Online-Shopping im Chat
Die Integration des Bezahlprozesses in Messenger
panthermedia.net / Lev Dolgachov
Ein Großteil unseres Lebens spielt sich heutzutage in sozialen Netzwerken, Foren, Blogs und Messengern ab. Das Potenzial für Händler, sich genau dort mit ihren Angeboten zu platzieren, ist noch lange nicht ausgereizt. Das gilt vor allem für den Payment-Bereich.
Die Online-Customer Journey vieler Menschen beginnt – neben Suchmaschinen und Websites – in den oben genannten interaktiven Medien. Produkte werden bewertet, Empfehlungen ausgesprochen und Inspirationen eingeholt. Händler sind sich bewusst, dass Anstöße für Kaufentscheidungen zunehmend aus Social Media-Quellen stammen. Deshalb überrascht es nicht, dass es bereits einige, unterschiedlich erfolgreiche Versuche von Facebook, Twitter, Pinterest und Co. gab, auch den Kaufprozess direkt in den Social Media-Kanälen starten zu lassen.
Automatisierte Kundenkommunikation im Chat
Die erfolgreiche Interaktion mit den Kunden ist ein effektives Mittel, um Vertrauen zur eigenen Marke aufzubauen. Kundenservice und Beratung per Chatbots ist ein wichtiger Trend in diesem Bereich. So wird eine direkte Verbindung zwischen dem Smartphone des Users und dem Unternehmen hergestellt. Verschiedene Messengerdienste versuchen gerade, sich als Kanal für die Kundenkommunikation zu etablieren.
Laut einer Umfrage von Bitkom Research, durchgeführt 2017 in Deutschland, sind 63 Prozent der Befragten schon einmal durch soziale Netzwerke auf einen späteren Einkauf aufmerksam geworden.
Im Idealfall wird der Anbieter dann sozusagen ein „sozialer Kontakt“ des Kunden. Auch Ralf Ohlhausen, Business Development Director des Payment-Dienstleisters PPRO, sieht den Trend dahin gehen, „dass Firmen mehr auf dem Smartphone präsent sein und einen Account bei WeChat, WhatsApp oder Facebook haben werden, und so automatisiert mithilfe von Chatbots mit dem Kunden kommunizieren. Der Kunde kann dann mit dem Handy die Bezahlung durchführen.“
Das Smartphone als Tor zum Kunden
Händler müssen beachten, dass Kundenerwartungen steigen und dass kleinste Hürden für Kaufabbrüche sorgen. Kein Kunde will sich je nach Händler mit verschiedenen Apps, Mobile Wallets und Zahlungsmodalitäten auseinandersetzen. Langfristig wird sich ein System durchsetzen, dass den Komfort bietet, alle Prozesse – von der ersten Produktinspiration bis zur Zahlungsabwicklung – zusammenzuführen. Die große Herausforderung des Ganzen sei natürlich, gibt Ohlhausen zu bedenken, die Angebote international anzugleichen, eine vorteilhafte Kostenstruktur im C2B-Bereich zu schaffen und die Datensicherheit zu gewährleisten.
Wenn der Messenger zum Ökosystem wird
Messenger haben hier den Vorteil, dass viele von ihnen bereits über eine große Basis an Nutzern verfügen, die sie tagtäglich verwenden. Wie praktisch der Einsatz von Chats auch für Payments sein kann, erfahren Nutzer gerade im Bereich Social Payments. In Messengern von Snapchat, WhatsApp, WeChat oder Facebook können sogenannte „Peer to Peer“-Payments (P2P) vorgenommen werden. Geldbeträge werden von einem Kontakt zum anderen transferiert, indem Kreditkartendaten hinterlegt und dann im Chat beispielsweise das entsprechende Währungszeichen und der zu überweisende Betrag eingegeben werden.
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In diesen Fällen wird die Telefonnummer zum Identifikationsmerkmal. Außerdem müssen Karten- oder Bankdaten dafür nur beim Kunden selbst hinterlegt und nicht ausgetauscht werden. Diese Entwicklung sieht Ohlhausen für den Payment-Bereich voraus: „Ich glaube, dass es zukünftig mehr Möglichkeiten geben wird, die Prozesse datensicherer zu gestalten. Das läuft darauf hinaus, dass die Daten nicht mehr – wie bei Pull-Payments – beim Händler gespeichert sind, sondern dezentral beim Kunden, der sie dann nur für diese Zahlung hergibt.“
Die Zeit der Insellösungen ist vorbei
Wie überzeugend ein Angebot sein kann, wenn es den Nutzern ermöglicht, nahezu alle täglichen Bedürfnisse mit einer App abzudecken, zeigt das Erfolgsbeispiel WeChat in China. Die Messenger-App WeChat vereint zahlreiche Features inklusive der Wallet-Funktion WeChat Pay, mit denen in China Termine vereinbart, Transaktionen abgewickelt und ganze Häuser bezahlt werden.
So ist es nicht verwunderlich, dass WeChat seinen Marktanteil in wenigen Jahren mehr als verdoppeln und sogar das Konkurrenzsystem Alipay in seine Schranken verweisen konnte. In seinem Blogartikel „Chat is the way to pay“ erläutert Ted Livingston, Gründer und CEO des Kik Messengers, das Erfolgsrezept von WeChat: „It isn’t just creating a way to exchange currency for goods or services; it has placed payments within an ecosystem that both facilitates and improves the transaction. One of WeChat’s key advantages is that it can add interactions into the payments flow.“
Besonders auf dem asiatischen Markt schreitet die Integration von Payment-Funktionen voran. In Indien bieten die Messenger „WhatsApp Business“ sowie „Hike“ Online-Payments, in Japan und Südostasien der Messenger „Line“, in Südkorea „KakaoTalk“, um nur einige Beispiele zu nennen.
In Europa schreitet die Entwicklung nur langsam voran. Das liegt zum einen in den strengen gesetzlichen Regelungen und hohen Ansprüchen an Verbraucher- und Datenschutz begründet. Zum anderen, so Ohlhausen, gebe es hier ein gewachsenes System mit gut funktionierenden Alternativen, gerade im stationären Handel, und gleichzeitig eine Vielzahl an Anwendungen ohne überzeugenden Mehrwert.
Für Händler sollten ganzheitliche Lösungen bevorzugen. Kunden aller Generationen erwarten guten Service und Erreichbarkeit, aber gerade die jüngeren sehen Chats als geeignetes Instrument für diese Zwecke. Unternehmen, die sich hier als hilfsbereiter Ansprechpartner präsentieren und den Bezahlprozess besonders hürdenlos gestalten, sind für die Zukunft gut aufgestellt.
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