Firmennachricht • 14.07.2022

Trends und Initiativen für aktuelles Konsumverhalten

Was Verbraucher*innen heute erwarten und wie die Konsumgüterbranche darauf reagieren muss

Durch das veränderte Einkaufsverhalten der Konsument*innen werden Hersteller*innen und Handel vor neue Herausforderungen gestellt. Der folgende Beitrag fasst einige der wesentlichen Trends und Initiativen aus dem detaillierten eBook von Salsify zusammen und zeigt auf, wie sich Maßnahmen und Strategien der Einzelhändler*innen und Marken mit dem neuen Mindset heutiger Verbraucher*innen weiterentwickeln müssen.

Ein Großteil der Verbraucher*innen von heute bevorzugt einen nachhaltigeren und gesünderen Lebensstil. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren weltweit gefestigt. Einkaufsgewohnheiten bei Konsumgütern, sowohl bei Lebensmitteln als auch bei anderen Produkten wie Kosmetika, Kleidung und Elektronik, werden stark von diesen Erwartungen beeinflusst: Die Nachfrage nach lokal erzeugten Waren (mit weniger Zwischenhändlern), ernährungsphysiologisch gesünderen Produkten (mit einem Nutri-Score von A, B oder C) sowie umweltfreundlicheren Produkten (statt Einwegartikeln) steigt.

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7 rue de Madrid
75008 Paris
Frankreich
Eine Person scannt ein Produkt mit einem Smartphone...
Quelle: STEKLO / shutterstock

Statt hemmungslosem Konsum bewusstes Nachdenken über Kaufentscheidungen

Die Verbraucherkennzahlen der Europäischen Kommission, die im Consumer Conditions Survey – 2021 veröffentlicht wurden, belegen diese Entwicklungen im Einkaufsverhalten in Europa: 67 % der europäischen Verbraucher*innen ziehen es demnach vor, umweltfreundlichere Produkte zu kaufen, auch wenn diese mehr kosten. In Deutschland sind es sogar 73 %, also fast drei Viertel der Verbraucher*innen. 81 % der europäischen Verbraucher*innen (DE: 83 %) kaufen laut der Umfrage vorzugsweise in der Nähe ihres Wohnortes ein, um damit lokale Unternehmen zu unterstützen. Und laut EIT Food Trust Report 2021 greifen 59% der über 20.000 befragten Europäer*innen zu gesunden und 51% zu nachhaltigen Lebensmitteln, wenn sie die Wahl haben.

Wie reagieren die Hersteller und der Handel auf diese Entwicklungen?

Um dem veränderten Konsumentenverhalten Rechnung zu tragen, haben Einzelhändler*innen und Marken bereits verschiedene Initiativen in Gang gesetzt, zunächst durch die Darstellung und Zugänglichmachung einer Reihe genauer und transparenter Daten über Materialien, Herkunft und Inhaltsstoffe eines Produkts. Zudem wurden in verschiedenen europäischen Ländern Scores wie der Nutri-Score oder der Eco-Score eingeführt. Energielabels bei Elektrogeräten wie zum Beispiel Waschmaschinen geben Auskunft über deren Energieeffizienz. Und um die Produktnachhaltigkeit zu verbessern, setzen sich Projekte zur Verbesserung der Reparaturrate auch bei großen internationalen Elektronikmarken wie Apple oder Samsung durch. 

Wichtigster Faktor: Zugang zu Produktinformationen

Kund*innen die gewünschten Produktinformationen schnell und transparent zur Verfügung zu stellen, wird für Einzelhändler*innen und Marken zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Wenn Verbraucher*innen zwischen zwei Händler*innen oder zwei Produkten wählen, entscheiden sie sich für diejenigen, die die umfangreichsten bzw. qualitativ hochwertigsten Informationen bieten. Laut der Verbraucherstudie von Salsify brechen 44% der deutschen Shopper ihren Einkauf ab, wenn sie nicht die Produktinformationen finden, die sie suchen.

Eine Infografik zu Kaufabbrüchen, wenn keine relevanten Produktinformationen...
Quelle: Salsify

Megatrend: Lokal kaufen

Die Verbraucher*innen, die immer mehr auf ihren ökologischen Fußabdruck achten, haben verinnerlicht, dass der Konsum lokaler Produkte zu einer Verringerung der CO2-Emissionen führt und gleichzeitig die Wirtschaft in der Region ankurbelt. Laut der im Made in Germany Online Magazin zitierten Nielsen-Studie bevorzugen mehr als die Hälfte (56 %) der Deutschen inländische Markenprodukte, da dies ihrer Ansicht nach die lokale Wirtschaft unterstützt. 42 % der befragten Deutschen empfinden außerdem hiesige Marken vertrauenswürdiger als deren ausländische Pendants. Und fast die Hälfte (47 %) ist der Ansicht, dass deutsche Marken am besten auf ihre individuellen Bedürfnisse bzw. ihren Geschmack abgestimmt sind. Hier unterscheiden sich die deutschen Verbraucher*innen kaum von ihren europäischen Nachbar*innen. Das Gütesiegel „Made im eigenen Land“ steht auch bei Verbraucher*innen in Frankreich, Spanien oder Großbritannien hoch im Kurs.

Die Antwort: lokale Partnerschaften

Die großen Einzelhandelsketten reagieren auf den Trend. So startete der Einzelhändler REWE Anfang 2020 sein Programm „REWE Local Partnerships“, das langfristige Partnerschaften mit Landwirt*innen fördert und gemeinsame Werte und Prinzipien definiert. Supermarktketten wie Booths oder Morrisons haben in Großbritannien schon vor einigen Jahren ähnliche Initiativen gestartet, die inzwischen auf allen Verkaufskanälen und im Marketing, sowohl im Geschäft als auch online, in den Fokus rücken.

Verbraucher*innen vertrauen transparenten Händler*innen und Marken

Die informierten und digital vernetzten Verbraucher*innen von heute wollen möglichst viele Informationen über die Produkte, die sie kaufen. Bereits 2016 kam eine Studie von PwC „Rückverfolgbarkeit als Kaufargument?“ zu dem Ergebnis, dass der Wissensdurst der deutschen Verbraucher*innen sehr ausgeprägt ist: Die Mehrheit (87 %) informiert sich über die Herkunft und Herstellung von Produkten, insbesondere bei Lebensmitteln. Allerdings ist es für die Verbraucher*innen nicht immer ganz leicht, an die gewünschten Informationen zu kommen. Ein Scoring-System zur Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln wurde lange unter den Akteur*innen des Verbrauchermarktes diskutiert. Angaben zum Energiegehalt und zu den Nährwerten Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz müssen schon länger auf den Verpackungen von Lebensmitteln stehen – und das EU-weit einheitlich. Aber erst seit Ende 2020 gibt es in Deutschland zusätzlich eine Lösung mit Ampelfarben, die die schnelle Orientierung erleichtern soll: den Nutri-Score, der in Frankreich schon 2017 und in Belgien 2018 eingeführt wurde.

Das Vertrauen in Ökolabels ist hoch

Eine Vielzahl von Labels kennzeichnet in Deutschland den biologischen Anbau von Lebensmitteln. Herrschte vor einigen Jahren noch Verwirrung ob der Vielzahl der unterschiedlichen Labels, ist das Vertrauen der Verbraucher*innen inzwischen deutlich gestiegen. Das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik e.V. und die Landesinitiative Ernährungswirtschaft führten im Jahr 2021 eine deutschlandweite Erhebung mit 1.029 Verbraucher*innen zum Thema Vertrauen in Lebensmittelkennzeichnungen durch. Das Ergebnis: Vor allem den Kennzeichnungen für ökologisch erzeugte Lebensmittel wird ein sehr hohes Vertrauen entgegengebracht. 

Das deutsche Bio-Siegel steht dabei an erster Stelle: 58 % der Befragten vertrauen diesem. Mit annähernd 100 % weist das Siegel auch den höchsten Bekanntheitsgrad aller untersuchten Kennzeichnungen auf. Dem EU-Bio-Siegel, welches vergleichbar von den Standards mit dem deutschen Bio-Siegel ist, weitaus weniger vertraut wird (Top-Scores 43 %) während die Öko-Siegel der Verbände Bioland und Demeter zwischen diesen beiden Polen liegen. Hierbei genießt das Bioland-Siegel einen weit höheren Bekanntheitsgrad im Vergleich zu dem Demeter- und dem EU-Bio-Siegel. Darüber hinaus wird vor allem den „Vegan“- und „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnungen ein relativ hohes Vertrauen entgegengebracht bei gleichzeitig hohem gestützten Bekanntheitsgrad.

Das Nutri-Score-Label zum Thema gesunde Ernährung wies laut der Studie 2021 bereits einen sehr hohen Bekanntheitsgrad von annähernd 90 % auf, obwohl es in seiner heutigen Form erst kurz eingeführt war. Nur rund 38 % der Konsument*innen gaben allerdings an, diesem Zeichen zu vertrauen. Beides, hohe Bekanntheit und geringes Vertrauen, lassen sich wahrscheinlich auf die kontroverse Diskussion des Labels in Politik und Medien zurückführen.

Auswirkung der Labels auf das Verbraucherverhalten: Nutri-Score und Eco-Score

Wirkt sich der Nutri-Score auf die Verkaufszahlen in Europa aus? Eine Nielsen-Studie verzeichnete einen Anstieg der Verkaufszahlen bei mit A und B bewerteten Lebensmitteln und einen Rückgang der Verkäufe der mit C und D eingestuften Produkte. Nicht überraschend: Je jünger die befragte Verbrauchergruppe, desto stärker wird der Nutri-Score bei der Kaufentscheidung berücksichtigt.

Die EU-Kommission will darüber hinaus einheitliche Vorgaben für ein Nachhaltigkeitslabel für Lebensmittel entwickeln. Angesichts der Schwierigkeit, die umfassenden Auswirkungen auf das Klima darzustellen, herrscht jedoch Uneinigkeit über den sogenannten Eco-Score. Das Ende der Testphase wurde in Frankreich, das hier Vorreiter war, vom Gesetzgeber von 2021 auf Ende 2022 verschoben. 

Seit Juni 2021 testet Lidl als erster deutscher Händler in seinen Berliner Filialen die Nachhaltigkeitskennzeichnung Eco-Score bei ausgewählten Produktgruppen, um zu erfahren, wie Kund*innen eine Nachhaltigkeitskennzeichnung von Lebensmitteln wahrnehmen und ob die Transparenz über die Umwelteinwirkungen der Produkte die Kaufentscheidung beeinflusst.

Die Pilotphase, die durch Stakeholdergespräche, umfassende Marktforschung durch unabhängige Institute sowie repräsentative Kundenbefragungen begleitet wurde, hat laut bioPress wertvolle Erkenntnisse geliefert, die Lidl im April 2022 mit Vertreter*innen aus Politik, Gesellschaft und Verbänden diskutierte. Die Zwischenbilanz: Kund*innen wünschen sich eine Nachhaltigkeitskennzeichnung und bewerten den Eco-Score positiv. Die Pilotphase hat aber auch wichtige Grundsatzfragen aufgeworfen: Ist beispielsweise eine mehrdimensionale Art der Nachhaltigkeitskennzeichnung zukunftsweisend? Welche Datengrundlage ist am sinnvollsten? Wie kann bestmöglich Transparenz über die zugrundeliegende Berechnungslogik geschaffen werden?

Inzwischen hat der Bioverband BNN ein eigenes Label, den „Planet-Score“ ins Spiel gebracht. Welches Label sich letztlich EU-weit verbindlich durchsetzen wird, ist offen und wird noch für spannende Debatten sorgen. Das Gute: Es bewegt sich was im Lebensmittelmarkt in Sachen Nachhaltigkeitskennzeichnung.

Elektronikmarkt: Recht auf Reparierbarkeit

Nicht nur im Bereich Lebensmittel, auch im Elektronikmarkt wird dem umweltbewussteren Konsumentenverhalten Rechnung getragen: Was Umweltverbände und Verbraucherschützer schon lange fordern, wurde im April 2022 vom EU-Parlament gesetzlich verankert. Das Parlament hat den Vorschlag der Europäischen Kommission zum „Recht auf Reparatur“ angenommen. Dieses Recht sieht vor, dass Waren langlebiger, haltbarer und reparierbar sein müssen. Es umfasst außerdem eine bessere Kennzeichnung zur Verbraucherinformation sowie eine Erweiterung der Garantierechte.

Kollaborative Plattformen ermöglichen Transparenz

Einzelhändler*innen und Marken suchen nach technologischen Lösungen, um der Verbraucherforderung nach umfangreichen Informationen gerecht zu werden. Dabei können sie sich auf verschiedene Technologien stützen, um klare Informationen zu liefern und die Transparenz zu erhöhen: Datenbanken und kollaborative Projekte, wie z. B. mobile Anwendungen, die den Verbrauchern die Möglichkeit geben, direkt auf Produktinformationen oder Nährwert- und Umwelt-Scores zuzugreifen.

Kollaborative Plattformen wie SupplierXM von Salsify erleichtern den Datenaustausch zwischen Hersteller*innen, Einzelhändler*innen und Verbraucher*innen, indem sie Aktualisierungen in Echtzeit, Kontrollen zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit und die Aktualisierung der Produktdaten ermöglichen. Damit ist die Basis geschaffen, um die Anforderungen der Verbraucher in Chancen für die Marken und Händler*innen umzuwandeln – so wie das im o.g. eBook zitierte Beispiel des französischen, zu Danone gehörenden Gourmetspezialisten Michel et Augustin zeigt, der die Einführung des Eco-Scores als Chance nutzte und mittels genauerer, zuverlässigerer Produktdaten einen besseren Score einiger seiner Bestseller-Produkte erzielte.

Drei Screenshots aus dem SupplierXM System von Salsify mit Produktinformationen...
Quelle: Salsify

Mehr über die Herausforderungen und Chancen für die Konsumgüterbranche in Europa erfahren Sie im Salsify eBook „Wie sich die Forderung nach Transparenz von Produktdaten auf die Entscheidungen europäischer Einkäufer auswirkt“.

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