Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel war auch im Jahr 2018 durch ein Fortschreiten der bereits seit einigen Jahren erkennbaren Konzentration und Konsolidierung gekennzeichnet. Der Trend zu einer weiteren Zunahme der Gesamtverkaufsfläche bei rückläufiger Anzahl der Verkaufsstellen setzt sich unvermindert fort. Innerhalb der letzten zehn Jahre ging die Anzahl der Verkaufsstellen um rund 7,0 Prozent zurück, während die Verkaufsfläche um ca. 8,7 Prozent zulegte. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der neuen DIWG valuation-Untersuchung „Trendreport Lebensmitteleinzelhandel 2019“, die zum vierten Mal veröffentlicht wird.
Andreas Borutta, Geschäftsführer der DIWG valuation GmbH: „Unsere Neuauflage bietet neben einem Update der Kennzahlen zum Vermietungs- und Investmentmarkt auch eine Übersicht, wie sich neue Trends und Innovationen im Lebensmitteleinzelhandel innerhalb der letzten Jahre entwickelt haben und mit welchen Herausforderungen zu rechnen ist. Neben dem Wettbewerb zwischen den Lebensmittel-Vollsortimentern und Discountern geht der Report insbesondere auf die verschiedenen Betriebstypen bei den Vollsortimentern und die wichtigsten Wettbewerber ein, die Rückschlüsse auf die Attraktivität entsprechender Immobilien zulassen.“
Mieten verzeichnen Seitwärtsbewegung
Die Mieten im Lebensmitteleinzelhandel sind nach wie vor unter Druck. Anders als bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien in den 1a-Lagen deutscher Großstädte, wo in den letzten Jahren im Zuge des Immobilienbooms teils starke Mietpreissteigerungen zu verzeichnen waren, zeigen die Mieten im Lebensmitteleinzelhandel lediglich eine Seitwärtsbewegung mit geringen Schwankungen. Die durchschnittlichen Mieten lagen, je nach Jahr der Anmietung, zwischen 8,22 und 11,25 Euro pro Quadratmeter. Im Jahr 2018 wurde mit einem Durchschnitt von 8,22 Euro pro Quadratmeter der bislang niedrigste Wert registriert, nachdem bereits seit 2016 eine rückläufige Tendenz erkennbar war. Bei der langfristigen Betrachtung für den Zeitraum 2000 bis 2018 ergibt sich jedoch insgesamt ein leicht positiver Trend.
Nachfrage nach Einzelhandelsinvestments ungebrochen
Die in den letzten Jahren starke Nachfrage nach Einzelhandelsinvestments hat auch 2018 weiter angehalten. Allerdings hat sich 2018 der schon in den beiden Vorjahren erkennbare Trend eines geringeren Anteils von Einzelhandelsinvestments am gesamten gewerblichen Investitionsvolumen fortgesetzt. Ursache ist vor allem das geringe Angebot an Einzelhandelsimmobilien. Insgesamt kommen nur wenige Objekte auf den Markt, von denen wiederum ein Teil aufgrund der Lage, Mieterstruktur oder Gebäudesubstanz nicht den Anforderungen der Investoren entspricht. Borutta führt aus: „Waren noch vor wenigen Jahren vor allem Einzelobjekte gefragt, stehen mittlerweile Portfolios in der Gunst der Anleger besonders weit oben, weil hierdurch der Verwaltungsaufwand reduziert werden kann und zugleich höhere Investitionsvolumina auf einen Schlag realisierbar sind.“ Im letzten Jahr wurden bei einem Investitionsvolumen von rund 79,0 Milliarden Euro in gewerbliche Immobilien rund 10,3 Milliarden Euro in Einzelhandelsobjekte investiert. Dies entspricht einem Anteil von 13 Prozent. Auf Fachmärkte und Fachmarktzentren, zu denen auch Supermärkte, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser gehören, entfielen 43 Prozent des Investitionsvolumens der Einzelhandelsobjekte.
Aktuell bevorzugen Marktteilnehmer Investments in Fachmarktzentren mit einem Supermarkt oder Verbrauchermarkt als Ankermieter gegenüber einem nicht Lebensmittel bezogenen Ankermieter. Dieses spiegelt sich teilweise direkt im Kaufpreisfaktor wider, der dann ein bis zwei Faktoren höher liegt. Bedingt durch die nach wie vor hohe Nachfrage sind die Renditen weiter auf Talfahrt. „Ein Ende dieses Trends ist nicht absehbar, vielmehr hat sich der Rückgang der Renditen bei Fachmarktzentren noch einmal beschleunigt. Zum Ende des Jahres 2018 lag die aggregierte Spitzen-Nettoanfangsrendite an den deutschen Top 6-Standorten für Fachmarktzentren bei 4,35 Prozent. Einzelne Fachmärkte erreichten mit 5,20 Prozent etwas höhere Spitzenrenditen“, so Borutta.
Bio-Supermärkte auf Wachstumskurs
Während die „klassischen“ Lebensmittel-Vollsortimenter und Discounter in den letzten Jahren nur geringe Wachstumsraten verzeichnen konnten, ist bei Bio-Supermärkten ein regelrechter Boom zu erkennen. Damit einhergehend hat ein Wandel vom inhabergeführten Bioladen hin zu professionellen und überregionalen Anbietern mit weit verzweigtem Filialnetz stattgefunden. So kamen die vier größten Anbieter in Deutschland – Alnatura, denn´s bio, BioCompany und Basic – im Jahr 2017 auf einen Nettoumsatz von mehr als 1 Milliarde Euro.
Der Expansionsdrang der Bio-Supermärkte hat auch für viele Immobilienbesitzer positive Seiten. Aufgrund der in den letzten Jahren immer weiter gestiegenen Flächenanforderungen, besonders bei Lebensmitteldiscountern, sind zahlreiche Ladenflächen für Aldi, Lidl & Co. zu klein geworden. Dies betrifft vor allem Objekte mit einer Gesamtfläche von 600 bis 800 Quadratmeter. Langanhaltende Leerstände oder Vermietungen zu Preisen weit unterhalb des ursprünglichen Mietpreises, z.B. an Textil- oder Haushaltswarendiscounter und Getränkemärkte, waren die Folge. Genau diese Flächengröße wird jedoch von Bio-Supermärkten bevorzugt, die damit als Nachmieter ehemaliger Discounterflächen stark an Bedeutung gewinnen und zudem Mieten zahlen, die auf oder meist sogar über dem Niveau von Lebensmitteldiscountern liegen.
Innovationen nur teilweise erfolgreich
Der stationäre Lebensmitteleinzelhandel zeigt sich insgesamt verhalten innovationsfreudig. Es dauert oftmals lange, bis Trends aus anderen Lebensbereichen im Lebensmitteleinzelhandel Einzug halten. Borutta begründet: „Offenbar bestand aus Sicht vieler Anbieter in den letzten Jahren auch keine große Notwendigkeit, grundlegende Parameter des Geschäftsmodells zu verändern, frei nach dem Motto: Lebensmittel braucht der Kunde in jedem Fall, also machen wir weiter wie bisher.“ Die bislang augenfälligste Entwicklung oder Innovation ist in der Ausgestaltung der Verkaufsflächen zu sehen. Einhergehend mit der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung werden neue Verkaufsmärkte generell - und ältere nach und nach - optisch deutlich hochwertiger gestaltet. Hier ist erkennbar, dass die Kunden tendenziell anspruchsvoller werden und nicht nur höherwertige Lebensmittel nachfragen, sondern diese auch in einem entsprechend gestaltetem Ambiente angeboten bekommen möchten.
Fazit
„Themen wie Convenience, City-Konzepte, E-Commerce und Ladengestaltung gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die immer stärker digitalisierte Welt verändert unser Verhalten, und dieser Verhaltensänderung passen sich die Marktteilnehmer an. So lange die EZB an der Niedrigzinspolitik festhält, gehen wir von einer weiterhin stabilen Nachfrage nach Einzelhandelsinvestments aus. Hierdurch dürfte der Druck auf die Renditen weiter zunehmen, so dass mit einem weiterhin leichten aber kontinuierlichen Rückgang zu rechnen ist“, so Borutta in seinem Fazit.