Ein Hebel für die Kreislaufwirtschaft?

Die Vorteile eines Marktplatz-Modells

In Deutschland boomt der Online-Handel weiterhin. Der Handelsverband Deutschland (HDE) prognostiziert gegenüber dem Jahr 2021 ein Wachstum von 12,4 Prozent für 2022. Dies bringt allerdings weitere Herausforderungen mit sich – beispielsweise die Vernichtung von Retouren. Sie bedeuten nicht nur ein Verlustgeschäft für Anbieter*innen und Händler*innen, Retouren sind auch aus Umweltsicht problematisch. Zudem achten immer mehr Konsument*innen darauf, dass sie ihre Produkte von Anbieter*innen beziehen, die nachhaltig agieren. Um diesem Problem Rechnung zu tragen, wurde die Obhutspflicht im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ergänzt.

Die Idee: Damit sollte eigentlich verhindert werden, dass unbeschädigte, nicht verkaufte Neuware sowie unbeschädigte Rücksendungen vernichtet werden. Der Paragraf 23 Absatz 1 Satz 3 des KrWG bestimmt, dass bei einem Vertrieb der Erzeugnisse ein Unternehmen oder Händler dafür zu sorgen hat, dass deren Gebrauchstauglichkeit erhalten bleibt und sie nicht zu Abfall verkommen. So lässt sich weiterhin damit handeln – es unterstützt damit ein Marktplatzmodell. Dieser Ansatz bietet im C2C-, B2C- und auch im B2B-Bereich Lösungen, um die Vernichtung von Retouren zu verhindern: Denn ein kreislauforientiertes Geschäftsmodell ermöglicht Recycling und Upcycling. Aber dieser nachhaltige wirtschaftliche Ansatz bietet nicht nur Vorteile für die Umwelt.

Ein Mann in einem Anzug lächelt in die Kamera
„Für Unternehmen bedeutet die Einrichtung eines Marktplatzes basierend auf einer Circular Economy finanzielle Vorteile“, sagt Ludovic Ciannarella, Head of Sales Europe bei Lemonway.
Quelle: Lemonway

Vorteile der Kreislaufwirtschaft

Bei der traditionellen Linearwirtschaft kaufen Kund*innen ein Produkt, nutzen und entsorgen es schließlich. Im Gegensatz dazu ist der Ansatz bei der sogenannten Circular Economy regenerativ: Hier geht es darum, dass Rohstoffe, Verpackungen und Produkte so zu verwenden und herzustellen sind, dass Nebenprodukte und Abfall vermieden werden.

Aber der Einsatz dieser Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ein perfektes Instrument zur Bewältigung von Umweltproblemen. Dieser Ansatz hilft Unternehmen, den kompletten Lebenszyklus ihrer Produkte zu kontrollieren. So können Produkte durch Up- oder Recycling einer neuen Verwendung zugeführt werden – selbst am Ende ihrer Lebensdauer oder in schlechtem Zustand. Das bedeutet auch, dass Verkäufer*innen Geld sparen und ihre Gewinne maximieren können: Denn Nebenprodukte oder Abfälle lassen sich in einer anderen Produktionskette als Sekundärrohstoffe verwenden. Und das senkt Verarbeitungs- und Entsorgungskosten. Ebenso können nicht mehr gebrauchte Lagerbestände eine weitere Verwendung finden, indem das Unternehmen sie an andere Firmen vermietet oder verkauft. Das optimiert Lagerbestände und senkt Lagerkosten.

Neben der Gewinnmaximierung durch Verkauf oder Vermietung von Secondhand-Produkten bietet die Kreislaufwirtschaft Firmen die Möglichkeit, die Beziehungen zu ihrer Kundschaft zu stärken. Außerdem hebt es die Werte und das Engagement des Unternehmens gegenüber der Konkurrenz hervor. Und das stärkt die eigene Marke, denn Nachhaltigkeit wird für Konsumenten immer wichtiger.

Eine neue Form des CSR-Engagements

Laut einer Studie von Capgemini vom November 2021 gab knapp die Hälfte der Teilnehmenden an, dass Unternehmen nicht genügend Maßnahmen umsetzen, um eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Auch die Bereitschaft der Verbraucher*innen steigt rasant, das eigene Konsumverhalten nachhaltiger gestalten.

Die Implementierung eines Marktplatzes für eine solche Kreislaufwirtschaft stellt einen echten Mehrwert dar. Sowohl im B2B- als auch im B2C- oder C2C-Bereich können Händler*innen und Unternehmen auf diese Weise ein verantwortungsbewusstes Image vermitteln und entsprechend sensibilisierte Zielgruppen erreichen. Anstatt das Produkt einfach zu entsorgen, werden die Verbraucher*innen ermutigt, es zu reparieren, wiederzuverwenden oder den Händler*innen die Möglichkeit zu geben, das Produkt zu re- oder upzucyclen.  Ein weiterer Vorteil für Händler*innen: Sie können unabhängiger von globalen Lieferketten agieren. Da die Lebensdauer der Produkte verlängert wird und Materialien wiederverwendet werden, schont ein solches Vorgehen die natürlichen Ressourcen.

Neue Geschäftsmodelle entwickeln

Es zeichnet sich ab, dass die gesetzlichen Anforderungen in der EU zukünftig steigen. Um diesen Vorgaben zu entsprechen und der vermehrten Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Lieferwegen nachzukommen, sollten Unternehmen und Händler*innen ihre eigenen Ressourcen und deren Verbrauch besser kennen. Dies hilft beim Erschließen neuer Geschäftsmodelle. Anstatt Produkte nur zu verkaufen, können Unternehmen ihre nicht benötigten Lagerbestände vermieten und recycelte Ware günstiger anbieten. Mit diesem Preisvorteil werden auch gebrauchte Produkte oder Vorsaisonware für Konsumenten attraktiver.

Eine Kreislaufwirtschaft ist umso effizienter, je nachhaltiger die Lieferketten werden. In diesem Zusammenhang lassen sich auch Partnerschaften mit anderen Unternehmen eingehen, um die Supply Chain zu verkürzen und nachhaltiger zu gestalten.

Fazit

Nachhaltigkeit und die Erhaltung natürlicher Ressourcen werden zu einem immer wichtigeren Thema – sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. Bis vor Kurzem waren die Begriffe Ökologie und Ökonomie nur schwer miteinander zu verbinden. Doch der nachhaltige Ansatz mithilfe einer Kreislaufwirtschaft zeigt, dass beides nicht im Widerspruch zueinandersteht. Beide Aspekte können sich sogar ergänzen. Für Unternehmen bedeutet die Einrichtung eines Marktplatzes basierend auf einer Circular Economy finanzielle Vorteile, indem sich Ressourcen effektiv nutzen lassen. Und das erhöht nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Verbraucher*innen schätzen ein nachhaltiges Verhalten.

Autor: Ludovic Ciannarella, Head of Sales Europe bei Lemonway

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