„Liebe Händler und Kunden, werden Sie Freunde – Ladenfreunde!“

Die Onlineplattform Ladenfreun.de bringt lokale Händler und ansässige Kunden zusammen. Das Erkennungszeichen: ein Produkt.

Photo
Quelle: unsplash

Wie kann man eine Brücke vom Onlinehandel in die Fußgängerzone schlagen? Diese Frage hat sich ein Nürnberger Startup gestellt und hat auch eine Antwort anzubieten: Ladenfreun.de. Gründer Matthias Hueber spricht im Interview über die Idee hinter dem Internetportal, die Herausforderungen, vor denen Innenstädte und lokale Einzelhändler aktuell stehen, und was diese für das Stadtmarketing bedeuten.

Mehr rund um lokalen Einzelhandel:

Photo
Photo
Photo
Photo

Herr Hueber, wie steht es um Ihr eigenes Shoppingverhalten – Wie kaufen Sie ein?

Hier in Nürnberg gibt es noch eine gute Auswahl an inhabergeführten Läden in den zentrumsnahen Stadtteilen. Vieles kann ich dort oder in der Innenstadt finden. Dennoch gibt es immer wieder Artikel, die man vor Ort nicht findet. Dann ist zuerst der Onlineshop mit Ladengeschäft im Hintergrund mein nächstes Ziel. Weitere Kriterien für meine Kaufentscheidung sind dann, dass der Onlinestore wenigstens hier in Deutschland vertreten ist und auch über entsprechenden Support verfügt. Bis jetzt habe ich mit dieser Vorgehensweise gute Erfahrungen gemacht.

Viele shoppen schlicht direkt online. Warum?

Der Onlinehandel hat ganz neue Kaufmuster geschaffen, die wir als Kunden ungern wieder aufgeben, da wir dadurch hinsichtlich Produktvielfalt, Preisvergleich und Verfügbarkeit inzwischen viele Vorteile gewohnt sind. Der lokale Einzelhandel kann hingegen durch Fachkompetenz, Idealismus und Nähe punkten.

Er weist aber gleichzeitig auch Schwächen auf. Vor welchen Herausforderungen stehen Städte und der dort ansässige Einzelhandel heutzutage?

Einkaufszentren und Innenstädte wirken oft austauschbar, da hohe Mieten viele inhabergeführte Läden aus den Innenstädten verdrängt haben. Vielleicht hilft dagegen eine Art Quote oder eine Selbstverpflichtung für Vermieter, Ereignisräume und Popup-Stores zu schaffen, in denen vieles möglich ist – von Kleinkunst über Begegnung bis hin zum regionalen Kunsthandwerk, um Innenstädte wieder unverwechselbarer und familienfreundlicher zu machen.

Illustration zu Ladenfreun.de
Wie funktioniert Ladenfreun.de?
Quelle: Ladenfreun.de

Wie muss Stadtmarketing gestaltet werden, damit Sie in der Innenstadt einkaufen?

Der digitale Handel ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil viele Onlinehändler die Chancen des Inbound-Marketing erkannt haben und über Blogs, Shops etc. Kunden bei der Produktauswahl im Vorfeld unterstützen. Es liegt dann nahe auch dort zu kaufen, wo ich vorher als Interessent gute Tipps für meinen Einkauf bekommen habe. Innovatives Stadtmarketing sollte dieser Entwicklung bedienen und digitale Transformationsprozesse mehr im Blick haben.

Apropos „innovativ“: Welche Idee steckt hinter Ladenfreun.de?

Läden sind wichtige Orte in den Stadtteilen, aber durch Zersiedelung und Onlinehandel geht ihre Bedeutung und ihr positiver Einfluss auf das Wohnumfeld immer mehr verloren. Hinter Ladenfreun.de steckt deshalb die Vorstellung, reale soziale Räume zu erhalten, indem man sie in digitale Realitäten integriert. Die Idee dazu bestand schon länger, die Krise und der Lockdown rund um die Corona-Pandemie waren letztlich die Impulsgeber, die Idee umzusetzen, der Öffentlichkeit zu präsentieren und lokale Händler zu unterstützen.

Wie funktioniert Ladenfreun.de?

Der Ablauf ist denkbar einfach: Nutzer geben ihren Standort und den gewünschten Umkreis ein, stellen eine Produktanfrage und können diese einer Kategorie zuordnen. Haben sich passende Händler angemeldet, werden diese per E-Mail benachrichtigt und können dem Kunden ein Angebot unterbreiten, der daraufhin den Artikel kaufen und sich auf Wunsch beraten lassen kann.

Wie können lokale Einzelhändler Teil Ihres Angebots werden und welche Vorteile bieten sich?

Einzelhändler können sich auf Ladenfreun.de selbst registrieren oder Werbegemeinschaften beziehungsweise Handelsverbände auf unser Angebot aufmerksam machen. Die Händler haben dadurch den Vorteil, dass sie ohne großen Aufwand zusätzlich zum vorhandenen oder ohne eigenen Onlineshop im Internet präsent sind. Außerdem können sie im größeren Umkreis Neukunden dazu oder ins Netz abgewanderte Kundschaft zurückgewinnen.

Darüber hinaus können Werbegemeinschaften, Einkaufsverbände etc. ihre Mitglieder unterstützen, indem sie mit einem Abo die erweiterte Nutzung von Ladenfreun.de anbieten und so den gängigen Marketing-Mix bestehend aus Gutscheinverkauf, Lieferservice und Web-Schaufenster um ein wirkmächtiges Online-Tool erweitern. So kann man lokale Kaufkraft mit wenig Aufwand wieder an den Einzelhandel vor Ort binden.

Ein Blick in die Zukunft: Wie glauben Sie, sehen unsere Innenstädte in 20 Jahren aus?

Ein zugegebenermaßen optimistisches Szenario könnte sein, dass sich in den Stadtteilen leerstehende Läden wieder vermehrt mit Leben füllen und die Fußgängerbereiche zu Erlebniszonen geworden sind, in denen sich neue nachhaltigere Formen des Konsums etablieren und mehr Begegnung stattfindet. Neben Repair-Cafés, Popup-Stores und Upcycling-Werkstätten, entsteht durch Kleinkunst und Begegnungszonen Raum für spontanes Entdecken und Verweilen, jenseits maximal durchinszenierter Konsumwelten.

Interview: Katja Laska

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge zum Thema
Beliebte Beiträge