Mieten statt kaufen: Ein nachhaltiges Konsumsystem auf dem Vormarsch?

Highlights aus einem Webtalk über Abonnement-Services und Circular Economy bei Decathlon

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Quelle: PantherMedia/bruesw

Unternehmen finden sich oft in einem Spagat wieder: Sie müssen zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielen priorisieren. Wie viel investieren wir in nachhaltige Geschäftsmodelle sowie Umwelt- und Klimaschutz? Vor diesen Entscheidungen stehen viele Unternehmer*innen.

Nachhaltigkeitsbemühungen mögen zwar zunächst mehr kosten. Aber wie sich nach und nach herausstellt, können sich gute Investitionen lohnen, denn Konsument*innen orientieren sich bei der Wahl der Marke oder des Handelsunternehmens zunehmend daran, für wie nachhaltig sie deren Handeln empfinden. Und nicht nur das: Die momentane Energiekrise ist nur ein Beispiel dafür, dass nachhaltige Modelle auch wirtschaftlicher sein können, da sie auf lange Sicht fatale Kostenexplosionen vermeiden.

Es gibt zahlreiche Ansätze, um Nachhaltigkeit in der Geschäftstätigkeit voranzutreiben: Verantwortungsvolle Produktion, Energiesparmaßnahmen und erneuerbare Energien sowie Müllvermeidung sind nur einige Beispiele.

Und ein weiteres, das beispielsweise in der Textilindustrie in aller Munde ist, heißt: Circular Economy, also Kreislaufwirtschaft.

Ein Mann bei einem Webtalk, eine Straße und Berge als virtueller Hintergrund...
Yann Carré, Leader Rent bei Decathlon
Quelle: Screenshot Webtalk "Sustainability and Subscription Business: A Perfect Match?"; copyright: Zuora

Weniger Produktion, mehr Nutzung: Kreislaufwirtschaft

Über Kreislaufwirtschaft und das Abo-Modell bei Decathlon sprachen Yann Carré, Leader Rent bei Decathlon, und Frédéric Demierre, Senior Vice President Growth & Strategy bei Digitall, in einem Webtalk am 17.03.2022. (Zuora stellt Software bereit, mit der Unternehmen ihre abonnementbasierten Dienste verwalten können. Digitall stellt Cloud- und Softwarelösungen unter anderem fürs Datenmanagement bereit.)

Yann Carré beginnt mit einem Aufruf an das Verantwortungsgefühl von Unternehmer*innen: „Wenn man Produkte herstellt und entwirft, nimmt man am Anfang der Kette der Erde etwas weg, und am Ende der Kette produziert man Abfälle. Wir haben eine Auswirkung auf den Planeten, und wir haben die Verantwortung [...], unsere Einflüsse zu reduzieren.”

Decathlon wollte seinen Impact reduzieren, ohne aber den Wert der Produkte für alle Beteiligten zu reduzieren. Ihre Lösung war die Kreislaufwirtschaft. Carré sieht seine nun Aufgabe darin, für Decathlon die Vision und Strategie für Miet-Services zu definieren, die einen Teil der Kreislaufwirtschaft darstellen soll, die der Sportartikelhändler umsetzen will.

Für Decathlon bedeute Kreislaufwirtschaft drei Dinge, so Carré:

  1. Reparatur von Produkten
  2. Wiederholte Nutzung von Produkten befürworten
  3. Nutzung von Gütern auf Transaktionsbasis fördern, das heißt im Wesentlichen durch Vermietung

Um dieses Ziel schnellstmöglich umzusetzen, nehme sich Decathlon vor, dass es weniger Artikel geben soll und diese mehr genutzt werden. Dafür arbeite das Unternehmen an folgenden Schritten:

  • Nachhaltiges Design von Produkten
  • Anpassung der Lieferketten
  • Verlängerung der Produktlebensdauer
  • Reparatur und Recycling von Produkten
Ein Mann bei einem Webtalk, neutraler virtueller Hintergrund mit Firmenlogo von...
Frédéric Demierre, Senior Vice President Growth & Strategy bei Digitall
Quelle: Screenshot Webtalk "Sustainability and Subscription Business: A Perfect Match?"; copyright: Zuora

Nichts weniger als ein Paradigmenwechsel für Konsument*innen

Frédéric Demierre schließt an dieses Gefühl der Verantwortung an und stellt sich die Frage: „Was für einen Planeten werden wir zurücklassen, während wir weiterhin unsere Profite ausbauen?“ Seine Mission laute daher, durch die Digitalisierung von Vertriebs- und Marketingtätigkeiten Unternehmen davon zu überzeugen, nachhaltigere Prozesse einzuführen.

Auch wenn das Bewusstsein bei Konsument*innen schon steigt, müssen Unternehmen einen Paradigmenwechsel beim Konsum vorantreiben, meint Demierre. Es gebe schon einen fundamentalen Wandel in der Beziehung von Menschen zu Produkten, ermuntert er: „Wir sehen das Ende des Besitzes und die Zunahme der Nutzung.“

Die Herausforderung: Ein neues und gewinnbringendes Geschäftsmodell zu entwickeln, das auf eine von Umweltbewusstsein und Achtsamkeit getragene Konsumhaltung eingeht.

Weder die Kreislaufwirtschaft noch das Abonnement-Modell seien neue Erfindungen, erklärt Demierre, aber als Antwort auf die Klimaschutzbemühungen sei es innovativ und transformativ.

Weitere nachhaltige Lösungen im Handel:

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Kund*innen besser verstehen und Produkte anpassen

Dabei bringe ein Abonnement-Service nicht nur Herausforderungen, sondern auch Vorteile für Unternehmen mit sich: Durch einen Abonnementdienst erfahren Anbieter*innen mehr darüber, wer ihre Produkte wann und wie nutzt. Das Abo-Modell liefere also mehr Daten über die Nachfrage der Verbraucher*innen und helfe Unternehmen, die Customer Journey besser zu verstehen. Zudem erlaube es Firmen, die Nachfrage zu prognostizieren und die Lieferketten dementsprechend zu optimieren.

Eine Voraussetzung für die Kreislaufwirtschaft sei natürlich, schränkt Demierre ein: Das Produkt muss für die Wiederverwendung konzipiert sein. Es müsse ein Wandel im Produktionsprozess geben: von einer produktzentrierten zu einer kundenzentrierten Perspektive, um für Kund*innen ein positives Nutzungserlebnis zu kreieren und eine vertrauensvolle Bindung zu ihnen aufzubauen.

Auch für Kund*innen hat dieses Modell laut Demierre Vorteile: Sie haben ständigen und automatischen Zugang zu Produktinnovationen und verbesserter Qualität.

Yann Carré schränkt ein: Er rechne nicht damit, dass Besitz in absehbarer Zeit gänzlich verschwinde. Er bemerkt jedoch, dass Eigentum in Branchen sich verändere, wenn diese Branchen das Nutzererlebnis revolutionierten, wie es die Streamingdienste getan hätten.

Decathlon, erklärt er, arbeite an einer Mischung aus Eigentum und Miete und biete den Kund*innen die Wahl an. „Wir wollen den Verbraucher*innen bewusst machen, was die Entscheidung ‚Sport als Dienstleistung statt Sport als Eigentum‘ für sie bedeutet.“

Autorin: Julia Pott

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