten wie Parauapebas, Marabá oder Várzea Grande, die in den Metropolen kaum jemand kennt.
Deutschland: Neue Akzente mit alten Gebäuden
In Deutschland reißt man sich ebenfalls um die Premium-Standorte. 1A-Lagen in Berlin oder München, Hamburg oder Köln erzielen weiter wachsende Mieten. Investoren und Filialisten sehen sich bereits „in der zweiten Reihe“ um: in kleineren Städten und aufgewerteten Stadtquartieren. Die Revitalisierung von heruntergekommenen Einkaufsarealen ist jedoch schwierig. Man muss tief in die Tasche greifen, will man abgewanderte Konsumenten zurück gewinnen. Und oft ist es die sinkende Kaufkraft im Umfeld, die Standorte unattraktiv gemacht hat. Ein Beispiel hierfür ist die Gropiusstadt in Berlin. Die Hochhaussiedlung, Ende der sechziger Jahre entstanden, bekommt ein generalüberholtes Einkaufszentrum. Aus dem zugigen Wutzky-Center soll eine moderne Mall werden. Obwohl die Modernisierung dringend nötig war, sind die meisten Händler vor Ort unzufrieden mit dem Betreiber, der Wohnungsbaugesellschaft degewo.
Die größten deutschen Center-Betreiber ECE und die Immobiliengesellschaft der Metro Group haben unterdessen angekündigt, dass sie fusionieren wollen. Die beiden Unternehmen planen eine gemeinsame Gesellschaft zum Management von 38 Einkaufszentren, 36 von Metro, zwei von ECE. Wesentliche Mieter in diesen Centern sind frühere oder heutige Metro-Konzerngesellschaften wie real, Praktiker, MediaMarkt und Adler Modemärkte. Bei den meisten Objekten des Joint Ventures handelt es sich um Fachmarktzentren, die Metro in den neunziger Jahren außerhalb der Innenstädte gebaut hat, knapp die Hälfte in Ostdeutschland. Metro verspricht sich von der Zusammenarbeit neue Mieter aus ECE-Objekten.
Die Kartellbehörde muss noch zustimmen. ECE kontrolliert 28 Prozent der Center-Fläche in Deutschland. Hier gab es 2009 414 Einkaufszentren mit mehr als 10.000 Quadratmetern. Über das Joint Venture mit Metro erhielte ECE Einfluss auf die Vermietung von 36 weiteren großen Einkaufszentren mit einer Gesamtverkaufsfläche von knapp 1,1 Mio. Quadratmetern – so viel wie die gesamte Verkaufsfläche der Stadt Frankfurt am Main, rechnet die Immobilien-Zeitung vor.
ECE ist bislang vor allem in den Innenstädten aktiv und gewinnt mit den Märkten auf der grünen Wiese neues Terrain. ECE ist zum Beispiel Betreiber der „Schloss-Arkaden“ in Braunschweig, über die wir bereits berichtet haben. Hier wurde ein neues Shopping Center hinter dem gleichfalls neu gebauten alten Stadtschloss errichtet.
René Schellbach, iXtenso.com