Nachhaltigkeit ist das zentrale Schlagwort in der heutigen Unternehmenswelt. Doch wie kann man echtes Engagement von bloßen Behauptungen unterscheiden? Wie können Verbraucher*innen sicher sein, dass Händler*innen wirklich halten, was sie versprechen? Hier kommt El Green Mall ins Spiel, ein Online-Marktplatz für nachhaltige und fair hergestellte Produkte, der genau diese Vertrauenslücke schließen möchte. In unserem Gespräch mit Mitbegründerin Federica Moreno gibt es nicht nur wertvolle Einblicke für Händler*innen, die authentische Nachhaltigkeit anstreben, sondern wir geben auch Top-Tipps zum Start eines wirklich nachhaltigen Kleinunternehmens.
Federica, El Green Mall ist das erste Unternehmen seiner Art in Europa. Was hat euch dazu inspiriert, dieses Projekt zu starten?
Das Projekt wurde aus unserer persönlichen Erfahrung heraus geboren. Als wir nach Berlin gezogen sind, waren haben wir oft über das Umweltbewusstsein und die nachhaltige Infrastruktur der Stadt gestaunt. Als wir immer mehr auch selbst diesen Lebensstil angenommen haben, haben wir gemerkt, wie schwierig es eigentlich ist, umweltfreundliche Produkte zu finden. Wir waren der Meinung, dass das nicht so schwierig sein sollte.
Unser Ziel ist es also, die Kund*innen mit kleinen und mittelgroßen nachhaltigen Marken in Kontakt zu bringen, die von den großen Unternehmen mit ihren riesigen Marketingbudgets oft in den Schatten gestellt werden. Für uns ist es wichtig, wohin das Geld der Kundschaft fließt: in echte nachhaltige Bemühungen oder in ein Nebengeschäft mit nicht-nachhaltigen Produkten?
Wie unterscheidet sich El Green Mall von anderen Marktplätzen?
Wir wussten von Anfang an, dass wir es auf regionaler Ebene angehen und alle Länder der EU einbeziehen wollen. Diese Zugänglichkeit macht uns auf dem Markt einzigartig. Vom ersten Tag an hat El Green Mall Partnerschaften mit Marken aus verschiedenen Ländern und ist auf Deutsch, Englisch und Spanisch verfügbar. So sind nachhaltige Produkte für so viele Menschen wie möglich leicht zugänglich. Weitere Sprachen sind geplant.
Darüber hinaus haben wir einzigartige Nachhaltigkeitskriterien, die mit dem in Einklang stehen, was unserer Meinung nach bei der Auswahl einer Marke entscheidend ist. Und nicht zuletzt legen wir großen Wert auf eine optimale Benutzerfreundlichkeit von El Green Mall.
Auf eurer Seite sprecht ihr viel über das strenge Auswahlverfahren für Marken, die bei El Green Mall vertreten sind. Kannst du uns mehr darüber erzählen, welche Kriterien eine Marke erfüllen muss, um aufgenommen zu werden?
Unsere Kriterien sind einer der wichtigsten Bestandteile des El Green Mall-Konzepts, daran arbeiten wir hart. Damit eine Marke Teil von El Green Mall sein kann, muss sie mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllen: Slow Production, umweltfreundliche Materialien, faire Lieferkette, Vegan & Cruelty-Free und Giving Back.
Jedes Kriterium hat spezifische Unterkategorien. Im Rahmen der Slow Production bewerten wir beispielsweise, ob die Produkte handgefertigt sind, wie nachhaltig die Energiequelle der Produktionsstätte ist, wie zeitlos die Produkte sind und wie groß die Produktionsmengen sind.
Wie stellt ihr sicher, dass die Marken, die ihr aufnehmt, wirklich nachhaltig sind und nicht nur Greenwashing betreiben?
Bevor eine Marke aufgenommen wird, muss ein Formular ausgefüllt werden, in dem angegeben wird, welche Nachhaltigkeitskriterien sie erfüllt. Dann müssen diese Behauptungen mit handfesten Beweisen belegt werden, seien es Zertifizierungen, Lieferantenverträge oder Rechnungen für umweltfreundliche Materialien.
Auf eurer Plattform werden nicht nur Umweltfaktoren berücksichtigt, sondern auch soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. Was bedeutet das genau? Kannst du uns Beispiele von Marken nennen, die diese Aspekte besonders gut in ihre Geschäftspraktiken integriert haben?
Für uns bedeutet Nachhaltigkeit mehr als nur Ökosysteme. Es geht auch um gesellschaftliches Wohlergehen und ausgeglichene Wirtschaftssysteme. Nehmen wir zum Beispiel ein Produkt aus hochwertigen Materialien, das unter ausbeuterischen Bedingungen hergestellt wird, und dagegen ein Produkt aus nachhaltigen Materialien, das auch faire Arbeitsbedingungen gewährleistet – ersteres mag zwar den Klimawandel bekämpfen, fördert aber nicht gesellschaftliche Fairness.
Eine Marke, die alle unsere Kriterien erfüllt, ist Bamboolik. Das Unternehmen stellt umweltfreundliche wiederverwendbare Windeln und Binden her. Sie werden in Tschechien aus zertifizierten europäischen Materialien wie Bio-Baumwolle hergestellt und fast die Hälfte der Produktion stammt aus Behindertenwerkstätten. Außerdem fungiert ihre eigene Näherei als soziales Unternehmen – dort werden Frauen eingestellt, die auf dem Arbeitsmarkt sonst Schwierigkeiten haben.
Nehmen wir an, ich bin Inhaber*in eines kleinen nachhaltigen Unternehmens und würde gerne Teil von El Green Mall werden. Wie könnt ihr mir dabei helfen?
Jede*r kann sich für die Aufnahme bei El Green Mall bewerben. Meldet euch einfach bei sellers@elgreenmall.com. Wir schicken euch dann die nötigen Formulare und Details zu. Derzeit gibt es keine Anmeldegebühr.
Unser Modell basiert auf einer Provision zwischen 10 und 15 Prozent, wobei die spezifischen Vereinbarungen mit den einzelnen Marken vertraulich behandelt werden.
Was sind deine 3 Tipps für Unternehmer*innen, um Teil von El Green Mall zu werden zu können?
- Lasst euch zertifizieren: Das vereinfacht die Überprüfung. Wenn möglich, bemüht euch um Zertifizierungen, die für eure Branche und Produktkategorie relevant sind.
- Achtet auf Outsourcing: Wenn ihr eure Produktion auslagert, solltet ihr europäischen Herstellern den Vorrang geben. Auch wenn es innerhalb Europas zu Mängeln kommen kann, bietet der rechtliche Rahmen hier eine gewisse Sicherheit. Wenn ihr Partnerschaften mit außereuropäischen Unternehmen eingeht, solltet ihr euch für solche entscheiden, deren Arbeitsbedingungen zertifiziert sind.
- Kennt euren Impact: Ordnet und versteht die Nachhaltigkeitsbemühungen eures Unternehmens und die Vorteile eures Produkts gegenüber nicht-nachhaltigen Alternativen. Je klarer euer Verständnis darüber ist, desto reibungsloser ist auch eure Kommunikation nach außen.
Wo hattet ihr die größten Schwierigkeiten bei der Gründung eures Unternehmens? Welchen Rat kannst du anderen Einzelhändler*innen geben?
Am Anfang bestand die Herausforderung darin, mit einem kleinen Team in einem wettbewerbsintensiven Markt den starken Lieferanten-Anstieg mit der Nachfrage in Einklang zu bringen – vor allem, wenn man kein großes Marketing-Budget hat und sich ausschließlich auf firmeninterne Investitionen stützt. So wurde organisches Wachstum zu unserem Grundpfeiler.
Und ein Ratschlag von mir: Sucht euch eine*n Mitgründer*in, dem*der ihr vertraut, und startet schnell mit euren Ideen, um Hypothesen zu testen. Für uns hieß das, einen Blog zu starten.