Mobile Payment an der Supermarktkasse
Wie ein Early-Adopter mobiles Bezahlen erlebt
panthermedia.net/SeventyFour
Oder „Was machen Sie da mit Ihrer Armbanduhr?“
Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal, als ich mobil, mittels Smartphones, an einer Supermarktkasse bezahlt habe: Es war der 17. Oktober 2018, exakt sieben Tage nachdem Google und PayPal bekannt gegeben hatten, dass nun auch das PayPal-Konto bei Google Pay auf dem Handy hinterlegt werden konnte. Bis dahin konnte man Google Pay in Deutschland nur mit wenigen Kreditkarten nutzen. Die Kooperation mit PayPal eröffnete plötzlich allen Android-Usern die Möglichkeit, das eigene Bankkonto ganz ohne Kreditkarte und notwendiger Kooperation der Hausbank in ihre elektronischen Geldbeutel zu packen.
Auch Kleinstbeträge bargeldlos bezahlen
Für meinen ersten Einkauf wählte ich einen großen Real-Markt im Osten Karlsruhes. Mit meiner Handvoll Waren im Wert von 6,77 Euro lief ich also zur Selbstbedienungskasse, scannte alles ein und tippte auf „Kartenzahlung“. Ich entsperrte das Smartphone und hielt es gespannt ans Kartenterminal; Sekunden später tönte ein wohliger Zweiklang aus dem Handy und die Quittung schoss aus dem Thermodrucker. „Bitte entnehmen Sie Ihre Einkäufe. Vielen Dank für Ihren Besuch bei Real“, tönte die Kasse etwas blechern. Das war alles? Durchaus etwas stolz, ein „Early-Adopter“ zu sein, verließ ich den Kassenbereich. Das Handy meldete sich noch zweimal: Die Google Pay-App zum einen und eine E-Mail von PayPal zum anderen bescheinigten mir, ordnungsgemäß bezahlt zu haben.
Früher galt es als verpönt, Kleinstbeträge mit der Karte zu bezahlen, viele Händler nahmen sie unter zehn Euro gar nicht an. Das hat sich mittlerweile geändert: Neulich war ich beim Lidl einkaufen und brauchte nur Möhren und einen Salatkopf. An jeder Kasse prangte ein unübersehbares Schild nach der Lesart „Bitte zahlen Sie auch Kleinstbeträge mit Karte!“. Die 1,50 Euro zahlte ich mit Karte und erntete dieses Mal kein verständnisloses Kopfschütteln an der Kasse.
Neben dem Vorzug, dass ich keine ausreichende Menge Bargeld mit mir herumtragen muss, hat das Ganze für mich auch einen Sicherheitsaspekt: Wer viel mit Bargeld bezahlt, muss auch öfter an den Geldautomaten und diese sind leider immer wieder manipuliert. Meine Karte wurde schon mehrmals beim Geldabheben kopiert oder ausgespäht. Getätigte Umsätze lassen sich außerdem sofort in den dazugehörigen Apps nachvollziehen und bei Auffälligkeiten noch vor Ort reklamieren.
Bezahlen mit der Smartwatch
Pay und Fitbit Pay sind zwei Hersteller von Fitnessuhren und -armbändern, die Modelle anbieten, bei denen sich ebenfalls Zahlungsinformationen auf dem Gerät hinterlegen lassen, um kontaktlos zu bezahlen.
Da nur wenige Nutzer eine Uhr mit Pay-Funktion einsetzen, gibt es in Deutschland leider keine einzige Bank, die Garmin Pay unterstützt. Einzig die FinTechs VIMpay und boon. von Wirecard bieten die Möglichkeit, über deren eigene Apps sich eine virtuelle Debit-MasterCard zu erstellen, die dann in Garmin Pay hinterlegt werden kann. Bei der Debitkarte muss zunächst Guthaben aufgeladen werden, das man dann wieder ausgeben kann. Dank Auflade-Automatik von einer reellen Karte fällt das aber nicht weiter negativ auf. Dieser Service kostet 1,49 Euro im Monat bei boon, deren virtuelle MasterCard ich aktuell in meiner Vivoactive 3 verwende. Das ist es mir Wert, nur mit der Armbanduhr bezahlen zu können, zum Beispiel wenn man joggen war oder das Smartphone und den Geldbeutel im Auto hat liegen lassen und eben noch einen Liter Milch kaufen möchte.
„Kontaktlos-Terminals“: Verbreitung im Einzelhandel
Mobiles Bezahlen ist überall dort möglich, wo Kreditkarten akzeptiert und Kartenzahlungsterminals mit NFC-Funktion ausgestattet sind. Das ist inzwischen bei fast allen Händlern gegeben. Selbst unser Nahversorger um die Ecke hat nun neue Terminals bekommen. Mir sind inzwischen keine Lebensmittelhändler oder Kaufhäuser in der Region Karlsruhe bekannt, bei denen man nicht kontaktlos und mobil bezahlen kann.
Schwieriger wird es beispielsweise in Apotheken oder kleineren Läden wie Schreibwarenbedarf oder beim Frisör, solche Geschäfte setzen noch stark auf Bargeld beziehungsweise Girokarte. Neulich bei meinem Bäcker war kein Wechselgeld mehr in der Kasse. Auf meinen Hinweis hin, man solle doch moderne Zahlungsmethoden einführen, wurde ich fast aus dem Laden geschmissen. Seitdem gehe ich dort nicht mehr hin. Tatsächlich ändere ich also auch mein Einkaufsverhalten: Welche Läden ich aufsuche, hängt auch davon ab, wie ich dort bezahlen kann.
Wie gut funktioniert der Einsatz?
Unterdessen habe ich eine gute dreistellige Anzahl an mobilen Transaktionen durchgeführt. Kein einziges Mal hat es aus technischen Gründen nicht funktioniert, die Vorgänge wurden immer problemlos durchgeführt. Auch Probleme, weil der Betrag nicht stimmte oder etwas doppelt oder gar nicht abgebucht wurde, hatte ich nie. Dies liegt auch an der pragmatischen Umsetzung durch Google Pay.
Meine Frau hingegen benutzt ein iPhone mit Apple Pay und hat leider des Öfteren Schwierigkeiten: Nach Recherche kam heraus, dass ältere Drahtlosterminals noch ein Datenübertragungsprotokoll einsetzen, das als veraltet und potenziell weniger sicher gilt. Google unterstützt es noch, Apple nicht mehr. In anderen Ländern wie den USA darf das alte Protokoll mittlerweile gar nicht mehr eingesetzt werden, bei uns gibt es noch zahlreiche dieser Terminals. Wer beispielsweise an einer Supermarktkasse der Globus-Gruppe bezahlen will, wird feststellen, dass Google Pay problemlos funktioniert, Apple Pay aber gar nicht.
Reaktionen von Verkaufspersonal und Kunden
Da das ganze Thema in Deutschland noch ziemlich in den Kinderschuhen steckt, fallen auch die Reaktionen sehr unterschiedlich aus. Es ist immer noch leicht, über mobiles Bezahlen ins Gespräch zu kommen, denn Kunden in der Schlange hinter mir sprechen mich oft darauf an: Sie hätten schon von mobilem Zahlen gehört, aber es noch nie live erlebt.
Manche Kassierer fragen ganz erstaunt: „Was machen Sie da mit Ihrer Armbanduhr?“ Sie sind dann sehr verwundert, wenn plötzlich die Kassenlade aufspringt und der Bon die Zahlung quittiert. Um Panik unter den Kassierern zu vermeiden, die mit dem mobilen Bezahlen noch nicht vertraut sind und nicht wissen, welche Knöpfe sie drücken müssen, sage ich inzwischen nur noch „mit Karte zahlen, bitte“.