Digital und lokal
Start-up aus Hannover entwickelt Fashion-Suchmaschine für die Innenstadt
PantherMedia/Astroid
Anfang 2020 geht das Start-up BLVRD mit einem Pilotprojekt seiner gleichnamigen App auf den Markt. Die Idee hinter der App: Ein angenehmes Shoppingerlebnis in der Innenstadt ohne überflüssige Wege und stressiges Suchen. Im Rahmen der EHI Technologietage 2019 traf iXtenso BLVRD-Gründer und -CEO Ari Berzenjie für ein kurzes Interview.
Herr Berzenjie, Sie von BLVRD sind dabei, eine App zu entwickeln. Was soll diese App können?
Ari Berzenjie: BLVRD hat die Ambition, die Fashion-Suchmaschine für die Innenstadt zu sein. Wir richten uns an alle Menschen, die in den Städten einkaufen wollen, aber keine Lust haben, lange in den Geschäften zu suchen. Wir richten uns dabei nach dem Suchverhalten der digitalen Generation. Wer nach einem speziellen Oberteil einer bestimmten Marke sucht, will nicht in der Stadt durch die verschiedensten Läden laufen. Wir haben uns in den letzten 20 Jahren angewöhnt, produktorientiert zu suchen. Genau diesen Service soll BLVRD liefern.
Wie wird die App funktionieren?
Wir nutzen eine Oberfläche ähnlich wie die eines Onlineshops, auf der man beispielsweise nach Oberteilen, Shirts oder Blusen suchen kann. Man erhält Produktergebnisse sowie die Information, welche Händler vor Ort das jeweilige Produkt führen und in der gewünschten Größe auf Lager haben. Der große Vorteil auf der Verbraucherseite besteht darin, dass man sich viel Stress mit Lieferung und Retouren spart und nicht auf den Paketboten warten muss. Dazu kommt, dass der Einkauf über unsere App nachhaltig und ressourcenschonend ist. Ich bringe immer den schönen Vergleich, dass die Innenstädte die größten Warenlager sind und das direkt vor der Tür. Aber wie in jedem anderen Warenlager bringt einem das nicht viel, so lange kein Plan existiert. Genau das wollen wir sein: der Plan in dem Warenlager.
Für den Händler bietet unsere App die Möglichkeit, endlich einen Anschluss zur digitalen Generation zu finden, zu denen sie mit Vertrieb und Marketing schon lange keine Sichtbarkeit mehr haben. Die Vertriebskanäle in dieser Generation sind einfach grundsätzlich anders aufgebaut.
Ist Ihre App speziell auf diese Generation ausgerichtet oder wen wollen Sie erreichen?
Tatsächlich richten wir uns mit BLVRD an alle ab 15 Jahren aufwärts, das reicht von den Digital Natives bis zu den Silver Surfern. In unseren Umfragen kam heraus, dass Personen zwischen 50 und 60 die Stressreduktion, die die App verspricht, als ebenso relevanten Faktor einstufen wie die jüngeren Generationen.
Gerade bei den älteren Generationen kommt noch ein anderer entscheidender Faktor hinzu. Sie vertreten zu einem Großteil immer noch den Grundgedanken „einkaufen tut man in der Stadt.“ Aber sie haben eben auch schlechte Erfahrungen gemacht mit überfüllten Innenstädten und einer schlechten Parksituation. Und gerade die Generation bis Ende 50 ist noch so technikaffin, dass sie in der Lage ist, mit Smartphones umzugehen. Wir haben in ihnen alle die perfekte Mischung gefunden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass wir all diejenigen abholen wollen, die nachhaltig und trotzdem schnell einkaufen wollen.
Legen wir den Fokus doch nun einmal auf die Einzelhändler. Wie können sie mit Ihnen zusammenarbeiten und was würde eine Zusammenarbeit genau für sie bedeuten?
Die Händler sind natürlich besonders entscheidend für das Gelingen unseres Projekts. Ohne eine kritische Masse an Händlern brauchen wir erst gar nicht auf den Markt gehen, ganz gleich, wie stark die Akzeptanz von Seiten der Verbraucher auch sein mag.
Um die Hürde für die Händler möglichst niedrig zu halten, haben wir versucht, den Aufwand für sie zu minimieren. Händler können direkt auf uns zukommen und benötigen einzig und allein CSV-Daten oder XML-Daten des lokalen Warenbestandes, vielleicht noch URLs von den Produktbildern. Mehr Aufwand besteht nicht.
Kommen auf Händler Kosten zu, wenn sie mit BLVRD zusammenarbeiten?
Unser Ziel ist es, ein Proof of Concept zu erreichen. Wir beginnen Anfang 2020 eine Pilotphase in Hannover, wo wir in einer geschlossenen Gruppe von 1000 Testnutzern auf Verbraucherseite beweisen wollen, dass das Konzept auch in der Praxis funktioniert. Die Bereitschaft der Händler ist für uns in dieser Phase selbstverständlich entscheidend. Darum bieten wir unseren Service für sie während der sechsmonatigen Testphase kostenlos an. Sehr wahrscheinlich wird eine zweite Pilotphase in Hamburg folgen. Wir planen aber Ende 2020 in fünf großen deutschen Städten offiziell auf den Markt zu gehen.
Auf welche Schwierigkeiten sind Sie bis jetzt gestoßen?
Für ein Start-up ist es unglaublich schwer, auf den Handel zuzugehen und mit seiner Idee auch tatsächlich gehört zu werden. Man tritt mit einer hilfreichen Lösung an den Händler heran und sagt „wir haben etwas, das Ihnen wirklich helfen kann“ und bekommt nur zu hören „Danke, aber wir haben keine Zeit.“ Mir fällt dabei immer die schöne Geschichte ein von zwei Männern, die mit großer Mühe eine Schubkarre schieben, deren Reifen Quadrate sind. Dann kommt jemand auf sie zu, der runde Reifen hat und sie den beiden Männern anbieten will und ihre Antwort ist „Sorry, wir haben keine Zeit. Siehst du nicht, dass wir viel zu tun haben?“
Wir als Start-up gehen ein großes Risiko ein, indem wir in der Pilotphase unseren Dienst kostenlos anzubieten. Aber wir versuchen, den Händlern so viel abzunehmen, wie es geht.
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