Lockerungen im Einzelhandel: keine einheitliche Regelung erlangt
Verbände fürchten Wettbewerbsverzerrung
Bund und Länder haben erste Lockerungen für Unternehmen im Umgang mit der Corona-Krise vereinbart. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 Quadratmetern sollen ab Montag wieder öffnen dürfen. Dafür müssen sie bestimmte Hygienemaßnahmen umsetzen. Restaurants, Bistros und Cafés sind von der Lockerung weiterhin ausgenommen.
Ab Montag dürfen Läden mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmeter wieder öffnen, sofern sie gewisse Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen erfüllen. Unabhängig von der Verkaufsfläche, aber unter Beachtung der gleichen Auflagen, können KfZ-Händler und Fahrradgeschäfte sowie Buchhandlungen wieder öffnen.
Hiervon ausgenommen sind größere Geschäfte sowie Einkaufszentren. Sie müssen noch zwei weitere Wochen ausharren. Vor einer solch „unfairen“ Regelung warnte der Handelsverband Deutschland (HDE) bereits am Mittwoch: „Die Regelungen zur Wiedereröffnung des Non-Food-Handels müssen diskriminierungsfrei sein. Lockerungen der Ladenschließung dürfen sich nicht an Betriebsgrößen oder Verkaufsflächen festmachen. Die jetzt beschlossenen Vorgaben führen zu Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Aus Sicht des Handels gebe es kein Sachargument für eine stufenweise Öffnung der Läden, Abstands- und Hygieneregeln könnten sowohl in kleinen als auch in großen Geschäften eingehalten werden, so Genth weiter in einer Stellungnahme. Unternehmen seien sehr wohl in der Lage entsprechende Vorgaben umzusetzen.
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisierte, dass für viele Betriebe weiterhin eine klare Perspektive für ihr Geschäft fehle. "Weitere wirtschaftliche Einbußen für die gesamte Gesellschaft zeichnen sich ab. Ein wirklicher gemeinsamer Fahrplan Richtung Normalität ist der heutige Beschluss noch nicht, dafür sind noch zu wenig Konturen deutlich", erklärt DIHK-Präsident Eric Schweitzer am gestrigen Abend.
Gleichzeitig forderte er, den größtmöglichen Gesundheitsschutz mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft zu verbinden: "Wir brauchen klare, gesundheitsrelevante Vorgaben und praktikable Leitlinien, aber bitte auch mehr Zutrauen in das Verantwortungsbewusstsein unserer wirtschaftlichen Akteure. Wir sollten deshalb auch Geschäfte unabhängig von der Verkaufsfläche und Branchen jenseits des Handels zeitnah die Chance geben zu beweisen, dass sie Abstandsregeln und Hygienevorschriften erfüllen können. Das wäre ein fairer Wiedereinstieg in das Wirtschaftsgeschehen und würde zugleich dem Gesundheitsschutz hohe Bedeutung beimessen."
Modebranche: Fachverbände plädieren für Verschiebung der Saisons
Vor allem Branchen wie der Modehandel, der ein stark an der Saison orientiertes Sortiment vorhält, ist aktuell in großer Bedrängnis. Denn die oftmals schon vor Wochen bestellte und angelieferte Frühjahrskollektion ist in Kürze nicht mehr verkäuflich. Damit fehlt der gesamten stationären Fashionbranche ein Verkaufszeitraum von wahrscheinlich sechs bis acht Wochen.
Die Handelsverbände Textil (BTE), Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) plädieren daher dafür, die Verkaufssaison Frühjahr/Sommer zu verlängern. Dazu gehört auch, Wareneingangstermine für Herbst/Winter in Abstimmung mit den Lieferanten nach hinten zu schieben, denn mit dem Zeitpunkt der Wiedereröffnung brauche der Textil-, Schuh- und Lederwarenhandel top-aktuelle Ware, die konkurrenzfähig mit den Angeboten der Onliner und vertikalen Filialisten sei.
Themenkanäle: stationärer Einzelhandel, Handel, Coronavirus, Mode, Wirtschaft