Food-Retail: von Self-Scanning bis zu autonomen Stores
EuroCIS vom 31. Mai bis 02. Juni 2022 in Düsseldorf präsentiert aktuelle Technology Trends
Als Amazon im Jahr 2018 den ersten kassenlosen „Amazon Go“-Store für das breite Publikum öffnete, waren sich in Europa die meisten Experten in der Bewertung einig: ein hochspannendes, technologisch sehr ambitioniertes Projekt, welches sich ein Unternehmen wie Amazon leisten kann, das für klassische Food-Retailer in absehbarer Zeit aber noch nicht umsetzbar sein wird.
Angeführt wurden die hohen Kosten, mangelndes technologisches Know-how und auch fehlendes Vertrauen der Verbraucher/-innen in ein solches Hightech-Konzept. Bis 2020 gab es bis auf wenige kleine Projekte tatsächlich kaum Ambitionen, im größeren Stil in kassenlose Stores zu investieren. Dann kam die Corona-Pandemie, und das Thema nahm – wie viele andere Digitalisierungs-Aktivitäten – in kurzer Zeit enorm an Fahrt auf.
Wie ernst es der LEH auch im DACH-Raum mit der Umsetzung meint, zeigen nicht nur die vielen unterschiedlichen Pilotprojekte, sondern auch die Ergebnisse der Studie „Technologie-Trends im Handel 2021“ des EHI Retail Institute (erscheint alle zwei Jahre im Frühjahr), an der knapp 100 Händler teilgenommen haben, darunter auch nahezu alle großen Food-Retailer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (insgesamt 32 Unternehmen des LEH). Erstmals taucht das Thema sowohl bei den Top-Zukunftstrends (29 Prozent Nennungen der Befragten) als auch bei den strategisch wichtigsten Projekten der nächsten Jahre (bei 25 Prozent der Befragten) auf. Es hat sich gezeigt, dass es vielfältige Umsetzungsoptionen gibt, die nicht unbedingt 1:1-Abbildungen des Amazon-Go-Konzepts sein müssen. Freilich sind derzeit noch viele Fragen offen: Welche Varianten werden in der Gunst der Kunden und Kundinnen vorne sein? Ab welcher Skalierung trägt sich eine solche Strategie wirtschaftlich? Gibt es nachhaltige Limitierungen bezüglich Sortimentsbreite und -tiefe sowie der Filialgröße? Sind alle Privacy-Aspekte bedacht worden? Die nächsten ein bis drei Jahre werden hier bereits an vielen Stellen Klarheit bringen.
Top-Trend künstliche Intelligenz
Ein weiteres Kernergebnis der Studie ist die ungebrochen positive Einschätzung der Entscheider/-innen bezüglich der Bedeutung von künstlicher Intelligenz für die Branche in den nächsten Jahren. 63 Prozent der befragten Unternehmen sehen diese als wichtigsten Zukunftstrend an. 54 Prozent gaben dabei an, KI bereits im Einsatz zu haben, weitere 25 Prozent haben konkrete Projekte für die kommenden Jahre. Die Definition von KI und die damit verbundene Frage, ab wann ein Projekt als „KI-relevant“ angesehen werden kann, variieren von Unternehmen zu Unternehmen. Das EHI hat sich daher entschlossen, seinen Studien derzeit eine eher „weiche“ Definition der KI zu Grunde zulegen.
Haupteinsatzgebiet der KI ist und bleibt daher auch das Themenspektrum „Analytics“ und hier vor allem der Bereich Forecasting & Replenishment, der heute 71 Prozent aller KI-Projekte im LEH auf sich vereint. Auch das Thema Self-Scanning und Self-Checkout hat im LEH in den Pandemiejahren nochmals einen weiteren Schub erfahren. War das Thema in der Studie 2019 nicht als eigener Top-Zukunftstrend erfasst, so steht es 2021 wieder weit oben auf der Trendliste der Entscheider/-innen. Dies ist neben der kontinuierlichen Marktdurchdringung klassischer SCO-Terminals im Wesentlichen auf zwei Effekte zurückzuführen: zum einen auf die sehr schnelle Umsetzung von Scan & Go-Projekten (sowohl per Kunden-Smartphone als auch mit Handhelds), zum anderen auf die zunehmende Bedeutung für die Food-Discounter, welche sich dem Thema SCO und Self-Scanning zumindest in Deutschland lange Zeit verschlossen hatten.
Handlungsbedarf bei ERP
„Dauerbrenner“ bei den Top-Projekten der kommenden Jahre bleibt im LEH die Erneuerung und Optimierung von ERP-Systemen. Anders als in der Handelsbranche insgesamt (dort ist nunmehr Analytics auf Position eins) gibt es im LEH offensichtlich noch viel Handlungsbedarf beim Thema ERP. Vor allem die „SAP/HANA“-Migration wurde sehr häufig als Beispiel von der Todo-Liste angeführt.
Ein Thema, welches zwar nicht in den Rankings der wichtigsten Zukunftstechnologien und strategisch relevantesten Projekte auftaucht, aber dennoch eine bemerkenswerte Entwicklung genommen hat, sind Electronic Shelf Label (ESL). Lange als unwirtschaftlich und nicht ausreichend funktional verschrien, haben sie sich nunmehr fest in der Food-Retail-Branche etabliert.
In 79 Prozent der im EHI-Panel vertretenen LEH-Unternehmen sind ESL bereits heute im Einsatz. Zwar muss hier zum Teil noch von einem Pilotstadium gesprochen werden (z.B. im LEH-Discount), 54 Prozent der Firmen geben allerdings an, den Einsatz der ESL in den kommenden Jahren deutlich ausweiten zu wollen. Gründe für diese Dynamik dürften vor allem ein deutlicher Preisrückgang der Tags und stark verbesserte Technologien sein, die wiederum mit besserer Lesbarkeit, flexibleren Anzeigemöglichkeiten und zusätzlichen Anwendungsbereichen verbunden sind.
Abschließend lohnt sich ein Blick auf das durchschnittliche IT-Budget im LEH. Dieses liegt aktuell bei 1,20 Prozent vom Nettoumsatz. Dieser Wert liegt nach wie vor deutlich unter dem Gesamtschnitt des Handels in Summe (1,47 Prozent), aber auch klar über dem Wert von 2019 (1,06 Prozent).
Die Ergebnisse der EHI-Studie reflektieren die aktuelle digitale Transformation, in der sich die Handelsbranche befindet. Die Hot Topics der diesjährigen EuroCIS – Analytics, Payment, Connected Retail, Customer Centricity, Seamless Store – sind perfekt darauf ausgerichtet, dem Handel ein umfassendes Lösungsspektrum für die aktuellen Herausforderungen zu bieten.
Die EuroCIS 2022 in den Hallen 9 und 10 des Düsseldorfer Messegeländes ist für Fachbesucher von Dienstag, 31. Mai, bis Donnerstag, 02. Juni 2022, täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet 25,- Euro, das Zwei-Tages-Ticket 45,- Euro. Studenten und Auszubildende zahlen 15,- Euro. Eintrittskarten sind nur online im Ticketshop erhältlich unter: www.eurocis.com