André Reif, Jahrgang 1978, gründete MyMobai 2008 zusammen mit seinem Schulfreund André Richter. Die Firma mit Standorten in Leipzig und Dresden entwickelt Geschäftsmodelle und Applikationen für Mobilgeräte. MyMobai sieht sich inzwischen als deutscher Marktführer im Mobile Couponing. Richter sagt, sein Netzwerk habe derzeit eine Reichweite von 1,86 Millionen Nutzern. MyMobai verbreitet Rabattcoupons zum Beispiel für Europcar, Hertz, O2, Subway und ImmobilienScout24. Mobil-Coupons werden abhängig vom Standort des Nutzers verteilt. Reif spricht daher auch kleine Händler oder den Friseur um die Ecke an.
Prinzipiell ist es ein wachsender Markt. So bewerten es auch Media-, Werbe- und Marketingagenturen. Umfragen und Studien belegen eine hohe Akzeptanz bei den Besitzern mobiler Endgeräte – das ist auch unser Eindruck. Zwar ist Mobile Couponing noch keine direkte Konkurrenz für das konventionelle Couponing, aber die Marktanteile steigen rasant. Das geht einher mit einer generell steigenden Verbreitung moderner Smartphones – aktuell besitzt etwa jeder vierte Nutzer mobiler Endgeräte ein Smartphone – und der immer größeren Verbreitung von M-Commerce-Angeboten.
Wo steht das Couponing in Deutschland verglichen etwa mit den Vorreitern in den USA?
Ja, in den USA ist man bereits weiter. Das liegt neben der größeren Verbreitung von Smartphones vor allem an der höheren Akzeptanz von Online-Diensten und einem sorgloseren Umgang mit persönlichen Daten überhaupt: Fast ein Drittel der Erwachsenen mit Mobiltelefon in den USA ist bereit, die Telefonnummer einem Einzelhändler mitzuteilen, um mobile Coupons zu erhalten. Bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 34 Jahren ist es sogar jeder Zweite. In Deutschland ist man bei den eigenen Daten viel sensibler. Wir bieten daher eine Lösung an, bei der die Nutzer keinerlei persönlichen Daten angeben müssen, noch nicht einmal eine Mail-Adresse, was die Akzeptanz natürlich erhöht.
Warum hinkt Deutschland bei Coupons seit Jahrzehnten hinter den USA her?
Couponing ist in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Gebrauch, der erste Anbieter war vermutlich dieser eine bekannte Limonaden-Hersteller. Seit dieser Zeit sind Coupons fester Bestandteil der US-amerikanischen Konsumrealität – quasi jede Packung ist mit einem Coupon bedruckt und bei fast jedem Einkauf gibt es am Ende des Kassenzettels einen Coupon-Abschnitt. In Deutschland ist Couponing erst seit August 2001 mit dem Wegfall des Rabattgesetzes von 1933 möglich. Daher hat es noch lange nicht dieselbe Bedeutung wie in den USA. In der Verbraucherwahrnehmung ist es noch nicht so stark verankert. Hinzu kommt eine Vielzahl rechtlicher Bestimmungen, die das Anwendungsspektrum der Coupons einengen, beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und das Rabattverbot bei Zeitungen, Büchern und Tabakwaren.
Haben gedruckte Coupons in Anzeigen oder auf Handzetteln bald ausgedient?
Einen genauen zeitlichen Rahmen kann natürlich niemand nennen. Aber die Zuwachsraten bei Smartphones und Apps und die Annahme von Location-based-Services bei den Nutzern sprechen eine deutliche Sprache. Eine Befragung zur Akzeptanz von Mobile Couponing hat ergeben, dass 68 Prozent Interesse an ortsbezogenen Diensten haben. Das liegt auch an der immer intuitiveren Benutzerführung. Hinzu kommt, dass Mobile-Couponing-Kampagnen wesentlich günstiger und schneller umzusetzen sind und die höheren Einlösequoten bieten.
Welche Vorteile bieten mobile Coupons gegenüber Web-Coupons und gedruckten Coupons?
Mobile Coupons sind immer zur Hand, immer aktuell, zerfleddern nicht, beanspruchen keinen Platz in der Geldbörse, und da sie nicht einzeln vertrieben werden, sondern meist über eine App zusammen mit anderen Coupons, steht zu jedem Zeitpunkt ein großes Angebot zur Verfügung. Die ständige Verfügbarkeit unterwegs macht es möglich, auch sehr kurzfristig Entscheidungen umzusetzen, beispielsweise ein Hotel zu buchen, was dem Nutzer ein hohes Maß an Freiheit und Unabhängigkeit bietet. Der wirklich originäre USP von mobilen Anwendungen – und das trifft auch auf das Mobile Couponing zu – sind die location-based Services. Durch den Ortsbezug werden die Konsumenten genau dort erreicht, wo sie sich gerade befinden, und es werden nur die Angebote präsentiert, die auch erreichbar sind, was wiederum Impulskäufe ermöglicht. Weitere Wachstumsgründe sind die Weiterentwicklungen in der Scan-Technologie für Barcodes, wie zum Beispiel die Einführung von Area-Imaging-Scannern, die auch zweidimensionale Barcodes lesen können – was die direkte digitale Erfassung an der Ladenkasse ermöglicht und die Convenience für den Kunden steigert. Oder die immense Kostenersparnis durch den digitalen Versand der Coupons.
Wie groß ist die Bereitschaft der Handy-Nutzer, Coupons zu empfangen? Welche Zielgruppe erreicht man auf diesem Weg?
Annähernd 70 Prozent aller Konsumenten, die über ein Handy verfügen, sind am Mobile Couponing interessiert. Als Zielgruppe sind dabei vor allem Digital Natives und junge Erwachsene im Fokus, und über letztere werden wohl auch Mehrpersonenhaushalte angesprochen, denn dort herrscht auch ein signifikant höheres Interesse an Mobile Couponing-Angeboten.
Wie funktioniert die Prozesskette beim mobilen Couponing? Wer übernimmt das Clearing zwischen Industrie und Handel?
An zentraler Stelle steht der Couponing-Anbieter. Er liefert das Backend, über das die Coupon-Kampagnen angelegt und verwaltet werden. Er sorgt für die Integration der Coupons in unterschiedlichste Vertriebskanäle und führt Reichweiten-Anbieter in einem Netzwerk zusammen. Aktuell müssen bei bestimmten Einlösemodellen noch Clearing-Häuser die Abwicklung zwischen Hersteller und Einzelhandel übernehmen, da nur sie über Banklizenzen verfügen. Ab dem 30. April 2011 ändert sich die Gesetzeslage aber. Jetzt können auch andere Unternehmen in dieses Marktsegment eintreten und über die BaFin speziell für den E-Commerce angepasste Lizenzen beantragen.
Wer ist zurzeit besonders aktiv bei der Verteilung von Mobil-Coupons?
Mobile Coupons sind für fast alle Branchen interessant. Laut einer aktuellen Umfrage werden momentan allerdings die meisten Coupons im Lebensmitteleinzelhandel und im Drogeriehandel verteilt, also in Branchen mit schnell drehenden Produkten.
Welche Vergünstigung muss man ausloben und welche Responsequote ist damit möglich?
Im Mobile Couponing rechnen wir mit Response- oder Einlösequoten von durchschnittlich 10 Prozent – im Gegensatz zu 0,5 Prozent im konventionellen Couponing. Wohlgemerkt: ein Durchschnitt von 10 Prozent. Die Quoten liegen zum Teil noch wesentlicher höher. Das ist sicherlich auch abhängig von der Art des Angebots und dem Umfeld der Couponing-Aktion – ein 50 Prozent-Rabatt bei einem Einkauf ab Hundert Euro sprengt in der Vorweihnachtszeit schon fast die Skala, und für einen Rabattwert von 10 bis 15 Prozent würde sich immerhin jeder Fünfte noch locken lassen.
Handys kann man orten und mit Coupons rund um den Standort anfunken. Lohnen sich Coupons auch für den Bäcker um die Ecke? Welche Response-Quoten sind für kleine Händler realistisch?
Mobile Coupons eignen sich generell für den Einzelhandel und die Gastronomie. Die Größe des Unternehmens spielt dabei gar keine besondere Rolle. Wirklich relevant ist erstens, ob sich der Coupon unkompliziert einlösen lässt – hierfür muss eine Kasse über die entsprechenden technischen Möglichkeiten verfügen. Und zweitens, ob die entsprechende Zielgruppe des Kunden auch über mobile Endgeräte zu erreichen ist. Moderne Bäckereien oder Filialketten gehören sicherlich zu denjenigen, für die Mobile Couponing ein sehr attraktives Marketinginstrument ist.
Interview: René Schellbach, iXtenso.com