RFID-Tags mit Funktionen für den kassenlosen Store
Mit schlauen Etiketten können Kunden ihre Produkte selbst entsichern
Saturn
In Europa tut sich langsam etwas. In China und in den USA kann man bereits kassenlos bezahlen. Einige Start-ups wollen die Schlangen an Kassen bekämpfen und werben auch mit besserer Warensicherung. Wir haben uns die "smarten" Sicherungen angeschaut.
Start-ups wie rapitag und MishiPay versuchen, den Einkauf im Einzelhandel von Grund auf zu revolutionieren. Mit smarten Etiketten wollen sie nicht nur die Kassen abschaffen, wie wir sie kennen, sondern auch die Warensicherung verbessern. Die Firmen schlagen dabei sehr ähnliche Wege ein. Im Mittelpunkt stehen Smartphones und stabile Internetverbindungen.
Mit App entsichern und bezahlen
Das kassenlose Bezahlen ist nichts Neues - Amazon und Alibaba haben bereits erste Stores ohne Kassenpersonal. Problem dahinter ist die Komplexität beim Einrichten der IT-Infrastruktur und der Nachteil, dass nur per Smartphone bezahlt werden kann. Die Produkte der Start-ups liefern einen Zwischenschritt. Sie haben sich die alte Technologie der Warensicherung durch Etiketten zu Herzen genommen und revolutioniert. Mit den neuen Hard-Tags können die Produkte mit einer Handy-App direkt am Regal entsperrt und mitgenommen werden. Dadurch werden Kassierer abgelöst. Im Optimalfall können die Mitarbeiter ihre neu gewonnene Zeit beispielsweise für die Kundenberatung im Store nutzen.
Kunden können Inventar einsehen
Inventuren gehören zu den lästigeren Aufgaben eines Einzelhändlers. Meist müssen sie feste Mitarbeiter von ihrer Arbeit abziehen, oder extra für die Inventur neue Dienstleister einstellen. Automatische Inventuren durch RFID-Chip sind bekannte Methoden.
Darüber hinaus haben die neuen Unternehmen mithilfe der RFID-Technologie ein Ass im Ärmel. Mit den Apps der jeweiligen Unternehmen können Kunden nämlich durch das Scannen eines Artikels einsehen, ob er beispielsweise in einer anderen Farbe oder Größe vorhanden ist. Falls das Produkt nicht im Store verfügbar ist, kann der Kunde das Produkt auch direkt in der App zu sich nach Hause bestellen. Voraussetzung: Um die Funktionen der neuen Etiketten nutzen zu können, benötigt der Händler einen Onlineshop. Ohne diesen ist eine Implementierung in das Geschäftskonzept nicht möglich.
Offline und Online verbunden
Nutzer der Apps können mit verschiedenen Zahlmöglichkeiten arbeiten, wie PayPal oder ApplePay. Das war bis jetzt nur im E-Commerce möglich und der Offlinehandel musste sich hintenanstellen. Mit dieser Verbindung können Daten wie im Onlinehandel gesammelt werden. So können die Händler Werbung und Coupons gezielt verschicken, noch während der Kunde im Store einkauft. Scannt ein Kunde beispielsweise dreimal das gleiche Produkt ein, kauft es aber nicht, so kann er durch den passenden Coupon noch im Laden dazu bewegt werden, den Kauf doch noch abzuschließen.
MediaMarktSaturn Retail Group als "First Mover" in Deutschland
Der Elektronikhändler reitet auf der Welle der kassenlosen Stores mit und hat bereits zwei Pilotprojekte in dieser Richtung ausprobiert. Dazu schnappte er sich MishiPay und rapitag und brachte sie im hauseigenen Accelerator-Programm unter. In diesem Programm unterstützt Saturn ausgewählte Start-ups bei ihrer Entwicklung neuer Technologien. Mit MishiPay zusammen wurde im Mai ein Pop-up Store in Tirol eröffnet. Dort konnten Kunden durch das Scannen des Barcodes Produkte kaufen und damit den RFID-Chip deaktivieren. Mit dem deaktivierten Diebstahlschutz konnten die Kunden dann mit der Ware aus dem Laden gehen, ohne an einer Kasse zahlen zu müssen. Laut Saturn war das Projekt ein Erfolg. Die Sicherung soll vor allem für Waren sinnvoll sein, die nicht in großen Mengen verkauft werden und nicht allzu teuer sind.
Seit September testet Saturn mit rapitag in Ingolstadt "Saturn Smartpay". Anders als mit MishiPay wird hier eine Bluetoothverbindung mit dem Etikett "Spinne" aufgenommen. Diese soll dafür sorgen, dass ein Paket nicht geöffnet werden kann. Sobald man mit PayPal oder Kreditkarte gezahlt hat, öffnet sich die Spinne wie von Geisterhand. Sie kann nach der Öffnung wiederverwendet werden. Für teurere Ware soll sich das System bewährt haben.
Nicht alles neu – aber sicherer
Die Methoden sollen für maximale Sicherheit ausgelegt sein, da man Produkte nur mit einer App öffnen kann. Jede einzelne Öffnung des Etiketts wird im System gespeichert. Das heißt – der Einzelhändler kann erkennen, wer wann und wo eine Sicherung entfernt hat. Inventurabweichungen sollen damit der Vergangenheit angehören. Am Beispiel von rapitag wird nach der Bezahlung ein einzigartiger Code per Bluetooth an die Sicherung geschickt. Sie soll verhindern, den Bezahlvorgang zu manipulieren und das Produkt zu entsperren.
Für ein besseres Einkaufserlebnis
Unternehmen wie rapitag und MishiPay zeigen, dass Europa in Sachen kassenloses Bezahlen mithalten kann. Vor allem die Modebranche und der Elektronikhandel können davon profitieren. In Zukunft wird es immer mehr Unternehmen geben, die sich mit kassenlosen Systemen auseinandersetzen werden, um den Kunden ein besseres Einkaufserlebnis zu schaffen.