Neben die Kundenbeziehungspflege per Datenbank, Hotline und Dialogwerbung per Post tritt immer stärker das Internet. Nun zeichnet sich ein neuer Kommunikationsweg ab, der Chancen birgt und viele Risiken. Mit Social Media, sozialen Netzwerken, kann praktisch jeder über jeden etwas im Web veröffentlichen – egal ob wahr oder nicht. Die Empfehlungen von „Freunden“ in verschiedenen Communities scheinen plötzlich glaubwürdiger als klassische Werbung.
Facebook gilt zurzeit als „das goldene Kind“ des Internets. Wie vor ein paar Jahren bei „Second Life“ stellt sich dem Handel die Frage: Muss man hier dabei sein und was bringt das? Der ROI lässt sich jedoch kaum kalkulieren, da Ursache und Wirkung verschwimmen. Wurde mehr verkauft wegen den neuen Freunden auf Facebook oder weil das Wetter die Leute in die Läden lockte? Welche Rolle spielte die Website, der Online-Shop, die neue Werbekampagne? Klar ist: Die Kunden werden zu Multi-Channel-Kunden. Sie informieren sich online, über Smartphone oder im Bekanntenkreis und kommen dann in den Laden – oder umgekehrt.
Facebook wurde zum Synonym einer neuen Art von Kommunikation. StudiVZ oder andere Communities bleiben weit zurück, Xing ist ohnehin eher eine Business-Plattform. Aber dabei wird es nicht bleiben. Mit Google+ drängt ein zweiter US-Gigant auf den Markt. Google+ wächst rasant, hat gerade die Marke von 25 Millionen Nutzern weltweit überschritten. Facebook dagegen zählt allein in Deutschland über 20 Millionen aktive Nutzer. Doch für die ersten 25 Millionen User brauchte Facebook drei Jahre. Händler sollten daher nicht nur auf Facebook achten, sondern auch auf die Online-Welt außerhalb.
Nutzermeinungen sorgfältig analysieren
Für Händler gibt es verschiedene Möglichkeiten, wenn sie wissen wollen, was die Internetnutzer über sie schreiben. Zuallererst sollte man regelmäßig den eigenen Firmennamen und sich selbst „googeln“. Interessant ist auch, nach den Marken im eigenen Sortiment zu sehen. Yasni ist eine Personensuchmaschine, welche andere Suchmaschinen anzapft. Diese Metasuche führt zu Texten und auch zu Bildern im Netz.
Das Institut für Handelsforschung (IFH) an der Universität Köln analysiert die Nutzermeinungen im Web mit dem „Social Media Scanner“. Nach und nach werden die verschiedenen Handelssegmente unter die Lupe genommen, zuletzt die Unterhaltungselektronik, die mit über 20 Mrd. Euro Umsatz 2010 offline wie auch online zu den Schwergewichten des deutschen Einzelhandels zählt. Früh nutzte man hier die Möglichkeiten des Online-Verkaufs. So werden auch im Web Themen rund um den Bereich Consumer Electronics (CE) vergleichsweise stark diskutiert. Entsprechend ihrer Marktpräsenz sind insbesondere Media Markt und Saturn Spitzenreiter in den Diskussionen um Serviceleistungen, während der Versandhändler Alternate aus Linden (Hessen) am häufigsten in Zusammenhang mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis diskutiert wird.
Der Scanner informiert über die Social Media-Relevanz von ausgewählten Händlern und Marken innerhalb der jeweiligen Branche, deren Position im Markt und deren Stellung im Vergleich zum Wettbewerb. Kurzfassungen liest man gratis im Pressearchiv die kompletten, vierteljährlich erscheinenden Studien kosten 1.500 Euro, im Abo sind es 5.300 Euro.
Giftige Wäsche – giftige Kommentare
Dass Social Media für den Handel zum zweischneidigen Schwert wird, zeigt das aktuelle Beispiel Greenpeace. Die Umweltschützer genießen bei Journalisten hohe Glaubwürdigkeit, nur selten werden die Vorwürfe der Organisation kritisch hinterfragt. „Giftige Wäsche“, titelte beispielsweise die Süddeutsche Zeitung im August. Es ging um schädliche Chemikalien, welche von Greenpeace beauftragte Chemiker in Markenklamotten gefunden haben. Bislang waren Discounter wie Kik in der Kritik. Nur wenige Stunden nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe diskutierten die User bereits heftig in Blogs und Foren. Nicht nur für Greenpeace ist Facebook bei Kampagnen ein besonders effektives Werkzeug, denn die Empörten dieser Welt können ohne großen Aufwand ihre Kurzkommentare anfügen und weiterleiten.
Twitter nutzen für den Kundendialog
Zum fünften Geburtstag des Kurznachrichtendienstes Twitter gibt das Siegfried-Vögele-Institut ein kostenloses Whitepaper heraus. Es soll Unternehmen als Leitfaden dienen, wie Twitter im Rahmen des Kundendialogs genutzt werden kann. Auf 19 Seiten wird beschrieben, was man von der Anmeldung bis zur Erfolgskontrolle beachten sollte. Das Institut, eine Tochter der Deutschen Post, setzt kein großes Fachwissen voraus, nennt Literatur-Quellen und warnt auch vor den Risiken.
Mit dem Suchbegriff „twitter-tipps“ erzielt man bei Google 35.000Treffer. Ein Klassiker ist jedoch der PR-Bloger und Buchautor Klaus Eck. Seine „30 Tipps zum erfolgreichen Twittern“ sind heute noch so aktuell wie damals. Vieles davon passt auch für den Versand von Newslettern. Die Beschränkung auf 140 Zeichen erfordert jedoch einen besonderen Telegrammstil. Und um gehört zu werden, braucht man möglichst viele „Follower“ und möglichst viele der eigenen Meldungen („Tweets“) sollten von diesen Fans weitergeleitet werden („retweet“). Jeder Twitter-Beitrag hat eine eigene Internet-Adresse, die URL wird von Google gefunden. Twitter dient damit auch der Suchmaschinen-Optimierung. Abonnenten, so Eck, gewinnt man, wenn man deren Interesse abdeckt. „Immer an die Leser denken“, lautete auch die Maxime von Helmut Markwort seit der Gründung des Nachrichtenmagazins „Focus“. Stets sollte man die Twitter-Aktivitäten mit anderen Online-Auftritten durch wechselseitige Verlinkung verknüpfen. Eck warnt aber auch: Man kann in der Twitterwelt viel Zeit verlieren.
Klaus Eck verfasste auch eine „Liste der 20 größten Twitter-Fehler“. Belanglose Meldungen sind uninteressant, automatische Tweets und zu viele Meldungen pro Tag oft auch. Persönliche Angriffe sollte man ebenso vermeiden wie Werbemüll. Marken haben keine Persönlichkeit und tun sich schwer beim Twittern, Abhilfe schaffen Personen, die man mit der Marke identifizieren kann. Sie werden im Englischen „Evangelists“ genannt.
Und was sollten Firmen bei Facebook tun oder lieber lassen? Auch hier findet man im Netz zahllose Tipps. Man sollte jedoch jene ausblenden, die sich an unvorsichtige Privatnutzer wenden. Wenn man die Suche auf Tipps für Unternehmen eingrenzt, landet man oft bei Agenturen, welche mit Ratschlägen Kunden für ihre Dienste zur Online-Kommunikation gewinnen wollen. 50 lesenswerte Facebook-Tipps für Unternehmen hat die Agentur SMO14 auf ihrer Website.
René Schellbach, iXtenso.com