Die globale Handelsbranche steht derzeit vor den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Tiefgreifende Veränderungen im Einkaufsverhalten der Verbraucher, der rasante technologische Wandel, der sowohl die internen Prozesse der Unternehmen als auch die Kundenansprache massiv beeinflusst, die fortschreitende Globalisierung der Branche und das Entstehen völlig neuer Vertriebsformen verlangen dem Handel hohes Maß an Unternehmertum, Kreativität und Innovationsbereitschaft ab, um auch in Zukunft erfolgreich im Markt bestehen zu können.
Die Struktur der Handelslandschaft wird sich in vielen Ländern nachhaltig verändern: Es wird gerade in den gesättigten Märkten in Europa, Nordamerika und Ostasien zu Rückgängen in den Verkaufsflächen kommen, die Zahl der Geschäfte wird sich reduzieren. Handelsunternehmen mit einer langen Tradition, die in den letzten Jahren verpasst haben, sich an den veränderten Marktbedingungen auszurichten, werden vom Markt verschwinden.
Hersteller werden selbst zu Händlern
Gleichzeitig entstehen neue Player, die online und stationär auftreten und mit innovativen Sortimenten, mit neuen Ladenkonzepten, aber auch mit neuen Geschäftsmodellen punkten. Bereits in den letzten Jahren war zu beobachten, dass immer mehr Industriefirmen in eigenes Retail-Geschäft investieren. Vor allem in der Fashion-Branche wird sich dieser Trend weiter fortsetzen und den Wettbewerb zusätzlich verschärfen.
Der Online-Handel – Herausforderung und Chance
Die größte Herausforderung für den Handel ist aber sicherlich der Online-Handel. Eine Veränderung in der Branche, die wir in dieser Dimension seit Einführung der Selbstbedienung – in Deutschland war das im Jahr 1938 - nicht mehr erlebt haben. Was sich Ende der 90er Jahre zunächst noch als Strohfeuer entpuppte, ist nun doch weltweit zu einer festen Größe im Handel geworden. Überall auf der Welt steigt der Anteil des Online-Umsatzes stark an, zweistellige Wachstumsraten sind üblich und in den Volkswirtschaften mit geringem Wachstum des gesamten Handelsmarktes liegen die Marktanteile des Online-Handels mehr oder weniger bei 10 Prozent.
In Deutschland erwirtschafteten die 1.000 größten Online-Shops im Jahr 2012 einen Netto-Umsatz von 29,5 Mrd. Euro. Das entspricht einem Wachstum von 16,1 Prozent gegenüber 2011, nachdem der Markt in den zwei Jahres zuvor jeweils um 12 Prozent gewachsen war. Dies entspricht einem Marktanteil von insgesamt etwa 8 Prozent.
Die zehn umsatzstärksten Online-Shops in Deutschland
erwirtschaften 32,8 Prozent (Vorjahr: 32,0 Prozent) des Umsatzes der Top 1.000, die 100 umsatzstärksten Shops generieren 62,7 Prozent (Vorjahr: 64,4 Prozent) und die 500 umsatzstärksten Shops 85,5 Prozent (Vorjahr: 87,3 Prozent). Das Umsatzwachstum wird zurzeit vor allem durch reine Online-Händler und klassische Versandhändler getrieben, aber auch die Unternehmen mit Ursprung im stationären Handel machen Fortschritte im Online-Geschäft.
Kunden wollen guten Service und suchen das Erlebnis beim Einkauf
Das sich rapide verändernde Einkaufsverhalten der Verbraucher und die zunehmende Bedeutung des Online-Kanals haben auf die Gestaltung von Verkaufsflächen immense Auswirkungen. Der Verbraucher von morgen braucht zusätzliche Anreize, ein Geschäft zu betreten und dort auch einzukaufen. In vielen Branchen wird der Inszenierung des Geschäfts daher eine immer größere Bedeutung zukommen.
Gleichzeitig werden Service, Beratung und persönlicher Kontakt zum Kunden wesentliche Unterscheidungsmerkmale zum reinen Online-Kauf. Die Integration von Technologie in die Ladengestaltung, beispielsweise in Form von virtuellen Umkleidekabinen und der Einsatz mobiler Technologien wie iPads zur Verkaufsunterstützung spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die Handelsbranche hat die Trends erkannt und investiert kräftig
All dies ist bereits heute an den Investitionen der Branche ablesbar. Das Investitionsniveau im stationären Handel ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen und inzwischen auf einem Rekordniveau angekommen. Rund 6,8 Mrd. Euro wird der Einzelhandel im Jahr 2013 in Deutschland in den Aus-, Um- und Neubau von Geschäften investieren, das sind 700 Mio. Euro mehr als im Jahr 2009.
Allein für die Einrichtung neuer Geschäfte investieren die Handelsunternehmen in diesem Jahr rund 1,75 Mrd. Euro, und damit 350 Mio. Euro mehr als im Vergleichsjahr 2009 (+25 Prozent). Auf den Non-Food-Handel entfallen Ausgaben in Höhe von 950 Mio. Euro (+ 17,1 Prozent zu 2009), auf den Lebensmittelhandel rund 800 Mio. Euro (+ 37 Prozent zu 2009).
Branchenübergreifend stellen rund 50 Prozent der Handelsunternehmen im Vergleich zu 2009 einen gestiegenen Investitionsbedarf je Geschäft fest. Die Einrichtungskosten pro Quadratmeter sind in fast allen Branchen seit 2009 erheblich gestiegen, besonders deutlich im Lebensmittelhandel (Supermarkt + 6,5 Prozent; Großfläche + 27 Prozent) sowie im Textil-, Schuh- und Sportfachhandel (+ 14 Prozent).
Auch die Renovierungszyklen der Geschäfte haben sich im Durchschnitt aller Branchen von 9 Jahren auf 7,8 Jahre verkürzt. Je nach Branche beträgt die Beschleunigung der Renovierungszyklen zwischen 10 und 15 Prozent. Im Wettbewerb mit den neuen Anbietern im Internet werden die Verkaufsflächen deutlich aufgewertet und die dafür notwendigen Mittel steigen zur Freude der Anbieter von Ladeneinrichtung. Natürlich wird die Erhöhung der Einrichtungsinvestitionen auch getrieben durch Energiesparmaßnahmen, durch neue Beleuchtungssysteme und - im Lebensmittelhandel - durch immer mehr und andere Kühlung.
Onlinehändler sind auch mit eigenen Stores erfolgreich
Der Kunde von morgen erwartet bei vielen Sortimenten, den Einkaufskanal frei bestimmen zu können – die Grenzen zwischen stationärem Geschäft, Web und Mobile verschwimmen zunehmend. Die Investitionen in die Integration und Verknüpfung der unterschiedlichen Kanäle wird von vielen Handelsunternehmen als eine der größten technischen und organisatorischen Herausforderungen der kommenden Jahre gesehen.
Im vergangenen Jahr hatten 49,5 Prozent der Onlineshops zusätzlich ein oder mehrere stationäre Geschäfte. Zwei Jahre zuvor waren das noch 45 Prozent und die Quote wächst stetig. Die Ladenflächen werden zunehmend durch eigene Zonen für die Abholung oder die Rückgabe von im Internet bestellten Waren ergänzt. Click & Collect macht Schule und wird nach und nach das Gesicht der Geschäfte verändern.
Design und Technologie – die besten Beispiele aus dem Handel
Die zunehmende Qualität bei der Gestaltung von Geschäften zeigt sich auch an der Beteiligung am diesjährigen EuroShop Retail Design Award. Ein weltweites Expertenteam hat 83 Geschäfte aus 30 Ländern für diese Auszeichnung nominiert, und die Jury wird eine schwere Aufgabe haben, die drei Gewinner aus diesem hochkarätigen Bewerberkreis auszuwählen. Die Preisverleihung wird am Abend des 16. Februar ins Düsseldorfer Capitol Theater stattfinden.
Ein weiteres Highlight sind sicherlich die Retail Technology Awards Europe am Abend des 17. Februar, denn auch in technischer Hinsicht zeigt sich der Handel innovativer als je zuvor. Ob interaktive Umkleidekabinen oder Schaufenster, Bezahlung per Mobiltelefon, elektronische Kassenbons oder Scanning mit dem eigenen Handy – auch hier werden wieder echte Innovationen aus ganz Europa zu den Gewinnern zählen.
Für den stationären Handel ist die EuroShop eine große Chance, um Ideen zu finden, die das Einkaufen im Ladengeschäft für den Kunden schöner und bequemer machen, und er kann gleichzeitig auf der EuroCIS das notwendige Rüstzeug für das Online-Geschäft von morgen begutachten. Die EuroShop ist also eine echte Multi-Channel Messe und bedient damit den wichtigsten Trend in der Branche.
Der Anteil der stationären Händler am Online-Geschäft steigt weiter
Bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Online-Handels von 10 Prozent liegt der Umsatz der 1.000 größten Online-Shops in Deutschland im Jahr 2025 Jahren bei rund 100 Mrd. Euro. Wächst der Einzelhandel in diesem Zeitraum insgesamt Jahr für Jahr nur um 1 Prozent, dann wird der Marktanteil des Online-Handels bei knapp 24 Prozent liegen.
Das sind dramatische Veränderungen. Aber: Die Unternehmen des stationären Handels werden in den kommenden Jahren ihren Anteil am Online-Handel ausbauen, und sie werden auch in 10 Jahren mit guten Geschäften noch gute Geschäfte machen.
Die EuroShop 2014 kommt daher genau zum richtigen Zeitpunkt: Sie präsentiert sich größer, vielfältiger und kreativer als je zuvor in ihrer langen Geschichte und wird für viele Unternehmen eine wertvolle Inspirationsquelle auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft sein!
Das EHI Retail Institute ist ein Forschungs-, Bildungs- und Beratungsinstitut für den Handel und seine Partner mit rund 60 Mitarbeitern. Das internationale EHI-Netzwerk umfasst rund 700 Mitgliedsunternehmen aus Handel, Konsum- und Investitionsgüterindustrie. Gegründet wurde das Unternehmen 1951. Geschäftsführer ist Michael Gerling. Die GS1 Germany, eine jeweils 50 %-Tochtergesellschaft des EHI und des Markenverbandes, koordiniert die Vergabe der europäischen Artikelnummern (EAN) in Deutschland. In Kooperation mit dem EHI veranstaltet die Messe Düsseldorf die EuroShop, die weltweit führende Investitionsgütermesse für den Handel und die EuroCIS, wo neueste Produkte, Lösungen und Trends der IT- und Sicherheitstechnik vorgestellt werden.