Kommentar • 03.04.2018

Bargeld ade – oder doch nicht? Die deutsche Liaison zwischen Bargeld und Karte

Elektronische Zahlungen nehmen zu – Bargeldzahlungen ab. Ist das ein Zeichen für die baldige Abschaffung des Bargeldes in Deutschland? Wohl eher nicht.

Nicht schon wieder! Eigentlich will ich nur schnell ein Brötchen in der Bäckerei holen. Noch genug Kleingeld im Portemonnaie? Nein. In der Handtasche? Ha, zwei Euro! Reicht. Sonst hätte ich noch Bargeld holen müssen. Gerade wenn es um die Klimperbeträge geht, vor allem in der Bäckerei, wäre ich froh, wenn ich nicht mehr bar zahlen müsste. Wie oft habe ich gehört: „Haben Sie das vielleicht passend? Oder haben Sie vielleicht noch zwei Cent?“ Einige Bäckereien bieten deshalb nun auch bargeldloses Zahlen an. Meine Bäckerei nicht.

Dagegen der Obstladen im Dorf. Seit Kurzem kann ich dort endlich elektronisch bezahlen. Ich hatte schon lange darauf gehofft, denn wie oft bin ich am Hofladen vorbeigefahren, weil ich gerade kein Bargeld dabeihatte? Wie viel Umsatz ist dem Händler wohl insgesamt hierdurch über die Jahre entgangen? Der Haken: Kartenzahlung wird dort erst ab 15 Euro akzeptiert. Nun mache ich mir nicht mehr Gedanken darüber, ob ich überhaupt zahlen kann, sondern ob der Betrag an der Kasse reicht, um die Karte nutzen zu können. Praktisch ist das für mich immer noch nicht – kommt aber noch sehr häufig vor.

Ich bin also Kartenzahlfan. Das Kärtchen nimmt kaum Platz weg und auf der Konto-Abrechnung steht genau, wann und wo ich mein Geld ausgegeben habe. Studien belegen zwar, dass Konsumenten gezielter Ausgaben tätigen, wenn sie bar bezahlen und weniger zu übertriebenen Einkäufen neigen, aber behält man dabei wirklich besser den Überblick? Dafür muss ich ja die Kassenbons aufbewahren, um am Ende des Monats zu wissen, was ich alles ausgegeben habe.

Aber: Würde ich gänzlich auf mein Bargeld verzichten?

Das Taschengeld für meine Kinder, den Euro in die Spendenbox eines Obdachlosen, das Trinkgeld für den Pizzaboten (die Pizzen habe ich vorher via PayPal bezahlt). Würde meine 90-jährige Nachbarin vertrauensvoll ihre Brötchen mit der Karte bezahlen? Sie ist ihr Bargeld einfach gewöhnt. Überhaupt hängen die Deutschen sehr daran. Sie verbinden es mit Anonymität, Unabhängigkeit von Banken, Selbstbestimmung und Tradition.

Die aktuelle Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten der Deutschen hat das wieder einmal belegt – Bargeld ist immer noch das liebste Zahlungsmittel. Deshalb warnen die Finanzexperten auch davor, die Trennung hiervon zu erzwingen, ohne den deutschen Bürger darüber mitentscheiden zu lassen. Vermutlich wäre ich auch nicht begeistert, wenn – wie in Indien geschehen – der Staat einfach beschlösse, mein Bargeld für ungültig zu erklären und mich hiermit zu zwingen, nur noch elektronische Zahlungen zu tätigen.

Da kann ich die Initiativen für den Erhalt des Bargeldes doch ein Stück weit verstehen. Die gibt es übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in Schweden, obwohl – oder vielleicht auch gerade, weil dort die Kartenzahlung große Akzeptanz findet.

Taschengeld, öffentliche Toiletten oder auch der Coffee to Go – alles wird mit Karte oder via Bank-App per Smartphone bezahlt. Den Schweden blieb allerdings kaum etwas anderes übrig, als nach und nach auf ihr Bargeld zu verzichten. Die Banken weigern sich einfach, Bargeld anzunehmen oder auszugeben. Also wird per Kreditkarte oder Smartphone gezahlt – vor allem in den Städten. Ein paar Mankos gibt es dabei allerdings schon: Was ist mit den Leuten, die beispielsweise kein Smartphone besitzen oder in einer Gegend wohnen, die keinen oder nur schlechten Internetempfang haben? Die Einzelhändler dort kommen da ganz sicher zu kurz. Schon jetzt horten viele ihr Geld zu Hause – weil sie es nicht loswerden. Das kann auch nicht Sinn der Sache sein.

Gedanken zur Diskussion:

Die Gesamtkosten für das Bargeldhandling – für Sicherheit, Transport usw. – sind höher als für Kartenzahlung (European Payments Council)

Bargeldzahlung braucht keinen Strom

Bargeld hinterlässt keine Daten – unbares/mobiles Bezahlen dagegen schon und wird viel mehr „personalisierte Angebote“ ermöglichen. Aber womöglich auch Preisdiskriminierung …

In Schweden gibt es zwar weniger Banküberfälle dafür aber immer mehr Kartenbetrug

Münzgeldspende
In Schweden werden sogar Spenden auf der Straße via Smartphone erledigt. Muss eben jeder Obdachlose mal eben Geld für ein Handy berappen.
Quelle: PantherMedia.net/belchonock

Händchenhalten angesagt

Die Pros und Kontras für bare und unbare Zahlungsmittel überschreiten den Umfang meines Kommentars bei weitem. Hier sind ganz schön viele Köche am Werk – die Finanzwelt, der Konsument, der Handel, der Staat.

Klar ist: Experten sehen noch lange nicht die Zeit für eine bargeldlose Ära gekommen. Die Deutsche Bundesbank rät deshalb zu einer Koexistenz der Zahlungsmittel. Warum auch nicht? Erwiesenermaßen werden die technologischen Möglichkeiten für elektronische und mobile Zahlungen ohnehin ihr eigenes dazutun, mehr Menschen für unbare Zahlungsmöglichkeiten zu begeistern. Zusätzliche Methoden würden deshalb im deutschen Handel vorerst als Option gesehen, erklärte auch der HDE kürzlich.

Ach, wenn ich doch nur schon überall die Alternativen nutzen könnte. Jetzt hol' ich mir erstmal mein Brötchen. Mit Bargeld.

Autorin: Natascha Mörs, iXtenso - Magazin für den Einzelhandel

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