Bequem, schnell und günstig. Mittlerweile gesellt sich auch „nachhaltig“ auf die Zutaten-Liste für die perfekte Online-Bestellung. Das erfordert ein Umdenken der Händler und Zusteller.
Insbesondere auf der letzten Meile – dem zeit- und kostenintensivsten Abschnitt der Logistikkette – wird immer häufiger auf „Green Commerce" gesetzt.
2019 wurden mehr als 3,6 Milliarden Pakete und Päckchen durch Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) in Deutschland ausgeliefert. Für 2021 prognostiziert der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK e.V.) 4,15 Milliarden Sendungen. In den USA hat alleine der US Postal Service im vorigen Jahr 6,2 Milliarden Päckchen, Pakete und Erste-Klasse-Postsendungen zugestellt. Das zeigt: Online-Käufe sind sehr beliebt und werden es immer mehr.
Laut des „E-Shopper Barometers 2019“ von DPD bevorzugen 66 Prozent der Shopper Händler und Marken, die umweltfreundlich agieren. Dieser Trend wirkt sich auch auf die Logistikbranche aus. Beim boomenden E-Commerce spielt die letzte Meile eine absolut zentrale Rolle. Das Kaufverhalten der Konsumenten verändert sich: „Obwohl ihnen eine schnelle, bequeme und kostengünstige Lieferung weiterhin wichtig ist, legen sie auch zunehmend Wert auf nachhaltige Konzepte. Für Händler reicht es eben nicht mehr, nur zügig zu liefern – es kommt auch darauf an, dies mit geringerem Verkehrsaufkommen und weniger CO2-Emissionen zu schaffen", sagt Dr. Johannes Plehn, Gründer und Geschäftsführer von Seven Senders, einer Delivery-Plattform für Europa. Vielerorts wird an Drohnen oder Robotern getüftelt, die die Lieferungen automatisiert und ressourcenschonend übernehmen sollen. Zwar gibt es schon konkrete Vorstellungen und Ansätze wie den DHL Parcelcopter 4.0 oder den humanoiden Roboter „Digit“ des US-Unternehmens Agility Robotics, der im Januar auf der Consumer Electronics Show (CES) 2020 in Las Vegas vorgestellt wurde, doch befinden sich diese Ideen noch in ihren Test- beziehungsweise Entwicklungsphasen. Daher bleibt die Frage, wie kann man die letzte Meile bereits jetzt nachhaltig gestalten?
Ein Blick nach Schweden zeigt, wie das aussehen kann: Das Last-Mile-Logistik-Startup Budbee hat sich seit dem ersten Tag das Thema Umweltschutz auf die Fahne geschrieben und liefert alle Pakete klimakompensiert. In fünf Jahren möchte das Unternehmen seine gesamte Liefer-Flotte mit Elektroautos und Fahrrädern ausgestattet haben.
In eine ähnliche Kerbe schlägt Seven Senders und setzt europaweit auf Carrier, die ebenfalls mit Elektroautos, Lastenrädern und ähnlichen nachhaltigen Transportmitteln unterwegs sind. Wählen ihre Kunden diese Zulieferer oder Services, müssen sie für ihre Zusendung tiefer in die Tasche greifen? – Mit diesem Gerücht räumt Plehn auf: „Für viele ist daran überraschend, dass [nachhaltige Zustelloptionen] nicht – wie oft gedacht – automatisch die teurere Alternative sind."
Abholstationen: Zugang für alle
Neben entsprechenden Fahrzeugen sind Packstationen eine gute Alternative, um Bestellungen umweltschonender an den Kunden zu bringen. Klarer Vorteil: Der Zustellversuch ist immer erfolgreich und der Fahrer muss nicht mehrmals fahren und möglicherweise vergeblich klingeln. Eine Lösung sind die Paketkastenanlagen für Wohnquartiere oder Paketstationen wie von ParcelLock. Das Besondere: Alle Paketdienstleister können die Stationen nutzen, 365 Tage im Jahr, 24/7. In Hamburg wird zur Zeit die „Hamburg Box“ getestet: „Im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern können mit dem anbieteroffenen ParcelLock-System ausgestattete Anlagen von unterschiedlichsten Zustellpartnern genutzt werden und ermöglichen maximal konsolidierte Lieferungen in einem Paketliefermarkt, der von einem drastisch steigenden Online-Shopping getrieben wird“, erzählt Gunnar Anger, Geschäftsführer der ParcelLock GmbH. Um die Zustellungen effizienter und umweltschonender zu bündeln, werden die Stationen an zentralen ÖPNV-Übergabepunkten aufgestellt. Das Pilotprojekt wird zusammen mit der Deutschen Bahn und der Hamburger Hochbahn an 21 Standorten, an S- und U-Bahnhöfen in Hamburg und der Hamburger Metropolregion umgesetzt. Doch warum hat man sich gerade für Haltestellen und Bahnhöfe entschieden, statt beispielsweise für Supermarkt-Parkplätze, auf denen bereits häufiger Abholstationen eingerichtet sind? „Nachhaltige Mobilität, Handel und smarte City-Logistik finden an Bahnhöfen und U-Bahn-Haltestellen ihre natürliche Schnittmenge und ermöglichen dem Verbraucher maximal flexiblen Paketempfang auf seinem täglichen Weg und den Paketdienstleistern konsolidierte Zustellung, Zeitersparnis sowie Ressourcenschutz, Verkehrs- und Luftentlastung, die der gesamten Umwelt zugutekommen", erklärt Anger. Eine ähnliche offen nutzbare Station – gut und rund um die Uhr zugänglich – steht auch seit Januar 2020 auf dem Campus der TU Graz.
Die Schritte, die von Logistik-Seite immer häufiger auf der letzten Meile gemacht werden zeigen: Weltweit findet ein Umdenken statt, um dem Kunden eine möglichst reibungslose Costumer Journey zu ermöglichen und gleichzeitig verantwortungsbewusst fürs Klima zu agieren. Flexibilität, Effizienz und Ressourcenschonung werden unumgänglich sein.