Local Hero: Von stationären Influencern, modischen Wohnzimmerkonzerten und Barcamps für Bäcker
Fest verwurzelt abseits vom digitalen Dschungel
Das Erfolgsrezept des Local Heros liegt heute in der Vernetzung mit anderen – auch wenn dies ein wenig paradox klingen mag. Dessen waren sich jedenfalls die Teilnehmer des aktuellen Roundtable-Talks einig.
Das Thema des aktuellen Cross Innovation Talks (CIT) am 24.4.2018 lautete: Local Hero: Fest verwurzelt abseits vom digitalen Dschungel.
Ganz abseits des digitalen Dschungels zu agieren, das kann sich heute auch ein noch so lokal eingebundener Platzhirsch nicht mehr leisten, das wurde schnell klar. Die Diskussion machte deutlich, wie stark die Folgen der Digitalisierung und das dadurch veränderte Verbraucherverhalten auch lokale Einzelhändler zwingen, dynamisch zu reagieren. Hier einige der zentralen Aussagen der Diskussionsteilnehmer:
Ludwig Schmid, Mitgliederbetreuung, Handelsverband Baden-Württemberg: „Der Handel befindet sich in einem dynamischen Strukturwandel. Verkaufsflächenwachstum, Frequenzrückgänge, verändertes Verbraucherverhalten und die demografische Entwicklung sind einige der Faktoren. Auch wenn dem Online-Handel weiteres Wachstum prognostiziert wird, so finden auch absehbar noch ca. 90 Prozent der Käufe stationär statt. Daher muss der inhabergeführte Handel sehr genau abwägen und entscheiden, in welchen Kanälen er unterwegs sein und welche innovativen Konzepte er entwickeln muss. Die Zukunft funktioniert in Kooperationen und Netzwerken, digitalen und lokalen. Aus seinem Traditionsdenken muss man raus. Einzel-Handel gibt’s heute nicht mehr.“
Michael Maas, Geschäftsführer, Modehaus Maas in Bassum: „Wir schöpfen aus unserer Substanz und Historie, um daraus Neues zu entwickeln. Wir blicken mit den Augen unserer Kunden auf unser Haus und nehmen Veränderungen vor, die auch junge Leute inspirieren. Da das Unternehmen in der Küche meines Urgroßvaters entstanden ist, haben wir inzwischen eine Event-Küche im Vintage-Stil eingerichtet – in der inzwischen bereits GinTastings, Wohnzimmerkonzerte und Koch-Events stattgefunden haben… Wenn wir Erlebnisse schaffen, haben wir stationär eine Chance. Für gute Events, bietet es sich an, mit anderen Händlern zu kooperieren. Entscheidend ist, dass wir bei all dem die Mitarbeiter gut in die Entwicklung einbinden, mitnehmen und auf sie hören. Wir müssen total querdenken und raus aus unserer Nische.“
Richard Röhr, Head of Sales, Atalanda: „Für den stationären Händler geht es darum zu verstehen, wo die Customer Journey beginnt. Und das ist nun einmal das Internet, in dem sich 60 bis 70 Prozent der Kunden informieren. Es geht darum, dem Kunden die Möglichkeit zu bieten, sich auf den Kanälen zu informieren, wo er es gern möchte. Viele kleine Unternehmer haben nicht die Kapazitäten, sich um online zu kümmern. Die führen wir zusammen und bieten ihnen einen gemeinschaftlichen Marktplatz. Wenn der Kunde dann in den Laden kommt, spinnen wir die Marktplatz-Idee weiter, um ihm das Erlebnis zu bieten. Zum Beispiel mit Screens in den Geschäften, die die lokalen Angebote miteinander vernetzen. Warum soll nicht auch beim Bäcker mal eine kleine Kollektion des benachbarten Modegeschäfts hängen?“
Andreas Wippler, Geschäftsführer Bäckerei Wippler, Dresden: „Auch wenn wir lokal bekannt sind, wächst der Stellenwert von Website und Facebook-Profil auch für uns als Bäckerei. Das Vollkornbrötchen per App zu bestellen und in einer Stunde abzuholen – das sind Dinge, die wir jetzt auf dem Schirm haben und entwickeln. Mit Postings auf FB lässt sich ein Unternehmen sehr persönlich darstellen, das unterstützt die Kundenbindung. Ich sehe hier ein ungeheures Potenzial, auch, um eine Local Hero-Position zu halten. Das Bäckereihandwerk ist sehr in seiner Tradition verhaftet, und plötzlich kommen da Bäcker, die etwas Neues ausprobieren und vormachen, wie es heute auch gehen kann. In der Bäcker-Innung haben wir ein Bäcker-Barcamp ins Leben gerufen und nun zum vierten Mal durchgeführt – und siehe da, ein lockeres, innovatives Interesse weckt unwahrscheinlichen Zuspruch, besonders auch bei jungen Kollegen.“
Jens Fischer, CEO K.U.L.T.OBJEKT, Dresden: „Viele Unternehmen sind in Hierarchien gefangen. Es wird eine der größten Herausforderungen in der nächsten Zeit sein, die Nischen zu verlassen, die wir bisher für festgemauert und stabil hielten. Wir sind gerade dabei, ein innovatives Konzept für einen stationären Händler in den digitalen Bereich hinein weiterzudenken. Dabei stellten sich uns Fragen wie: Warum haben lokale Händler eigentliche keine Influencer? Es gibt viele bisher noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten, die Vorzüge aus dem Online-Kosmos für die die stationäre Welt nutzbar zu machen.“ Die Vernetzung der Ideen ist eine zentrale Frage.“
Die komplette Diskussion finden Sie auf unserem Youtube-Kanal hier: http://cit-youtube.kultobjekt.com/
Veranstalter der Cross Innovation Talks ist K.U.L.T.OBJEKT, Dresden.
Themenkanäle: CIT - Cross Innovation Talk