In Deutschland wurden Selbstbedienungskassen – heute besser bekannt als Self-Checkout-Systeme (SCO) – vor allem durch Ikea bekannt. Mittlerweile setzen auch Supermärkte und erste Drogerieketten darauf, dass Kunden ihre Artikel selbstständig scannen. Trotzdem ist die Skepsis auf Kunden- wie auch auf Händlerseite weiterhin groß. Vor allem letztere fürchten, dass die teuren Systeme nicht die notwendige Akzeptanz finden.
Zwar habe laut einer aktuellen Studie des Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov bereits jeder zweite Deutsche bereits eine Form des Self-Checkouts genutzt, dennoch überwiegen die Zweifel bezüglich der Vor- und Nachteile. Markenimage, Investition und Nutzenakzeptanz sind die zentralen Hemmnisse für Einzelhändler. Trotz allem zeigt der Report auch: Die grundsätzliche Bereitschaft der Kunden, die Kassensysteme zu nutzen, ist deutlich höher als der tatsächliche Anteil der Nutzer. Hier gibt es also ungenutztes Potenzial.
Stationäre Self-Checkout-Lösungen: einfache Bedienung und Barzahlung wichtig
Unter Self-Checkout fallen verschiedene Systeme, bei denen der Checkout-Prozess ganz oder teilweise vom Kunden durchgeführt wird. Sie sind in verschiedenen Varianten verfügbar, je nachdem, welche Anforderung Händler und Kunde an sie stellen. Genutzt werden stationäre sowie mobile Lösungen, die als alternative Ergänzung – und das ist wichtig – zu bedienten Kassen angeboten werden.
Beim stationären Self-Checkout scannt der Kunde jedes Produkt eigenhändig. Dazu zieht er diese über einen integrierten bioptischen Laser- oder Imager-Scanner. Je nach Modell ist der Scanner mit einer Sicherungswaage ausgestattet, die nicht nur als Waage fungiert, sondern auch sicherstellt, dass es sich bei dem gescannten Produkt auch um eben jenes handelt. Hierfür vergleicht die Software den Barcode mit der hinterlegten Gewichtsangabe. Sicherungswaagen können aber auch als externes Modul hinzugefügt werden. Dann muss der Kunde, um den Scanprozess weiterführen zu können, das Produkt auf eine separate Waage legen, bevor er das nächste Produkt einscannen kann. Je nach Modell ist im Scanner eine Deaktivierung der elektronischen Warensicherung integriert.
Während des kompletten Vorgangs erhält der Kunde Anweisungen über ein Touchdisplay und kann dort alle Schritte und eingescannten Produkte nachvollziehen. Eine einfache Nutzeroberfläche führt durch alle Abläufe. Eine Sprachführung ist potenziell möglich. Einzelhändler sollten darauf achten, dass das gesamte Sortiment im System hinterlegt wird. Das betrifft insbesondere Thekenartikel, Wiegeware oder Backwaren. Hierfür sind gegebenenfalls gesonderte Maßnahmen nötig, wie ein zusätzliches bebildertes Menü, in dem die Produkte angewählt werden können. Die Kunden können außerdem Coupons, Gutscheine oder Leergut-Bons einlösen.
Einige Terminals bieten lediglich bargeldlose Bezahlkomponenten an. Verifiziert wird der Bezahlprozess hier häufig über ein Unterschriften-Pad, mittlerweile sind aber auch Fingerabdrucklaser erhältlich. Da aber insbesondere Skeptiker am liebsten bar zahlen, sollten Einzelhändler möglichst neben Giro- und Kreditkarte auch Barzahlung anbieten. Integrierte Noten- und Münzenrecycler erleichtern nicht nur den Bezahlvorgang für den Kunden, sondern stellen auch ein effizientes Bargeldhandling durch integrierte Cash Management-Systeme für den Händler bereit. Aufrüsten lassen sich die SCO-Systeme dann auch mit Technologien für kontaktloses Bezahlen via NFC. Neue Modell integrieren diese Lösung bereits standardmäßig.
Viele Hersteller bieten neben statischen Modellen mittlerweile auch hybride Lösungen. Diese können mit nur wenigen Handgriffen in eine bediente Kasse umgewandelt werden. Mit diesen Systemen können Händler insbesondere zu Stoßzeiten flexibel reagieren und so lange Schlangen vermeiden.
Mobile Scanning als Ergänzung zum stationären Self-Checkout
Bei der mobilen Scanning-Lösung erhält der Kunde am Eingang des Supermarktes ein Handheld und scannt die Waren während des Einkaufsprozesses ein. Oftmals setzt diese Lösung eine vorherige Registrierung, beispielweise über eine Kundenkarte, voraus. Am Ende des Einkaufs werden die Daten in das Kassensystem übernommen, und der Kunde zahlt an einem Automaten oder an einer Extrakasse. Mittlerweile bieten Hersteller entsprechende Funktionen auch für Smartphones in Form einer Shopping-App an. Beim Verlassen des Ladens kann der Kunde mit den hinterlegten Bezahlmethoden seinen eingescannten Warenkorb bezahlen. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass weitere Funktionen wie eine Einkaufsliste, Anzeige von Angeboten sowie Indoor-Lokalisierung und -Navigation zur Verfügung stehen. Aktuell wurden derartige Systeme bisher nur vereinzelt in Deutschland umgesetzt. Zu beobachten ist jedoch, dass zunehmend Märkte mit stationären und mobilen Self-Checkout-Lösungen ausgestattet werden.
Kunden müssen die Wahl haben – SCO sollte kein Zwang sein
Die Einführung von Self-Checkout-Systemen lohne sich laut der YouGov-Studie dann, wenn die Zielgruppe sich in der Potenzialgruppe, also der Personen, die die SB-Kassen mindestens selten nutzen, wiederfinde. Vor allem die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen sei besonders affin. Darüber hinaus fühlen sich Kunden im Alter von 18 bis 24 sowie von 35 bis 44 fühlen sich von dem Angebot angesprochen.
Edeka Aschoff in Kassel führte Ende 2016 vier SCO-Kassen im Markt ein. Die Kundschaft, die die Lösungen nutzt, reicht von Männern, Frauen, jungen Familien bis hin zu älteren Ehepaaren. Die Erfahrung der Marktleitung zeigt, dass insbesondere letztere die neue Möglichkeit schätzen, da sie sich weniger gehetzt fühlen und ihr Tempo selbst bestimmen können.
Einzelhändler sollten außerdem neben der Altersklasse auch die Bon-Daten intensiv analysieren, um herauszufinden, wie hoch der Anteil von Kunden mit einer kleinen Anzahl von Artikeln und damit mit einem niedrigen Durchschnitts-Bon ist. Denn nach wie vor gilt: SCO-Systeme eignen sich für kleine Einkaufsmengen. Werden eher große Einkaufsmengen verzeichnet, kann dies ein Anzeichen dafür sein, dass sich die Einführung nicht rentiert.
Um die auch die Skeptiker zu überzeugen, sollten Einzelhändler vor allem die Vielfalt der Bezahlmethoden und sowie die einfache Bedienung klar kommunizieren. Daneben spielt der Standort innerhalb der Kassenzone eine entscheidende Rolle: Ein offener Zu- als auch Ausgang sollte gewährleistet sein. Eine physische oder visuelle Abgrenzung wirkt sich negativ auf das Nutzungsverhalten aus.
Daneben muss das Servicepersonal entsprechend geschult werden. Gerade in der Einführungsphase bietet es sich daher an, Personal an den SCO-Kassen bereit zu stellen, die bei Problemen und Fragen dem Kunden zur Seite stehen. Und auch danach sollte es mindestens einen Mitarbeiter geben, der beispielsweise altersbeschränkte Artikel zeitnah freigibt. Werden zwischenzeitlich neue Module integriert, sollte auch hier darauf geachtet werden, das Personal entsprechend zu informieren und falls nötig zu schulen.
Dadurch dass die SCO-Kassen jederzeit geöffnet sind, stehen automatisch immer mehr Kassen zur Verfügung. Die Flächenproduktivität steigt und Kunden schätzen die schnellere Alternative, wenn es mal wieder zu langen Schlangen kommt. Durch die Einführung von SCO-Systemen kann das Markenimage eines Einzelhändlers also profitieren, sofern die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden und die Zielgruppe im Mittelpunkt steht. Die Investitionsfrage sollte daher nur an zweiter Stelle stehen. Da die Stationen in Serie gegangen sind, ist auch die Anschaffung vergleichsweise günstiger als noch vor ein paar Jahren.