Der moderne Kunde ist digital versiert. Nicht nur Produkte aus dem gehobenen Preissegment werden in der Regel erst nach eingehenden Online-Recherchen gekauft.
Facebook, YouTube, Blogs und Foren liefern jede Menge von Bewertungen, Kommentaren, Meinungen und natürlich auch Unmutsäußerungen anderer Käufer oder Interessenten, mal gibt es aufwändig erstellte, seitenlange Testberichte oder ausführliche Videos, mal begnügen sich die Postings mit einem dürren "Alles Schrott" oder einem lapidaren "super"; notfalls muss ein Smiley reichen. Wenn es tatsächlich zum Kauf kommt, verfügt der Kunde jedenfalls über ein umfassendes Bild vom Objekt seiner Wünsche.
Dass man solcherart informierte Kunden nicht mit dem generischen Bombardement des klassischen Marketings beindrucken kann, versteht sich. Mit unpersönlichen Massenaktionen, die Tausende von potentiellen Kunden auf dieselbe unspezifische Weise ansprechen wollen, lässt sich heute kaum noch jemand zu einem Kauf motivieren. Im Gegenteil, in Zeiten medialer Reizüberflutung nervt dergleichen gewaltig, und Unternehmen, die darauf setzen, machen sich heute mit einiger Wahrscheinlichkeit explizit unbeliebt.
Der Begriff der "Customer Journey" als Beschreibung der Aktivitäten eines Kunden von der ersten Wahrnehmung einer Marke bis zum Kaufabschluss, hat in der Welt des Web seine volle Berechtigung, denn hier sind die Kunden in einer Welt von Informationen und Möglichkeiten unterwegs, und niemand kann sich auf alte Loyalitäten verlassen. Der einstige Stammkunde ist ein Reisender zwischen den Brands, Shops und Portalen.
Wer unter diesen neuen Bedingungen erfolgreich Verkaufen will, muss daher eine neue Sichtweise einnehmen: er muss die Welt aus dem Blickwinkel der Kunden sehen. Konkret bedeutet das, dass man ihr Verhalten und ihre Präferenzen sehr genau untersuchen muss, um daraus konkrete Empfehlungen abzuleiten. Angebote werden stark personalisiert und auf den Kanälen kommuniziert, auf denen die Kunden tatsächlich unterwegs sind.
Der entscheidende Punkt in diesem Konzept besteht natürlich darin, sich dieses Wissen über Kunden – und Noch-Nicht-Kunden – zu verschaffen. Dabei ist es gar nicht so einfach, aus den Unmengen von Daten, die moderne IT-Systeme heute liefern, die relevanten Informationen herauszufischen. Mit dem simplen Erfassen von Klickzahlen wird man heute nicht mehr weit kommen. Adaptive und prädikative Analyseverfahren integrieren klassische CRM-Verfahren, Social Media und Website-Monitoring und heben das Marketing auf eine neue Ebene: Sie können mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit vorhersagen, was Kunden, die einem bestimmten Profil entsprechen, künftig tun werden.
Unternehmen können auf dieser Basis den Kunden sofort den richtigen Content anbieten: Wer sich zum Beispiel im Web aktuell über Defekte und Reparaturmöglichkeiten von HD-Fernsehern informiert hat, braucht kein Angebot für neue Wanderschuhe oder eine Waschmaschine. Ein Unternehmen, das aber in dieser Situation ein neues Fernsehgerät zu Vorzugskonditionen anbietet, macht das Rennen um die Aufmerksamkeit des Kunden. Es kann sich in die Customer Journey einklinken und den Kunden ein Stück weit begleiten. Auf Dauer wird das der einzige Weg sein, um digital versierte Kunden erfolgreich ansprechen zu können.