Der Umsatz im Einzelhandel stagniert. Cross-Channel-Commerce, das Angebot eines kanalübergreifenden Einkaufserlebnisses, kann den Umsatz von Handelsunternehmen im Internet-Zeitalter fördern. Dennoch fehlt es vielen Händlern an einer sinnvollen Integration ihrer Vertriebskanäle: Produktsortiment, Preisgestaltung, Serviceleistung oder Zuständigkeiten sind meist nicht aufeinander abgestimmt.
Dies ist das Ergebnis einer Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint und des IIHD | Institut für internationales Handels- und Distributionsmanagement in Zusammenarbeit mit dem Magazin "Der Handel" unter 69 europäischen Handelsunternehmen. Weniger als ein Viertel aller Handelsunternehmen besitzen wirksame Cross-Channel-Commerce Strategien. Die allermeisten Unternehmen definieren keine Cross-Channel-Strategie, stellen kein Budget und Personal zu deren Umsetzung bereit oder verpassen es, ein geteiltes Verständnis zwischen den Vertriebskanälen aufzubauen.
Cross-Channel-Vertrieb nur selten wichtiges Thema
Bei 36 Prozent der befragten Unternehmen ist der kanalübergreifende Vertrieb kein Thema im Top Management. Stattdessen überwiegt die Trennung von Filial- und Onlineprozessen sowie -strukturen: 60 Prozent der Unternehmen haben für jeden Vertriebskanal ein eigenes Management. Knapp jedes Zweite sieht in der Verzahnung keine Priorität oder plant dies frühestens ab 2015. Das ist eine bedenkliche Ausgangslage im Hinblick auf eine zunehmende Verlagerung der Shoppingtour ins Internet. "Käufer schätzen integrierte Services, zum Beispiel wenn sie mit ihrem Smartphone Produktbewertungen über Barcodes an Verkaufsregalen abrufen oder Onlinekäufe noch am selben Tag in der Filiale abholen können", so Kay Manke, Partner bei BearingPoint. "Der Handel sollte auf diese Erwartungen reagieren und unterschiedliche Verkaufskanäle vernetzen. Sonst riskieren Händler, Marktanteile an besser aufgestellte Wettbewerber zu verlieren."
Lückenhafte Informationen über Kundenansprüche- und wünsche
Ein stimmiges Vertriebskonzept und individuelle Kundenangebote erfordern ein klares Bild über Kaufgewohnheiten im Geschäft sowie im Internet, zum Beispiel zu Umsätzen oder Bonusprogrammen. Wie die Studie zeigt, hat allerdings nur ein Drittel der Handelsunternehmen umfassende Kenntnis über ihre Käufer. Rund 70 Prozent können lediglich auf kanalspezifische Kundendaten zugreifen oder tauschen teilweise Erfahrungswerte zwischen offline- und online-Vertriebskanälen aus. Damit verspielen Händler ihre Chancen, durch optimierte Angebote und Services bei Kaufinteressierten zu punkten. Informationsbarrieren sind auch auf die mangelnde technische Ausstattung zurückzuführen. Aufgrund der fehlenden IT-Integration kann die Mehrheit der Unternehmen Informationen zu Artikelbeständen, Preisen und Käuferpräferenzen nur behelfsmäßig austauschen. Die resultierende doppelte Datenverwaltung und geringe Transparenz machen die Cross-Channel-Vertriebssteuerung ineffizient und wenig effektiv.
Filialgeschäft dominiert den Vertrieb weiterhin
Der Onlinehandel wird von etablierten Stationärhändlern weiterhin stiefkindlich behandelt. Gerade einmal 20 Prozent bieten einen Zustelldienst für Onlinekäufe in den jeweiligen lokalen Filialen an. Gesammelte Informationen aus online- und mobil-Kanälen werden Filialen nahezu nicht zur Verfügung gestellt. Grund für die zögerliche Zusammenführung der Kanäle sind laut Studie das Beharren auf bewährte Organisationen sowie die Schwierigkeit, bestehende Prozesse und Denkmuster neu auszurichten.
Kanäle systematisch kombinieren
"Ein verstärkter Fokus auf Cross-Channel-Commerce ist in Zukunft erfolgsentscheidend. Allerdings wird ein 'one-size fits all'-Ansatz mit einer einheitlichen Strategie für alle Bereiche nicht haltbar sein. Um Umsatzchancen zu nutzen, sollten Händler die einzelnen Kanäle genauestens unter die Lupe nehmen und systematisch zusammenführen. Eine klare Stoßrichtung fördert auch das Zusammenspiel der beteiligten Unternehmensbereiche", so Kay Manke.