Für sein neues Parfümerie-Storekonzept engagierte Mattias Mußler die Dittel Architekten. Die Stuttgarter Kombo stellte im Einkaufszentrum Gerbers ein bestechendes Design auf die Beine, das die Beratung, den Erlebnisfaktor und die Verknüpfung von Online- und Offlinehandel optimal unterstützt.
Zurück zu den Wurzeln
„Was ist eigentlich der Ursprung von Handel?“ Das fragten sich Mattias Mußler, Geschäftsführer von Mußler Beauty und Frank Dittel von DIA - Dittel Architekten zu Beginn des Projektes für die erste Filiale von Mußler Beauty by Notino im Stuttgarter Einkaufszentrum Gerbers. Hiermit wollten sie der Verbindung von Online und Offline eine gemeinsame Basis geben. Hintergrund: Erst im letzten Jahr fusionierte das Traditionsunternehmen Mußler Beauty mit Notino, einem der europaweit größten Onlinemarktplätze für Beauty-Produkte.
Die Frage führte sie in den Orient. „Im arabischen Raum waren Märkte der Mittelpunkt des sozialen Lebens und verkörpern die ursprüngliche Version des Handels. Dort sind Händler räumlich nach Waren und Gewerben voneinander getrennt. Nach diesem Prinzip haben wir die Bereiche im 300 Quadratmeter großen Mußler Beauty by Notino-Store aufgebaut, um auch der großen Spartenvielfalt der Parfümeriewelt gerecht zu werden“, beschreibt Diplomingenieur Frank Dittel. Ins Shopdesign umgesetzt wurden die Bereiche dann mit unterschiedlichen Looks.
Die Umsetzung des Projektes dauerte laut Dittel viereinhalb Monate, wobei sich Planung und Umsetzung teilweise überschnitten, damit der Laden sehr schnell geöffnet werden konnte. Die Fertigstellung brauchte knapp neun Wochen.
Interaktion, Emotion und vor allem: Beratung
Während die Wurzeln des Storekonzepts auf die arabischen Märkte zurückgehen, greifen besonders die Blow Bar („Hairstyle to go“) und Brow Bar auf Trends zurück, die Mußler auf seinen vielen Reisen nach Paris und in die Städte der Welt entdeckt hat. In diesen Bereichen dürfen Kunden Beauty-Produkte ausprobieren, Haare frisieren, Augenbrauen in Form bringen und sich beraten lassen – alles kostenfrei. Auch außerhalb der Öffnungszeiten des Gerbers finden auf der Fläche Aktionen statt, wie beispielsweise Schminkschulungen mit professionellen Makeup-Artists für Privatkunden. Ein separater Eingang unabhängig vom Einkaufszentrum macht das möglich. Dittel erklärt: „Brow- und Blow-Bars sieht man im Ausland relativ häufig und sie kommen sehr gut an. Ob diese Flächen hier auch so funktionieren, wird sich noch zeigen.“
Der ganze Store funktioniere vor allem über die Beratung. Hierzu stehen bis zu acht Mitarbeiter zur Verfügung. Sie können auch Produkte vorstellen, die nicht in den Regalen stehen und somit den Link zum Onlineshop herstellen. Denn ein weiterer Teil des Konzeptes ist es, nicht die breite Masse an Ware zu zeigen, sondern eher Nischenprodukte. Wenn es ein bestimmtes Produkt nicht im Store gibt, kann man dieses auch online bestellen und nach Hause schicken lassen. Die Mitarbeiter vermitteln den Kunden, dass sie kaufen dürfen, aber nicht müssen. Online bestellte Waren können bei Nichtgefallen außerdem auf der Fläche umgetauscht werden, auch in Verknüpfung mit einer zusätzlichen Beratung. Außerdem gibt es ein Click & Collect-Angebot. Die Filialbabholung soll noch mehr Kunden in den Store locken.
Showrooming ausdrücklich erwünscht – die Marke erlebbar machen
Dittel betont: „Die Idee des Stores ist, Vertrauen aufzubauen und die Marke erlebbar zu machen. Der Kunde soll durch die Services einen sehr guten Eindruck erhalten, wofür die Marke steht. Dieses Verständnis hat er dann auch zu Hause, wenn er den Onlineshop nutzt.“ Der Architekt ist nach zahlreichen Gesprächen mit Unternehmen der Überzeugung, dass an den Orten, wo eine Marke online und stationär zugegen sei, diese viel mehr Umsatz generiere als beispielsweise an Standorten, wo keine Verknüpfung der Kanäle bestehe. Deshalb solle die „Symbiose aus Online und Offline“ des Stores ausdrücklich in Richtung Showrooming gehen.
Die Details: Das exklusive Storedesign von Mußler Beauty by Notino im Gerbers
Die Aufteilung in verschiedene Bereiche zeigt sich im Store in unterschiedlichen Materialien und Farbgebung vor allem an den Rückwänden. Hierzu entwickelten die Gestalter unterschiedliche dezente Farbwelten. Sogar die Fugenfarben sind unterschiedlich.
Die Hauptmaterialien sind Holz, Metall und Leder. Gerade die Männerabteilung hat ihren eigenen Charme mit einem eher robusten Look. Die drei Säulen im Vordergrund sprechen mit ausgewählten Produkten drei unterschiedliche Altersgruppen an – 60, 40 und 20 Jahre.
Im Kontrast dazu stehen die Tapeten in Goldschimmer und Rosé – mit eher edlem und femininem Touch. Neutral gehalten ist das Grau im Parfümbereich, um hinter der Produktvielfalt etwas zurückzutreten.
Der absolute Hingucker: die begrünte Wand. Hier ist echtes Moos auf einem Trägermodulsystem angebracht. Dittel beschreibt: „Diese grüne Wand lebt eigentlich über die Luftfeuchtigkeit, die in der Fläche ist. Zusätzlich haben wir aber die Waschbecken darunter platziert, damit die Pflanzen auch wirklich genügend Feuchtigkeit erhalten. Das hatte uns im Vorfeld wegen der häufig eher trockenen, klimatisierten Shopping-Center-Luft Sorgen gemacht. Die Wand ist eins meiner Highlights, weil hier der Bezug zur Naturkosmetik so stark hervorgerufen wird.“
Mehr Infos über die Dittel Architekten gibt's hier.
Einen Rahmen für die unterschiedlichen Bereiche bildet das weiße, indirekt beleuchtete Deckenband aus Textil, das von der Decke hängt. Zahlreiche Schienenspots in Warmweiß sind die Hauptlichtquellen. Wichtig für das gesamte System war den Verantwortlichen eine gewisse Flexibilität – nicht nur bei den Spots, sondern auch teilweise bei den Möbeln, die eigens für diesen Store von DIA entworfen und vom tschechischen Ladenbauer Bakos gebaut wurden.
Flexibel ist vor allem der Bereich am Haupteingang. Frank Dittel beschreibt: „Diese Pop-up-Fläche haben wir dort positioniert, um dem Store in der Shopping-Mall die Möglichkeit zu geben, das Erscheinungsbild ein Stück weit zu verändern. Der Holzrahmen ist fest, die Regale sind mobil – so kann die Fläche modular genutzt werden. Dort werden vornehmlich Nischenprodukte und besondere Promotions gezeigt. Sie sollen emotionalisieren, dem Kunden immer wieder neue Trends zeigen und somit in den Store locken.“
Digitale Komponenten im Store
In der Mitte des Stores können sich die Kunden hinsetzen, etwas trinken und Tablets nutzen, um sich auch online zu informieren. Im Schaufenster zur Straße gibt es einen digitalen Screen, der Imagefilme und die angebotenen Services zeigt. Digitale Preisschilder soll es auch geben. Dittel sagt: „Die digitalen Medien sind so dargestellt, dass der Kunde sie nutzen kann – sie sind aber nicht plakativ in den Vordergrund gerückt.“