Spielend – einfach? Gamification im Handel
Wie Händler*innen mittels Gamification neue Kund*innen gewinnen können
Ob an der Haltestelle, im Wartezimmer, unterwegs in der Stadt oder gemütlich auf dem Sofa – das Smartphone ist in den letzten zehn Jahren für die meisten Menschen ständiger Begleiter geworden. Wer einen Moment Zeit hat wirft einen Blick auf die zahllosen Apps, schreibt Familie oder Freund*innen Nachrichten oder spielt eine kurze Runde in einem der unzähligen Mobile Games, also Spielen, die speziell für die Nutzung auf dem Smartphone entworfen und entwickelt wurden.
Immer mehr Händler*innen beginnen, gerade diesen letzten Umstand für sich zu nutzen. Neue Kund*innen im wahrsten Sinne des Wortes „spielerisch“ zu gewinnen und alte zu reaktivieren ist das Ziel der Gamification im Handel. Wie Gamification im Detail aussieht, welche Voraussetzungen von Händler*innen dafür geschaffen werden müssen und welche erfolgreichen Beispiele es bereits auf dem Markt gibt, darüber möchten wir in diesem Beitrag einen Überblick geben.
Was ist Gamification?
Als „Gamification“ wird die Anwendung spiele-typischer Elemente, wie das Verdienen von Erfahrungspunkten oder virtuelle Auszeichnungen, das Füllen von Fortschrittsbalken oder das Erreichen und Verbessern von Highscores, in einem spiele-fremden Kontext bezeichnet.
Ziel dieser Anwendungen ist es, von Menschen als eigentlich „langweilig“ oder „nervig“ empfundene Aufgaben oder Handlungen interessanter und motivierender zu gestalten und damit mehr Menschen dazu zu verleiten, diese Aufgaben oder Handlungen immer wieder durchzuführen. Dabei ist speziell die Gamification von Apps in den letzten Jahren immer weiter in den Fokus gerückt.
Denn mit der steigenden Zahl an Apps steigt auch die Verdrossenheit der Menschen für diese. Die App als solche wird von Kund*innen oft nicht mehr unbedingt als Erleichterung des Einkaufserlebnisses wahrgenommen, sondern als notwendiges Übel um Informationen und Rabatte zu erhalten. Eine (ausschließlich) funktional und inhaltlich einwandfrei gestaltete App kann dann im Einzelfall sogar dafür sorgen, dass Kund*innen diese App und damit vielleicht sogar das Unternehmen gänzlich meiden.
Gamification kann dieser Gefahr entgegenwirken und auf verschiedene Arten in eine App eingebaut werden.
Drei häufig genutzte Methoden:
- Belohnung – Durch das Nutzen der App oder die Erfüllung kleinerer Aufgaben (z. B. die virtuelle Eiersuche an Ostern) verdienen Kund*innen Rabatte oder andere Vorteile, die dann in der App, im Onlineshop oder im stationären Handel eingelöst werden können.
- Status – Kund*innen erreichen durch die Nutzung der App einen gewissen Status (z. B. über Ranglisten / Highscores), der ihnen nicht unbedingt direkte Vorteile bringt, aber die Bindung zwischen Unternehmen und Kund*innen erhöht oder ihnen das Gefühl gibt, als treue Konsument*innen besonders wichtig für das Unternehmen zu sein.
- Spaß – Durch bestimmte spielerische Elemente (z. B. ein Quiz oder die Einbindung von interaktiven Grafiken und Tönen) wird das Vergnügen bei der Nutzung der App erhöht, auch wenn diese Elemente Kund*innen keine direkten Vorteile einbringen.
Wie erfolgreiche Gamification aussehen kann
Es gibt viele verschiedene Beispiele für erfolgreiche Gamification im Handel. Einen kombinierten Ansatz aus den Methoden Belohnung und Status bietet z. B. der Naturkosmetik-Onlineshop Rosental. Kund*innen können hier durch Bestellungen, aber auch durch andere Aktionen wie das Registrieren auf der Seite, das Liken von Social-Media-Kanälen oder die Bewertung eines gekauften Produktes sogenannte "Karma-Punkte" verdienen. Bereits der Name suggeriert dabei, dass man etwas Gutes getan hat, um sie zu erwerben. Bestimmte Mengen gesammelter Punkte schalten dann Belohnungen wie Rabatte oder Gutscheine frei.
Mitarbeitergewinnung stand 2020 im Fokus der Gamification-Aktion der amerikanischen Agentur „The Martin Agency“. Auf Twitter veranstaltete die Agentur ein Quiz, bei dem es mittels verschiedener Hinweise die neuen Klienten der Agentur zu erraten galt. Als Preise winkten u. a. garantierte Bewerbungsgespräche und Gespräche mit dem CEO der Agentur.
Einen anderen Ansatz verfolgte 2018 die Agentur Pfeffermind mit ihrer Schnitzeljagd durch die Schweizer IKEA-Märkte. Kund*innen des schwedischen Möbelhauses konnten während ihres Besuches über die IKEA Family-App mittels Smartphone durch Augmented Reality unterstütze Aufgaben lösen und kleine Geschichten erzählt bekommen. Das Ziel: Die Verkaufsräume von IKEA lebendiger erscheinen lassen und die Kunden damit länger im Geschäft halten.
2021 veröffentlichte der Kosmetik-Riese Estée Lauder eine Reihe von kleinen Geschicklichkeitsspielen, wie z. B. ein an Space Invaders erinnerndes Spiel, bei dem mit einem Flakon Parfümtröpfchen aufgefangen und „böse“ Wolken und andere Objekte zerstört werden müssen. Zwar gibt es für die Besucher*innen der Website keine Belohnung für den Erfolg, ein Highscore verleiht jedoch einen gewissen Status und weckt sicher so manchen Ehrgeiz – und natürlich die Neugier auf die Produkte der Marke.
Von der Idee zur Umsetzung
So speziell all diese Beispiele sein mögen, so zeigen die doch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Gamification im Handel – sowohl zur Kunden- als auch zur Mitarbeitergewinnung. Und eines haben alle Beispiele gemeinsam: Sie sorgen dafür, dass sich die Unternehmen, ihre Apps, Websites und Social-Media-Kanäle, von denen der Konkurrenz abheben.
Welche Anwendung für welches Unternehmen und für welches Medium umgesetzt werden kann, ist dabei eine individuell zu beantwortende Frage. Bereits ein einfaches und günstig umzusetzendes Rabatt-Glücksrad zu Feiertagen oder Jubiläen kann helfen, aus der Masse hervorzustechen und Kund*innen auf die eigene Plattform zu locken. Größere Aktionen erfordern mehr finanziellen Aufwand und bergen ein höheres Risiko, können aber individueller gestaltet werden und bei Erfolg langfristiger wirken.
Von entscheidender Bedeutung ist hier die Beobachtung des Marktes und der eigenen Konkurrenz. Denn letztendlich ist Gamification kein Selbstzweck. Sie muss den Interessen der Händler*innen dienen und stets eine Brücke zu den Angeboten, Produkten oder Leistungen schlagen. Die spannendsten Spiele und einfallsreichsten Anwendungen werden wenig Erfolg bringen, wenn Nutzer*innen am Ende nicht zu Kund*innen werden.
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