Kundenberatung • 09.05.2019

Ein Kunde ist König? Zwei Kunden sind Ärger!

Wie Verkaufspersonal mit Kunden umgehen kann, die in Begleitung kommen

Ein Kunde kommt selten allein. Viele sind zum Shoppen in Begleitung unterwegs. Die begleitende Person ist dabei nicht immer gut gelaunt, geduldig oder freundlich. Kann der Verkäufer die zweite Person dann einfach ignorieren? Oder wie geht er am besten mit dieser Situation um?

Foto von einem lächelnden Mann mit Brille; copyright: Burkhard Treude...
Burkhard Treude, selbstständiger Verkaufstrainer und Berater
Quelle: Burkhard Treude

Antworten gibt Burkhard Treude, selbstständiger Verkaufstrainer und Berater, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt.

Herr Treude, was ist das Besondere an der Situation, wenn ein Kunde in Begleitung in ein Geschäft kommt?

In der normalen Verkaufspsychologie wird stets so getan, als wäre der Kunde allein. Es ist aber – damit hat sich lange niemand systematisch auseinandergesetzt – sehr häufig anders im Alltag, dadurch steigt die Komplexität für den Verkäufer. In einer Eins-zu eins-Situation kann er sofort sehen, wie der Kunde reagiert und was für eine Körpersprache er hat. Sobald es zwei Personen sind, muss er seine Aufmerksamkeit aufteilen und die Situation wird komplizierter. Erst recht, wenn da noch widerstrebende Energien im Raum sind, die möglicherweise vom Begleiter ausgehen.

Was sind denn typische Beratungssituationen, in denen man als Verkaufspersonal die Begleitperson eben nicht ignorieren sollte, auch wenn es zunächst einfacher scheint?

Da haben wir – um mal einige klischeehafte Beispiele zu nennen – den gelangweilten Ehemann, der seine Frau zum Einkaufen begleitet, eigentlich aber lieber die Sportschau kucken möchte.

Eine Frau begutachtet Kleider an einer Stange, ein Mann sitzt verärgert mit...
Quelle: PantherMedia/Wavebreakmedia ltd

Oder das trotzige oder pubertierende Kind. Da hat man es mit Konfliktpotential, mit einem Dilemma zu tun. Hier gilt es, die Situation so zu gestalten, dass ein Beratungsgespräch möglich wird. Sonst droht man den eigentlichen Kunden zu verlieren.

Aber auch beispielsweise ein Mensch mit einer Hörbehinderung, da sollte man nicht nur mit der Begleitperson kommunizieren.

Ein weiteres Szenario ergibt sich bei einer Familie mit Migrationshintergrund aus dem arabischen Kulturkreis. Die Mutter spricht kein Deutsch und bleibt im Hintergrund. Nur, wer weiß, wie in solchen Familien Entscheidungen getroffen werden, weiß auch, dass es entscheidend ist, mit ihr Blickkontakt aufzunehmen und ihre Zustimmung einzuholen.

Sie sprachen vorhin von „widerstrebenden Energien“. Können Sie dafür Beispiele nennen?

Ein Beispiel ist das Paar, das unterschiedliche Vorstellungen von der gemeinsamen Wohnungseinrichtung hat. Die Verkaufsperson läuft hierbei Gefahr eine Seite zu favorisieren, wodurch sie die andere verliert und so den Kauf gefährdet.

Zwei Frauen schauen sich ein Kleid im Laden an, eine begeistert, eine...
Quelle: PantherMedia.net/Arne Trautmann

Dann gibt es das Phänomen der besten Freundin, die zum Shoppen als Beraterin mitkommt, ihrer Freundin aber alle Optionen madig macht. Da können Konkurrenzdenken, Neid und Missgunst im Spiel sein. Die eine Freundin möchte eigentlich gar nicht, dass die andere immer mehr positive Blicke auf sich zieht.

Nicht selten ist auch die Tochter oder der Sohn im Teenager-Alter, der einen Elternteil zum Einkaufen von Unterhaltungselektronik begleitet. Die Kinder kennen sich oft besser aus als die Eltern, führen diese dann vor statt helfend zur Seite zu stehen oder liefern sich eine Kompetenzschlacht mit dem Verkäufer.

Wie kann ein Verkäufer mit so einer Situation denn geschickt umgehen?

Hier ist es wichtig, die Begleitperson zum Co-Berater zu machen, ihm Verantwortung für das Ergebnis zu übertragen. Wenn der Verkäufer gezielt fragt, „Was meinen Sie denn, was Ihrer Frau am besten steht?“, kann der Kunde nicht hinter dem Rücken des Verkäufers gegen ihn arbeiten. Die Kunst besteht darin, alle als gleichberechtigte Gesprächspartner einzubinden. Aber dazu gehört auch Erfahrung.

Sie beraten und trainieren Einzelhändler. Was haben Sie im Laufe der Jahre selbst dazugelernt? 

In den Trainings werden mir immer wieder Situationen geschildert, die ich selbst noch nicht kenne. Erst, wenn man vom Leidensdruck des Personals hört, wird einem klar, was im Verkauf eigentlich für Herausforderungen stecken. Dieser Beruf erfordert, in kürzester Zeit einen Draht zu den Kunden herzustellen: Man muss etwas über sie herausfinden, den Geschmack und Lebensstil erfragen. Von Verkäufern wird erwartet, dass sie das in ihre Beratung miteinfließen lassen.

Würden Sie Einzelhändlern raten, mit ihrem Personal solche Begleit-Szenarien durchzuspielen?

Das ist absolut sinnvoll. Solche Situationen einmal bewusst durchzugehen hilft später auch, selbst wenn die erlebte Situation nicht identisch ist mit der trainierten. Gewisse Techniken für den Umgang erlernt zu haben, entlastet einen.

Außerdem kann es hilfreich sein, solche Szenarien in einer Marketinggesellschaft mit Händlern aus anderen Branchen zusammen anzugehen. Denn das grundsätzliche Kundenverhalten ist überall gleich, ob in der Parfümerie oder im Schuhgeschäft: Abgesehen von Nuancen sieht man immer die gleichen Muster. Auch das wirkt entlastend für das Personal, denn branchenintern denkt man oft: Das machen die nur mit uns. Die Erkenntnis, dass es nicht so ist, kann sehr erleichternd sein.

„Der Kunde ist König“. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Dieser Verkaufsmythos „Der Kunde ist König“ ist meines Erachtens völlig hinderlich. Der Kunde ist nicht König, wenn er sich völlig danebenbenimmt. Ich finde, er hat lediglich das Recht, auf Augenhöhe behandelt zu werden. Überschreitet das Verhalten gewisse Grenzen, ist es durchaus legitim, den Kunden zu bitten, das Geschäft zu verlassen. Der gegenseitige Respekt muss da sein.

Interview: Katja Laska, iXtenso – Magazin für den Einzelhandel

Weitere Beiträge zum Thema:

Beliebte Beiträge:

Thumbnail-Foto: Chinesisches Neujahrsfest 2024: erfolgreiche Marketingstrategien...
31.01.2024   #E-Commerce #Marketing

Chinesisches Neujahrsfest 2024: erfolgreiche Marketingstrategien

So können (Online-)Händler*innen von den Feierlichkeiten profitieren

Das Chinesische Neujahrsfest 2024 beginnt am 10. Februar und dauert 16 Tage. Während des bedeutenden Festes, das nicht nur in China ...

Thumbnail-Foto: Tipps: Optimale Shopping Experience zu Weihnachten...
22.11.2023   #Online-Handel #Künstliche Intelligenz

Tipps: Optimale Shopping Experience zu Weihnachten

So bereitest du dich als Amazon-Händler*in auf die Shoppingtage vor

Die Aktionstage zum Beginn der weihnachtlichen...

Thumbnail-Foto: Weihnachtsdeko: Setz deinen Store in Szene!
09.11.2023   #Kundenerlebnis #Ladendekoration

Weihnachtsdeko: Setz deinen Store in Szene!

Vom Boden, über die Regale und Lichter bis zum Schaufenster – so machst du deinen Store fit fürs Weihnachtsgeschäft!

Die Wochen vor Heiligabend gelten als die umsatzstärksten des Jahres...

Thumbnail-Foto: Kund*innen zu Freunden machen – So kann’s gehen...
24.01.2024   #Marketing #Online-Marketing

Kund*innen zu Freunden machen – So kann’s gehen

WhatsApp-Channels als Geheimwaffe im Marketing-Mix

Im Herbst 2023 hat Meta mit den WhatsApp-Kanälen eine völlig ...

Thumbnail-Foto: Veganuary 2024: Beste Verkaufsstrategien und Beispiele...
11.01.2024   #stationärer Einzelhandel #Lebensmitteleinzelhandel

Veganuary 2024: Beste Verkaufsstrategien und Beispiele

Warum Einzelhändler*innen den Trend nutzen sollten

Der Veganuary ist in Deutschland in die vierte Runde gestartet. Über 850 deutsche Unternehmen beteiligen sich an dieser globalen Bewegung ...

Thumbnail-Foto: Für dich: Retail-Marketing-Kalender 2024
08.01.2024   #Marketing #Verkaufsförderung

Für dich: Retail-Marketing-Kalender 2024

Diese Phasen und Tage kannst du im kommenden Jahr für dich und dein Geschäft nutzen

Geburtstage, Ferien, Urlaube … All diese Tage werden von uns alljährlich in Kalendern festgehalten, um unseren persönlichen Alltag zu planen. Aber auch das Geschäftsjahr lässt sich planen. Für Händler*innen kann ...

Thumbnail-Foto: Valentinstags-Marketing: kreative Kampagnen, die den Ton treffen...
18.01.2024   #stationärer Einzelhandel #Nachhaltigkeit

Valentinstags-Marketing: kreative Kampagnen, die den Ton treffen

Beispiele, wie du am Valentinstag punkten kannst

Zalando schlug 2021 zwei Fliegen mit einer Klappe: Mit der Aufforderung „campaign exchange the clothes after your ex“ zeigte man der Kundschaft ...

Thumbnail-Foto: Klimaneutralität: So sparst du Energie in deinem Store!...
27.11.2023   #Beleuchtungskonzepte #Umwelt

Klimaneutralität: So sparst du Energie in deinem Store!

Die Klimaschutzoffensive des Handels hilft praxisnah und mit neuen und innovativen Pilotprojekten – auch dir.

Eine EDEKA-Filiale in Leipzig wird zum ersten klimaneutralen Supermarkt - Aber wie?

Thumbnail-Foto: REMIRA präsentiert die vollständig digitale Customer Journey...
16.02.2024   #Handel #Tech in Retail

REMIRA präsentiert die vollständig digitale Customer Journey

EuroCIS 2024: Maximaler Nutzen für Händler und Kunden
ohne Vendor-Lock-In

Die moderne Handelswelt ist geprägt vom Einsatz zahlreicher Systeme verschiedenster Anbieter. Insbesondere im Retail-Handel sind noch viele Softwareunternehmen nur mit immensem Aufwand bereit, Lösungen anderer Anbieter zu integrieren. ...

Thumbnail-Foto: Mit rapidmail die Kundenbindung stärken
22.02.2024   #Online-Handel #Marketing

Mit rapidmail die Kundenbindung stärken

Trotz sozialer Netzwerke und Kurznachrichten-Diensten – die E-Mail zählt noch immer zu den effektivsten Kanälen in der Kundenkommunikation und lässt sich in nahezu allen Marketingbereichen einsetzen. Die auf den Online-Vertrieb ...

Anbieter

REMIRA Group GmbH
REMIRA Group GmbH
Phoenixplatz 2
44263 Dortmund