Bericht • 28.10.2015

Was wir hören ist was wir fühlen: Die Kaufentscheidung sinnvoll lenken

Interview mit IFH Juniorprof. Dr. Monika Imschloß, Universität zu Köln

Psychologin  Monika Imschloß ist IFH Jun. Professor for Marketing and...
Psychologin Monika Imschloß ist IFH Jun. Professor for Marketing and Retailing und dabei den Empfindungen von Kunden auf der Spur
Quelle: privat
Für den Einzelhandel könnten diese Einblicke ganz neue Arten der gezielten Verkaufsförderung am POS bedeuten: Je nachdem, welche Art von Musik wir hören, kann sich die Wahrnehmung verändern, wie sich Dinge für uns anfühlen. Die Psychologin Prof. Dr. Monika Imschloß von der Uni Köln sprach mit uns über die Ergebnisse ihrer Studie.

Dass Musik emotional beeinflussen kann, ist seit jeher bekannt. Dass sie aber dazu führen kann, dass sich ein Handtuch weicher anfühlt, wohl eher nicht. Doch es stimmt. Frau Prof. Imschloß, wie haben Sie das herausgefunden?

In einem Experiment haben wir Studenten Textilien fühlen lassen, während sie über Kopfhörer Musik hörten. Die eine Gruppe hörte dabei harte Musik, die andere Gruppe weiche. Die Teilnehmer wussten nicht, dass wir den Einfluss von Musik auf die haptische Wahrnehmung untersuchen. Ihnen sagten wir, dass sie Musik hören, damit sie nicht von anderen Umgebungsgeräuschen abgelenkt werden. Die Ergebnisse dieses Experimentes zeigen, dass die Teilnehmer, die weiche im Gegensatz zu harter Musik hörten, das gleiche Produkt als weicher wahrnehmen.

Wie unterscheiden Sie weiche und harte Musik?

Wir haben Interviews geführt, wie sich Menschen weiche und harte Musik vorstellen. Immer wieder nannten sie uns daraufhin ähnliche Parameter, wie sich das für sie anhören würde. So empfanden sie beispielsweise sanfte Streichinstrumente mit wenigen rhythmischen Wechseln und sanften Übergängen als "weich". Musik mit vielen Schlaginstrumenten, harten Übergängen und häufigen Rhythmuswechseln wirkte "hart". Die Interviewteilnehmer haben dabei auch Geräusche vorgesungen, gezischt oder gesummt, um ihre Vorstellung der Begriffe zu zeigen. 

Und diese Unterscheidung in weich und hart gilt nicht nur für das Hören, sondern auch für die Haptik?

Ja, genau. Im zweiten Schritt wurden die Begriffe auf die Haptik übertragen. Wie würde sich haptische Weichheit akustisch anhören? Oder wie würde sich weiche Musik haptisch anfühlen? Ein sehr schönes Beispiel hierfür war der Vergleich von weicher Musik mit feinem Sand und der von harter Musik mit groben Sand. Haptik und Musik können mit ähnlichen Begriffen umschrieben werden und teilen sich die Wahrnehmung von Weichheit-Härte. 

Mit diesem Wissen konnten Sie interessante Erkenntnisse gewinnen ...

Ja, sogar mich als Wissenschaftlerin hat überrascht, dass die Musik tatsächlich einen derartigen Einfluss auf unsere haptische Wahrnehmung haben kann. Für den Einzelhandel können sich durch diese Ergebnisse neue Wege ergeben, die Kaufentscheidung im Store zu beeinflussen.  

Wie denn?

Tatsächlich empfanden die Probanden Textilien als weicher unter dem unbewussten Einfluss der weichen Musik. Für Produkte, für die Weichheit ein zentrales Qualitätskriterium ist, kann sich durch eine intensivierte Wahrnehmung von Weichheit infolge auch die Zahlungsbereitschaft für eben diese Produkte erhöhen.

Textilien fühlten sich für die Probanden der Studie weicher an, wenn sanfte...
Textilien fühlten sich für die Probanden der Studie weicher an, wenn sanfte Musik im Hintergrund lief
Quelle: FotoHiero /pixelio.de

Sind Einzelhändlern diese Eigenschaften von Musik überhaupt bekannt?

Nein, in den meisten Fällen nicht. Musik wird in den meisten Läden eher intuitiv eingesetzt. Händler machen sich zwar Gedanken darüber, ob sich beispielsweise die Kunden in ihrem Laden mit dieser Musik wohlfühlen und ob die Musik zur Zielgruppe passt oder zur Markenbildung beiträgt. Auch sind Händlern die Studien bekannt, die belegen, wie beispielsweise schnelle oder langsame Musik sich auf die Aufenthaltsdauer auswirken oder wie deutsche im Vergleich zu französischer Musik den Kauf deutscher Waren begünstigt. Darüberhinaus gibt es einige spezialisierte Firmen, die professionell In-Store Musik anbieten und ganze Playlists für Shops zusammenstellen, die dann auch online dem Konsumenten zur Verfügung stehen. Der gezielte Einsatz von weicher oder harter Musik zur Beeinflussung der haptischen Wahrnehmung allerdings wurde von mir bisher kaum beobachtet.

Diese Art der Musik im Store ist eher vordergründig und dem Hörer sehr bewusst. Der Beziehung zwischen Musik und Haptik kann eine viel subtilere Wirkung folgen. Worauf muss der Händler denn dabei achten?

Sobald dem Hörer bewusst gemacht wird, dass die Musik seine haptische Wahrnehmung beeinflussen soll, verfliegt die Wirkung. Auch das haben wir in den Versuchen festgestellt. Zu plakativ sollte die Musik also nicht sein. Ein guter Weg, herauszufinden, welche Musik für meinen Store passt, ist es, einfach auszuprobieren und vor allem, die Mitarbeiter zu fragen. Sie können zum einen am besten beurteilen, wie Musik die Konsumenten beeinflusst und zum anderen sind sie es, die die Musik schließlich den ganzen Tag hören müssen. Genervte Mitarbeiter sind schlecht fürs Geschäft.

Wer noch dazu bestimmte Eigenschaften seiner Zielgruppe, wie beispielsweise die kulturellen oder altersbedingten Hörgewohnheiten miteinbezieht und die Musikwirkung im Hinblick auf unterschiedliche Produktkategorien reflektiert, hat ein wirkungsvolles Marketinginstrument.

Ihre Studie hat auch den Bogen zum Online-Shopping geschlagen. Bislang ist mir noch kein Online-Shop begegnet, in dem ich Musik höre. Ist das noch eine Marktlücke?

Innerhalb unserer Studie haben wir zwar tatsächlich bemerkt, dass Musik auch online die Erwartung hinsichtlich der Haptik eines Produktes beeinflussen kann, allerdings würde ich den Einsatz für einen Webshop nicht per se empfehlen. Im Kontext des Online-Einkaufens wollen Konsumenten meist primär Informationen suchen und verarbeiten – Prozesse, bei denen Musik als störend empfunden werden kann. Daher würde ich den Einsatz dieser Erkenntnisse eher im Bereich von realen Handelsumgebungen sehen. Dort können auch noch die anderen Sinne der Konsumenten angesprochen werden.

Die gekonnte Anwendung und der gezielte Einsatz multisensorischen Marketings kann momentan vor allem im Dienstleistungsbereich beobachtet werden. Händler können sich zum Beispiel an der multisensorischen Strategie von Hotels, Airlines oder auch Banken ein Beispiel nehmen und Inspiration für ihre eigene Strategie holen. 

Interview: Natascha Mörs; iXtenso.com

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